Alien Earth - Phase 1
drang aus der Tür. Das war die Erklärung. Paul musste eine neue, heiß ersehnte Lieferung erhalten haben. Ekin stellte sich vor, wie Paul sich über ein Paket mit Taschenwelten beugte, mit dem Finger die Naht der Schutzfolie entlangfuhr, bis er eine Stelle fand, die weit genug herausstand, um ihm einen Angriffspunkt zu bieten. Paul weigerte sich, seine Pakete mit Messer oder Schere zu öffnen. Viel zu gefährlich, sagte er. Was, wenn er zu tief schnitt? Das Schicksal von Welten stand auf dem Spiel! Außerdem hätte es den Spaß genommen. Mit den Fingern dauerte es länger - viel länger -, und das war gut so. Es erlaubte ihm, die Vorfreude bis zum Limit auszukosten.
Ekin nahm die letzten Stufen. Das Begutachten einer neuen Lieferung war so etwas wie ein heiliger Moment für Paul. Ein heiliger Moment im Leben eines Mannes, der die übrige Zeit
damit verbrachte, Spott und Häme über alles zu gießen, was dem Rest der Menschheit heilig war. Und Ekin würde …
Ekin hielt an. Nein, sie brachte es nicht fertig, Paul zu verpfeifen. Und wenn es tausendmal ihre Pflicht war. Nein! Wenigstens nicht, ohne dass sie ihm noch eine Chance gegeben hätte. Sie würde ihn zur Rede stellen, und bestimmt würde er verstehen, was auf dem Spiel stand, wenn sie es ihm nur klar genug machte. Und bestimmt war alles halb so schlimm, wie sie es sich ausmalte. Er würde eine gute Erklärung haben, vielleicht rang er sich sogar durch, selbst Meldung beim Korps zu erstatten. Paul war ein verdienter Hunter, und das Korps würde bestimmt …
Ekin trat durch die Tür.
»Paul, ich …«
Weiter kam sie nicht.
Paul war nicht da. Vier Männer standen im Büro. Sie trugen Blaumänner, auf dem Rücken und der Brust Schriftzüge: »Transit Umzüge«. Die Schubladen von Pauls Schreibtisch standen offen, ihr Inhalt war über die Tischplatte und den Boden verstreut. Einer der Männer begutachtete ihn nach vorne gebeugt, die übrigen drei waren damit beschäftigt, sich durch Pauls Berge von Taschenwelten, Modelleisenbahnen und Alien-Plunder zu wühlen.
»Was … was tun Sie da?«
Ekin war alleine, ihr G5 ruhte, in seine Komponenten zerlegt, in dem Transportkoffer, den sie in der linken Hand trug. Die Männer waren zu viert. Nicht die cleverste Idee, auf diese Weise Einbrecher zu konfrontieren. Nur: Es waren keine Einbrecher. Auch keine Möbelpacker, wie ihre Kleidung vorgab. Sie waren …
Einer der Männer drückte die Tür hinter Ekin ins Schloss. Der Mann am Schreibtisch legte den Schlüsselanhänger, den er gerade untersucht hatte, auf der Schreibtischplatte ab - eine vielbusige, vielarmige und vielköpfige Alien-Fruchtbarkeitsgöttin, die stöhnte, wenn man sie drückte. Dann langte er in die Tasche und ließ sein Korps-Abzeichen aufblitzen.
»Internes Ermittlungskommando«, sagte er und steckte das Abzeichen wieder weg. »Wo haben Sie gesteckt, Hunter? Sie sind seit 20:36 gestern Abend weder erreich- noch lokalisierbar gewesen.«
»Ich … ich …«, setzte Ekin an und brach wieder ab, als sie an ihre Nacht mit Trixie dachte. Gegen die Regeln.
»Schon gut, verschlucken Sie nicht Ihre Zunge. Wo Sie gesteckt haben, können wir später klären. Es ist im Augenblick nicht weiter wichtig.« Der Mann hatte große Hände wie ein echter Möbelpacker. Mit der Rechten bedeutete er Ekin, sich auf den Stuhl an ihrem Ende der Kanzlei zu setzen. Einen Augenblick später fand sie sich auf dem Polster wieder - die brave Ekin, die immer tat, was man ihr befahl. Die Erkenntnis und die hilflose Wut, die sie begleitete, kamen zu spät. Ekin war auf dem Stuhl gefangen. Der Mann beugte sich über sie, stützte sich mit beiden Armen auf die Lehne.
»Wo steckt Ihr Partner?«, fragte er.
»Was geht Sie das an?«, schnappte sie, angefeuert von der Wut auf sich selbst.
»Wo steckt Ihr Partner? Antworten Sie, Hunter!«
»Was fällt Ihnen …« Ekin brachte den Satz nicht zu Ende. Der Mann hatte eine Möbelpackerhand erhoben. »Was weiß ich? Zu Hause im Bett. Paul kommt immer spät in die Kanzlei.«
»Er ist nicht zu Hause«, stellte der Mann fest.
»Dann …«, Ekin schnappte nach Luft, »… keine Ahnung. Nicht die geringste Ahnung. Wahrscheinlich in irgendeinem Puff!«
Die Möbelpackerhand, die drohend über Ekin hing, zuckte. Ekin rollte sich schutzsuchend zusammen, beugte den Kopf nach vorne. Der Schlag blieb aus. Der Mann senkte die Hand, richtete sich auf. »Nicht die geringste Ahnung?« Er dachte nach. »Ja, nicht die geringste Ahnung. Ich glaube
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