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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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eine Sprache verfügt. Trotzdem erweckten die
Hüter, die dort am Fluß gemeinsam die Boote bauten, in mir
den Eindruck, als seien sie alle Teile einer einzigen
Einheit.«
    »Technologisch aufbereitetes Speicherwissen. Sie könnten
also später eine Sprache entwickeln?«
    »Wenn man ihnen die richtige Stimulans gibt.«
    »Die ausgegrabenen Schriftzeichen im Außenposten
beispielsweise?«
    »Möglich.« Dorthy fühlte eine Reihe von
Spekulationen wie wirbelnde Eisschollen durch seinen Kopf wandern,
beinahe angenehm familiär und vertraut nach den schattenhaften
Gedankenfragmenten im Bewußtsein des Hüters. Sie
wußte schon, was jetzt kommen würde.
    »Ich frage mich allmählich, ob unsere Anwesenheit der
Anlaß für all diese Veränderungen ist«, meinte
Kilczer. »Andrews erzählte mir, die Analysen von
eingefangenen Neutrinos hätten gezeigt, daß es seit
Tausenden von Jahren bei der Burg keinerlei energetische
Aktivität mehr gegeben habe. Aber kaum tauchen wir hier auf,
springt die Burg selbsttätig an, und statt zu weiteren
gehirnlosen Hütern entwickelt sich der Nachwuchs zu einer neuen
Art von Männlichen, die unter dem Zwang stehen, zur Burg zu
wandern. Vielleicht rufen sie so den FEIND. Was meinst du? In diesem
Fall…«
    »…müssen wir vor ihnen bei der Burg sein und
Andrews warnen«, ergänzte Dorthy den Satz.
    Neugierig, wie er war, störte Kilczer diese Demonstration
ihrer Fähigkeiten nicht im geringsten. Zudem war er kein
sonderlich verschlossener Mensch. »Genau das. Und je mehr du aus
unserem Freund hier herausholst, desto besser ist es für
uns.«
    »Ich werde es versuchen. Rudere du weiter und schalte dabei
möglichst deinen Verstand ab, damit deine Gedanken mich nicht
stören.«
    Er tat sein Bestes.
    Dorthy tastete die einzelnen Bewußtseinsschichten des
Hüters ab, ließ sie sich in dem richtungslosen Raum ihrer
stillen Mitte widerspiegeln, erfuhr aber nicht viel mehr über
das weitere Vorhaben des Wesens. Die rätselhaften Wissensfelder
waren wie Schatten in der Tiefe des Meeres, deren Grenzen sich nicht
bestimmen ließen. Klar und deutlich zeigten sich nur die
isolierten Höhepunkte in der kurzen Existenz des Hüters:
das Trauma seiner Geburt (oder, um genau zu sein, seiner
Wiedergeburt) aus dem Kokon, der schmerzliche Kampf hinaus ans Licht,
Erinnerungsfetzen an einsame Jagden, die in den Beinmuskeln
lebendiger zu sein schienen als im Kopf, und die Arbeit am
Fluß, die drängende und trotzdem irgendwie friedliche und
zufriedene Kooperation, das wonnige Gefühl der
Zugehörigkeit. Und stärker als alles andere – wie eine
Zunge, die immer wieder über die Kante eines abgebrochenen
Zahnes fährt – dieses Zeichen, das sein ganzes Sein
erfaßt hatte und all sein Tun und Handeln prägte: die
Vision der Burg, die sich aus ihrem schwarzen See erhob. Wie konnte
der Hüter davon wissen?
    Dorthy sann über diese wenigen Einblicke in das ansonsten
undefinierbare Bewußtseinsmuster nach. Die Sonne wärmte
Kopf und Schultern. Kilczer mühte sich derweil mit den Rudern
ab.
    Dorthys TALENT wurde allmählich schwächer. Mit seinem
letzten Aufblitzen erfaßte sie das brennende Durstgefühl
des Hüters, das deutlich auf der Oberfläche seiner Furcht
schwamm wie Öl auf Wasser. Sie nahm das Oberteil von Kilczers
Overall, hielt es über den Bootsrand, bis es sich voll Wasser
gesaugt hatte, und warf dem Hüter das nasse Stoffbündel vor
die Füße.
    Das Wesen beobachtete sie mißtrauisch und nervös.
Schließlich stemmte es die Füße gegen die rauhen
Seitenwände des Bootes, wobei es mit den Klauen grüne
Holzspäne abspleißte, schob die Schultern gegen den Bug
und richtete den Oberkörper in einem fast unmöglichen
Winkel auf. Dann zog es die Füße unter den Leib und
bewegte die schwachen, verkümmerten Arme, die zu kurz waren, um
das Maul zu erreichen, unruhig vor der muskulösen, mit dichtem
Pelz bewachsenen Brust auf und ab. Plötzlich schob es den Kopf
vor und zerrte das Tuch in sein Maul.
    Dorthy wurde einen Moment durch Kilczers wieder aufflammende
Gedanken abgelenkt (obwohl sich der Schlagtakt der ständig
knarrenden Ruder nicht veränderte). Der Hüter saugte an dem
Tuch und beobachtete sie dabei mit halbgeschlossenen Lidern.
    »Sieh nach, ob er hungrig ist«, schlug Kilczer vor.
    »Er ist nicht hungrig«, meinte Dorthy, warf dem Wesen
aber trotzdem ein Stück Dörrfleisch zu. Der Hüter
betrachtete es, das Tuch noch immer im Mund, und sah dann wieder zu
Dorthy hinüber. Mit einem leichten

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