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Alien 4: Die Herren der Erde

Alien 4: Die Herren der Erde

Titel: Alien 4: Die Herren der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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und sah ihm an, daß er momentan all
seinen Mut zusammennahm, um mich um diesen einen unvermeidlichen
Gefallen zu bitten. Aber ich half ihm nicht, sondern reichte ihm nur
sein Glas und setzte mich wieder in den Sessel ihm
gegenüber.
    »Danke. Ich habe kaum eine Möglichkeit, an einen
ausreichenden Vorrat von diesem Stoff heranzukommen.«
    »Ich auch nicht – in diesen Zeiten.«
    Er lächelte gezwungen und gab sich einen Ruck.
»Hören Sie, vermutlich denken Sie nicht im Traum
daran… Ich meine, Sie würden nicht…« Seine Worte
kamen so zögernd wie die Pfote eines Waldhörnchens, das
nach dem Brotstück auf der Handfläche eines Menschen
greift. Ich mußte unwillkürlich lachen. »Tut mir
leid, aber Sie haben recht. Ich denke nicht daran, meinen Ruhestand
auch nur für einen einzigen Auftritt zu unterbrechen.«
    Dubois betrachtete den Steinway-Flügel am anderen Ende des
rustikalen Wohnzimmers mit den Balken an Decke und Wänden.
Wieder strich er sich dabei nachdenklich über den Schnurrbart.
»Himmel – es wäre wirklich schade. Die Zeiten, in
denen Sie noch Konzerte gegeben haben, waren für
mich…«
    Ich zupfte an meinen steifen arthritischen Fingern. Sie waren lang
wie die eines Würgers: Früher hatte ich damit zweieinhalb
Oktaven greifen können. Jetzt waren sie gerade noch so gelenkig
wie ein paar verdorrte Äste. »Die Zeiten sind
endgültig vorbei. Ich kenne meine Möglichkeiten und
Grenzen. Tut mir leid.«
    Er hob bedauernd die Schultern und meinte, es sei immerhin einen
Versuch wert gewesen. Danach erzählte er mir von dem Orchester,
das er von Boston herüberzuholen versuchte. »Sie glauben
wohl, in diesem Land gäbe es nur Banditen und
Schießereien, wissen überhaupt nicht, wie ruhig es hier
unten im Süden ist. Vielleicht, wenn Sie ihnen schreiben
würden…«
    Jetzt wurde mir sein eigentliches Anliegen klar, und ich lachte.
Mein großer Fehler ist, daß ich schon immer andere Leute
unterschätzt habe. »In Ordnung. Ich kenne den Dirigenten
ziemlich gut. Sie wissen, daß ich mal eine Saison dort als
Solist gespielt habe?«
    Dubois nickte eifrig. »’89. Ich habe noch ein Band von
Ihnen mit Chopins Polonaisen. Ihre Variationen waren wirklich…
magisch.«
    »Sie führen doch nicht noch etwas im Schilde, Captain
Dubois?«
    »Genau das ist das Kreuz mit euch hier drüben. Ihr
Briten sprecht nie aus, was ihr denkt.«
    »Das ist eben ein Teil unseres Charmes. Denken Sie nur mal
daran, was geschah, als die letzte britische Regierung all ihre
Wahlversprechen erfüllte.«
    »Kommen Sie – wir konnten das doch nicht zulassen. Ohne
unsere hiesigen Stützpunkte wären die Russen in zwei Wochen
hier gewesen. Wir mußten rüberkommen – zu eurem
Besten.«
    Ich wollte ihm schon antworten, daß wir durchaus in der Lage
seien, selbst Entscheidungen zu treffen, aber diese Worte waren schon
zu oft gesagt worden. Außerdem hatte ich mal wieder die
Vereinbarung gebrochen, die wir beide getroffen hatten: nicht
über Politik zu diskutieren. Trotz seines lässigen
Auftretens war Dubois viel zu sehr der Position des Establishments
verhaftet, um neutral argumentieren zu können. Schließlich
war dies ja auch der Grund gewesen, weshalb man ihm den Posten als
Verbindungsoffizier für Kulturfragen übertragen hatte. Und
ich – ich muß zugeben, daß ich damals sehr zum
Zynismus neigte, weder der einen noch der anderen Seite traute und
nicht wahrhaben wollte, daß auf dem hohen Roß zu sitzen
ein Luxus war, den ich mir kaum leisten konnte. Also wechselte ich,
das Vorrecht eines alten Mannes nutzend, rasch das Thema, und wir
unterhielten uns eine Stunde lang über Musik, bis der Strom
abgeschaltet wurde und die Lampen erloschen.
    Dubois warf einen Blick auf seine schrecklich kompliziert
aussehende Uhr. »Schlag acht, auf die Sekunde. Ich hasse es, Sie
jetzt verlassen zu müssen. Aber selbst ich bin vom Ausgehverbot
nicht ausgenommen.«
    Ich begleitete ihn zur Tür. Es war eine klare, kalte Nacht,
der Mond stand als schmale Sichel über Cadbury Castle. Die
Sterne am Himmel leuchteten hell.
    »Geben Sie auf sich acht«, sagte ich und meinte es auch
so. Gelegentlich kamen Banditen und marodierende Rebellen über
die walisische Grenze herüber. Die Gegend war nicht ganz so
friedlich, wie Dubois es dem Bostoner Symphonie-Orchester glauben
machen wollte.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, antwortete Dubois,
startete sein Motorrad und fuhr davon.
    Ich kehrte ins Haus zurück. David rumorte in der Küche
herum. Er hatte eine

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