Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne
hunderttausend potentielle Hausmeister.«
»Oder FEINDE!«
»Möglich. Aber nicht alle Critter überleben die
Umwandlung oder den nachfolgenden Treck hier herauf.« Das
Gespräch schien Andrews zu animieren. Er zupfte angeregt an
seinen Locken, die allmählich aus seinem militärischen
Kurzhaarschnitt herauswuchsen. »Die Umwandlung an sich ist schon
eine unglaubliche Sache. Sie dauert kaum zehn Tage. Sie spinnen ihren
Kokon und verflüssigen sich dann sozusagen darin. In dieser
Suppe schwimmen Zellhaufen, deren Wachstum noch nicht ganz beendet
ist, und die bilden den neuen Körper. Verdammt schnell –
fast wie ein Hochgeschwindigkeits-Tumor. Aber viele überleben
den Vorgang nicht, vermutlich infolge dieser forcierten Umwandlung.
Nehmen wir nun mal an, fünfundzwanzigtausend Hausmeister
würden den Treck hierher überstehen.« Er hob seine
große Hand. »Und nehmen wir außerdem an, sie sind
wirklich der FEIND – was ich natürlich ganz entschieden
verneine…« – er lächelte leicht
–,»… aber wir gehen einfach mal davon aus, sie sind
es. Das wäre weiter kein Problem. Sollten sie feindliche
Aktivitäten entwickeln, hätten wir eine
Bombe…«
»Ich weiß davon. Angel Sutter hat es mir schon
erzählt.«
»Das ist zwar etwas primitiv, finden Sie nicht? Aber trotzdem
sehr effektiv. Sie sehen, es macht keinen Unterschied, ob die
Hausmeister selbst der FEIND sind oder eigens dazu geschaffen wurden,
für den FEIND alles vorzubereiten. Sollte sie Feindseligkeiten
initiieren… ist das nicht ein schöner Ausdruck? Genau die
Art, wie unsere Vorturner oben im Orbit reden. Also – die
Initiierung von Feindseligkeiten wird die Bombe auslösen, und
ihre Strahlungshitze wird alles in der Kaldera verglühen lassen.
Pech für uns – aber wir sind eben Freiwillige. Doch bis
dieser Fall auch nur ansatzweise eintreten könnte, sind Sie
längst weg.«
»Und all die anderen Gehege und Außenposten? Was
geschieht mit denen?«
»Unsere diesbezüglichen Informationen beziehen wir
natürlich nur von den Satellitenbildern. Aber wie es scheint,
wandern die Herden alle aus den Plains ab. Die verschiedenen
Sammelzentren – ähnlich unserer Burg hier – haben auf
Bereitschaft geschaltet – alles ist exakt so wie hier. Ich
gäbe was drum zu wissen, wie all diese Aktivitäten
koordiniert werden.«
»Wenn alle gleichzeitig loslegen, müßt ihr nicht
nur mit kleineren, örtlich begrenzten Problemen fertig
werden.«
»Ach, machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Die Navy hat
alles im Griff.«
Dorthy erinnerte sich wieder an den Hauch von Furcht, den sie in
Colonel Chungs Bewußtsein erfaßt hatte. Diesmal
spürte sie nicht Furcht, sondern ein Unbehagen hinter Andrews
Lächeln, das sie nicht recht deuten konnte.
»Hören Sie, Dorthy, wir müssen uns nochmals
eingehender unterhalten.« Seine Miene wurde ernst. »Ich
möchte, daß Sie mir jede Einzelheit Ihrer Erlebnisse
erzählen – auch über Arcady und die armen
Zwillinge.«
»Arcady hat Marta Ade begraben. Von ihrem Partner…«
Sie kam nicht sofort auf seinen Namen und pflückte ihn daher
einfach aus Andrews’ Gedächtnis. »… Jon Chavez
war nicht die geringste Spur zu finden.«
»Wir werden die Leichen abholen. Ich möchte sie nicht
einfach dort draußen liegen lassen. Wir beide unterhalten uns
noch einmal etwas intensiver, wenn Sie wieder völlig auf dem
Damm sind. Die Zeit dafür werde ich mir nehmen. Inzwischen
sollten Sie vielleicht einen offiziellen Bericht abfassen, Dorthy.
Das muß nun mal sein. Tut mir leid.«
Seine Fürsorglichkeit war wohltuend. Dorthy spürte trotz
seiner Skepsis an ihrer These, die Hüter seien der FEIND, die
Sympathie, vielleicht sogar etwas Zuneigung, die er für sie
hegte. Sie erkannte zum Teil aus reiner Intuition, zum Teil auch
aufgrund eines möglicherweise unkontrollierten Aufblitzen ihres
TALENTS, daß er nicht so hart und unbarmherzig war, wie er sich
meist gab. Ein Hauch von Sentimentalität verwässerte leicht
sein ambitioniertes Auftreten. Er war in Wirklichkeit ein hilfloser
Träumer. Deshalb engagierte er sich so sehr, deshalb war er
selbst hier unten vor Ort, obwohl er ebenso gut die ganze Aktion vom
Orbital-Kommando aus hätte steuern können, aus sicherer
Entfernung hoch über der Atmosphäre. Seine
Unfähigkeit, Verantwortung zu delegieren, entsprang nicht so
sehr kalter Selbstgefälligkeit, wie Dorthy zuerst geglaubt
hatte. Sicher war auch er in seiner Jugend mit all den Idealen
gefüttert worden, auf die man bei den
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