Alien Earth - Phase 1
sie würde ihren Namen gar nicht sagen, sondern sich »Gebieterin« nennen und Ekin herumkommandieren, wie es ihr einfiel, und hinterher ohne ein weiteres Wort verschwinden. Oder sie würde mit Ekin einfach spazieren gehen und mit ihr den ganzen Tag Händchen halten, und nachts würden sie sich unschuldig wie beste Freundinnen aneinanderkuscheln.
Alles gehabt, seit Ekin und Trixie ineinandergerannt waren. Es war im vierten Stock des KaDeWe-Museums geschehen, an einem von Ekins endlos langen Nachmittagen nach einem Außeneinsatz, wenn das Adrenalin noch für Stunden in ihren Adern brannte und die Unruhe sie endlos auf den Beinen hielt.
Ekin hatte die Haushaltswarenabteilung durchstreift - ein guter, vielleicht sogar der beste Ort, um nach einem Zugriff herunterzukommen, wie sie im Lauf der Jahre herausgefunden hatte. Das war das stolze Eintrittsgeld, welches das Museum verlangte, mehr als wert. Zwischen Handmixern, Kartoffelschälern
und Servierpfannen im Design der frühen 10er-Jahre hatte das Bild des Aliens im ewigen Fadenkreuz ihres Visiers schlechte Aussichten. In Gedanken versunken, war Ekin durch die Abteilung spaziert - und mit Trixie zusammengestoßen. Im Fallen hatte Ekin ein halbes Regal Porzellan abgeräumt.
Trixie war einfach großartig gewesen. Sie hatte sichergestellt, dass Ekin nichts geschehen war, hatte dann das aufgeregte Personal beruhigt, um schließlich zu verkünden, dass selbstverständlich ihre Versicherung den Schaden übernehmen werde. Auf den Schreck hin hatten die beiden beschlossen, einen Schluck zu trinken. Aus einem waren viele geworden, aus dem Nachmittag ein Abend und schließlich eine Nacht.
Ekin hatte Trixie rasch mögen gelernt. Vielleicht sogar mehr als das. Trixie war für sie in einer Weise da, in der Paul für sie hätte da sein sollen: bedingungslos. Und das war nur der Anfang. Trixie war gut im Bett - überaus gut sogar -, sie konnte zuhören, wusste immer Rat, als wäre sie eine große Schwester. Bei Trixie konnte Ekin sich ausheulen, einfach so, stundenlang, wie bei einer Mutter. Und mit Trixie konnte man Spaß haben, mehr als Ekin je gekannt hatte, selbst in der Zeit, bevor die Aliens gekommen waren - und bevor sie sich unversehens auf der anderen Seite des Grabens wiedergefunden hatte. Ihre Eltern und Geschwister waren damals über Nacht zu strammen Alienisten mutiert, mit großen Herzen, einem tiefen, unbegründeten Glauben an das Gute im Universum und frei von Hirn. Eine Verwandlung, die Ekin, die zu fantasielos war, um sich irgendeinen Erlöser vorzustellen, sei es in Menschen-, Alien- oder göttlicher Gestalt, schlimmer erschüttert hatte als das Erscheinen des Alienschiffs.
Ekin und Trixie hatten sich wieder getroffen. In Berlin, in Köln, in München, in Krefeld, in Pforzheim und Was-wusste-Ekin-wo. Die Orte waren austauschbar, ebenso wie die Außeneinsätze. Während der Anfahrt konzentrierte sich Ekin auf den bevorstehenden Zugriff, sah die Akte des Aliens durch,
machte sich mit den Umständen vor Ort vertraut, koordinierte sich mit den übrigen, an dem Zugriff teilnehmenden Huntern. Die physische Umgebung verlor sich aus Ekins Wahrnehmung. Sie war wie eine Kulisse, austauschbar, irreal. Real waren das Korps, die Aliens, der bevorstehende Zugriff. War dieser erfolgt, galt es, möglichst schnell herunterzukommen, ein Auge auf mögliche Alienisten zu haben und sich mental auf den nächsten Zugriff vorzubereiten. Es gab keinen Augenblick, um innezuhalten, kein Zuhause, in das man sich verkriechen konnte, keine Freundschaften und Beziehungen, die das Tempo mitgehalten hätten. Eigentlich.
Trixie hielt mit. Hob Ekin nachmittags in Stuttgart ein Alien-Nest aus, war Trixie am Abend zur Stelle. Verschlug es Ekin in die hinterste Ecke der Sächsischen Schweiz, hatte sie gute Aussichten, dass Trixie sie in der Kneipe zwei Dörfer weiter erwartete und schon für sie mitbestellt hatte.
Zu zuverlässig, um ein Zufall zu sein. Ekin hatte sich schnell an das neue Gefühl gewöhnt, eine Gefährtin zu haben. Vielleicht sogar mehr, als gut für sie war. Aber nicht so sehr, dass ihr Verstand ausgesetzt hätte. War es möglich, dass Trixie ebenfalls …?, hatte sie sich gefragt. Ekin hatte den Gedanken weggeschoben. Hatte es wenigstens versucht. Es war ihr nicht gelungen. Ekin war Ekin. Sie nahm die Dinge ernst. Sie glaubte an Regeln, insbesondere die Regeln des Korps. Die Umstände diktierten sie. Hunter arbeiteten im Verborgenen, so besagten die Regeln, sie pflegten geheime
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