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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Kopfrucken warf er ihr das
feuchte Tuch zu, das sie mit einer Hand auffing. Wieder ruckte der
Hüter mit dem Kopf und ließ sich in seine alte Lage
zurücksinken. Jetzt dachte er wieder an den Turm – mit
einer Inbrunst und Sehnsucht, die Dorthy nicht begriff.
    Ihr TALENT wurde jetzt rasch schwächer, da die Wirkung des
Antiblockers auf ihr Implantat fast völlig abgeklungen war. Bald
erfaßte sie nur noch schwach diese Sehnsucht, kaum mehr
wahrnehmbar, vermischt mit Kilczers stumpfsinnigen
Durchhaltegedanken, mit denen er seinen gequälten Körper
weiter an die Riemen zwang. Dorthy erbot sich, ihn eine Weile
abzulösen, aber sie war nicht groß genug, um die Ruder
richtig zu führen. Kilczer, der sich für einen Moment zu
ihren Füßen auf dem Deck ausgestreckt hatte, lächelte
über ihre Bemühungen. Hinter ihm, eng in den Bug
gepreßt, hockte der Hüter in wachsamer
Regungslosigkeit.
    Dorthy setzte sich zu Kilczer. »Tut mir leid.«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich schaffe das schon.« Kilczers
nackte Brust und die weißen, knochigen Schultern waren mit
einem leichten Schweißfilm bedeckt. Er rollte sich herum,
beugte sich über den Bootsrand und schöpfte Wasser zum
Mund, spritzte es sich ins Gesicht. Dann sah er zur Seite und fragte:
»Braucht unser Freund da noch einen Schluck?«
    »Das kann ich jetzt nicht mehr feststellen.«
    »Nun gut, das macht auch nichts.« Er stand auf und griff
wieder nach den Rudern.
    »Du solltest dich etwas ausruhen«, mahnte Dorthy.
    »Wir befinden uns mitten in der Strömung des
Seezuflusses. Siehst du, wie wir treiben?« Er beugte sich vor,
um die Binden an seinen Händen zu überprüfen und legte
auch das Stirnband wieder um. Dann begann er erneut in langsamen,
gleichmäßigen Schlägen zu rudern.
    Jeder Schlag brachte das Boot der breiten Flußmündung
ein Stück näher. Das Ufer war inzwischen so nahe gekommen,
daß Dorthy seine weißen Felserhebungen und die Bäume
erkennen konnte, die bis zum Wasserrand heranreichten. Das klare,
dunkle Wasser trübte sich allmählich, und wenig später
mußte Kilczer das Boot dicht am Ufer entlangsteuern, wo die
Strömung nicht so stark war. Das Wasser hatte jetzt die Farbe
von Milchtee, wie ihn die Bewohner von Australien tranken. Ein kalter
Wind wehte auf das Boot herunter. Hoch oben über der Baumgrenze
des Pinienwaldes reckte sich der nackte Kraterwall bis in die Wolken
hinauf. Die riesige Sonne färbte ihn fast violett.
    Immer häufiger legte Kilczer Pausen ein und fuhr sich
über die Augen. Einmal bekam er einen Hustenanfall, der
länger als eine Minute anhielt. Es war ein trockener,
würgender Husten. Aber Kilczer tat Dorthys besorgte Fragen mit
einer Handbewegung ab und ruderte weiter.
    In der Flußmitte – inzwischen glitten zu beiden Seiten
bewaldete Ufer vorbei – bildete die Strömung Wasserwirbel
und Stromschnellen. Das tiefhängende Geäst der Bäume
warf Schatten, aus denen unzählige Augen sie zu beobachten
schienen. Kilczers Ruderschläge kamen immer schwerfälliger.
Schließlich sagte er: »Ich denke, ich muß mich jetzt
ein wenig ausruhen.«
    »Vielleicht sollten wir hier das Boot zurücklassen. Das
schlimmste Stück Arbeit, die Seeüberquerung, haben wir doch
hinter uns. Übrigens war dein Vorschlag richtig.«
    Er zog die Ruder durch, setzte sie, zog sie wieder durch.
»Ich hatte eben Glück. Wir beide hatten Glück. Nein,
wir bleiben in diesem Boot, das wir uns so schwer erkämpft
haben. Draußen im Wald würde ich unserem Freund da keinen
Meter weit über den Weg trauen.«
    »Wir könnten ihn freilassen.«
    »Damit bin ich ganz und gar nicht einverstanden. Vielleicht
kannst du noch mehr aus ihm herausholen.«
    »Ich habe getan, was ich konnte. Da gibt es kaum noch was
herauszufinden.«
    Ziehen, setzen, ziehen. Kilczer hielt auf das felsige Ufer zu, an
dem dunkle Bäume über große Klippen hinausragten.
»Tief im Innern ist verborgenes Wissen vorhanden. Das hast du
selbst gesagt.«
    »Ich habe aber keinen Zugang dorthin. Du weißt,
daß ich nur lesen kann, was das Wesen denkt. Äquivalenz
gibt es eben nur auf elektrischer, nicht auf chemischer
Basis.«
    »Dieses Wissen wartet doch nur darauf, erschlossen zu werden,
richtig? Unser Freund ist erst ein paar Tage alt, zumindest in seiner
gegenwärtigen Form. Ein paar Tage weiter, und…« Er
pullte heftig mit dem Backbord-Ruder. Das Boot stieß hart gegen
etwas. Dorthy drehte sich um und sah, wie der Hüter sich duckte,
als die niedrigen Äste eines Nadelbaumes, der fast

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