Alien Earth - Phase 1
gleich den Umständen entsprechend schlecht. Sehr schlecht.« Ekins Finger am Abzug juckte. Sie zog ihn ein Stück zurück, bevor der Muskel zucken konnte, einen spontanen Impuls umsetzte und abdrückte, schneller, als sie es hätte verhindern können. Es war ein Nebeneffekt der Neurobeschleunigung, Muskeln eilten den Befehlen des Gehirns zuweilen voraus. »Raus damit!«, fuhr sie fort. »Was soll dieses absurde Versteckspiel? Wozu lässt du mich wochenlang durch das ganze Land hecheln, um dein bescheuertes Bilderbuch zusammenzusuchen? Was bugsierst du mich hierher - ausgerechnet an einen Bahnhof? Wieso verschwindest du nicht endlich aus meinem Leben und lässt mich einfach in Ruhe?«
»Das sind viele Fragen auf einmal. Ich fange mit der letzten an: Bist du dir sicher, dass du das willst? Ich bezweifle es. Nehmen wir an, du lieferst mich dem Korps aus - was dann? Sie werden darüber hinwegsehen, dass du zu mir gerannt bist. Vielleicht geben sie dir sogar einen Orden und eine Prämie, und dann bist du wieder zurück in deinem Hunter-Dasein. Im Wissen, dass das Korps dich betrogen hat. Es hat dich benutzt, es hat dich belogen, es hat dich im Dunkeln gelassen. Das Korps verdient dich nicht.«
»Rede nicht so über das Korps!«
»Ekin.« Paul stand auf, streckte eine Hand nach ihr aus. Sie wich zurück, den Lauf ihrer G5 weiter auf ihn gerichtet. »Ekin, du klingst wie deine Freundin Trixie.«
»Lass Trixie aus der Sache heraus!« Ekin versuchte, nicht auf die Datenwand zu sehen.
»Das tue ich. Ich will nur sagen, dass du anders bist als sie. Du hast einen eigenen Kopf. Das kann ganz schön wehtun. Und dabei habe ich dir über die Jahre genug wehgetan. Das tut mir leid, ich wollte dir nicht wehtun. Es ging nicht anders. Du hast meine Botschaft bekommen, du weißt warum. Ich hatte keine Wahl. Er brauchte Abstand, ich wollte Nähe. Beides ging nicht.«
»Wieso hast du dich nicht gestellt, als du gemerkt hast, dass sich ein Alien in dir manifestiert? Gottverdammt, du bist ein Hunter!«
»Ich war es. Darin sind wir uns doch einig, trotz dieses Kostüms …«, er klopfte gegen den Brustpanzer. »Und was Pasong angeht: Ich habe lange Zeit gebraucht, bis ich bemerkt habe, was mit mir los ist. Diese Dinge sind nicht so einfach, wie du sie dir vorstellst.«
»Das ist keine Entschuldigung. Gleich beim ersten Verdacht hättest du …«
»Hätte ich mich melden müssen. Ja, sicher. Aber, abgesehen davon, dass Pasong es sicher nicht zugelassen hätte, was wäre geschehen? Man hätte mir den Alien ausgetrieben, und das Korps hätte mir eine Abfindung gezahlt und mich vor die Tür
gesetzt. Unter lebenslanger Observation. Was hätte die Menschheit dadurch gewonnen? Nichts. Wieder einen Alien abgewehrt, na und? Ich wollte uns voranbringen, einen Alien einfangen.«
» Du willst ihn eingefangen haben? Das ist Irrsinn! Er beherrscht dich. Du hast seit Jahren getan, was er dir aufgetragen hat!«
»Das und anderes. Ich habe ihn beobachtet, von ihm gelernt. Über Jahre hinweg.«
»Und er hat sich in deinem Kopf eingenistet. Jahrelang. Denk nur, was er alles von dir erfahren hat!«
Paul grinste. »Was wohl? Alles über mich, ja, aber ich bin nur ein gewöhnlicher Mensch. Und was alles Weitere angeht: Ich bin nur ein einfacher Hunter. Ich denke, du hast inzwischen selbst festgestellt, wie wenig das bedeutet.«
»Trotzdem! Du hast einen Eid geschworen. Es wäre deine Pflicht gewesen …«
»Ich habe meine Pflicht erfüllt, mehr nicht.«
»Du … du … das sieht dir ähnlich!« Gut, dass sie den Finger zurückgezogen hatte. Er zuckte, hätte den Abzug betätigt. »Der großartige Paul, der die Menschheit im Alleingang vor den Aliens rettet - so hast du es dir doch gedacht, nicht? Kennt dein verdammtes Ego keine Grenzen?«
Paul zuckte die Achseln. »Ich wüsste nicht, wozu Grenzen gut sein sollten. Und hast du dir schon einmal überlegt, dass man vielleicht ein großes Ego braucht, um das durchzustehen, was ich durchgestanden habe?«
»Oh, natürlich, du Märtyrer! Was hast du nicht gelitten, du Armer! Und wozu? Um dich aufzuspielen, wie immer! Um dir selbst das Gefühl zu geben, jemand ganz Besonderes zu sein! Um die ganze Welt nach deiner Pfeife tanzen zu lassen - eine Welt, die dich einen feuchten Dreck schert!«
Paul schüttelte den Kopf, der Lauf des G5 folgte seiner Bewegung mühelos. Er würde es auch tun, wenn er versuchte, ihn zur Seite zu schlagen. Ekin war hundertmal schneller als Paul. Das Gefühl der
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