Alien Earth - Phase 2
einmal dieses Mädchen sein. Er war ein winziges Rädchen in der Maschinerie der Vereinigten Staaten von Amerika und Arabien, genauso
wie die übrigen Häftlinge, wie Reeve, Pinero und die Smarties. Trat ein Rädchen in unerwünschte Tätigkeit, entledigte man sich seiner. Und hier unten, in der Tiefsee, trennte einen Menschen immer nur ein schmaler Streifen Stahl, Glas oder Plastik vom Tod. Es gab keinen Ort, an dem er sich hätte verstecken können.
Nein, wollte Melvin überleben, musste er dem Beispiel der Smarties folgen: sich dem System beugen, sein Innenleben für sich behalten und abwarten. Auf diese Weise hatte er die Intelligenz der Smarties entdeckt, vielleicht würde sich alles Weitere auch auf diese Weise ergeben.
Melvin erfüllte seine Quote und schwieg. Auch gegenüber Eric Pinero, mit dem er trank und endlos über Recht und Unrecht der Welt philosophierte, ohne je die Smarties oder das merkwürdige, leuchtende Kreuz zu erwähnen. Es waren müßige Gespräche, die niemals zu etwas Handfestem führten, aber sie stärkten Melvin, halfen ihm in der Tiefsee zu bestehen. So wie es bald die Stunden taten, die er draußen auf den Hydratfeldern verbrachte. Äußerlich hatte sich nichts geändert, aber sein Inneres war umgekrempelt. Er genoss die Zeit mit den Smarties, genoss das Gefühl, Teil ihrer verschworenen Gemeinschaft zu sein, zusammen mit ihnen ein Geheimnis zu besitzen. Etwas, was er Homeworld Security voraushatte. Es war kein gutes Leben, aber Melvin hatte es schon viel schlechter gehabt. Er konnte es aushalten. Er konnte abwarten, bis er endlich verstand und es Zeit war, den letzten Teil seines Auftrags auszuführen: Handle!
Und dann kam der Augenblick, der alles änderte.
Es war leise. Ein Geräusch aus der Ferne, als hätte jemand eine Zeitung mit beiden Händen zerknüllt. Nur dass es mit unerhörter Kraft geschehen war, als wäre Blech bei einem Autounfall wie Papier gefaltet worden.
Melvin hatte dieses Geräusch noch nie gehört. Er wusste nicht, was es bedeutete, nur, dass es ihn erschreckte.
Sein Helmlautsprecher knackte. »Es besteht kein Grund zur Beunruhigung«, sagte Reeve. »Blodgets Anzug hatte einen
Defekt. Er hat nichts gespürt. Ein Nachfolger ist bereits angefordert. Arbeitet weiter!«
Defekt … Melvin wusste jetzt, was das Geräusch bedeutete: Blodgets Anzug hatte nachgegeben. Das Wasser hatte Blodgets Anzug zusammengefaltet - und ihn selbst. Dasselbe Wasser, das ihn selbst, Melvin, einschloss, unendlich hoch und schwer auf ihm lastete. Melvin wurde übel. Er taumelte. Er machte eine Armbewegung, um die Drehung zu stoppen. Vergeblich. Er wurde schneller. Er drehte sich und würgte und er …
Starke, große Hände griffen nach ihm, hielten ihn fest. Sechs von ihnen. Sie gehörten 59b. Der Smartie fixierte ihn mit seinen großen Augen und führte einen Finger vor den Mund, um ihm zu bedeuten zu schweigen. Dann gestikulierte er mit dem freien Armpaar: »Du musst fliehen, sonst endest du wie er. Sie kennt kein Erbarmen!«
Sehr geehrte Madame Ortega,
ich nehme an, Sie wundern sich über mein Schreiben. Es ist ungewöhnlich für einen Mann meines Standes, einer Person wie Ihnen zu schreiben. Wir gehören unterschiedlichen Welten an. Ich bin Captain der Handelsmarine, Ihr Mann war ein einfacher Matrose.
Ich schreibe Ihnen dennoch. Denn uns verbindet mehr als uns trennt: Wir sind Menschen. Und als Mensch schreibe ich Ihnen heute.
Sie dürften in der Zwischenzeit offizielle Mitteilung über das Ableben Ihres Mannes erhalten haben. Ich bitte Sie: Glauben Sie ihr nicht. Ich bin ein Mann, der sein Leben der Handelsmarine gewidmet hat. Meine Treue zur Handelsmarine, zu unserer großen Nation ist unerschütterlich. Aber auch unsere Nation kann Fehler begehen. In diesem Fall hat sie es getan.
Beinahe zwanzig Jahre fuhr Ihr Mann auf meinem Schiff. Er hatte es nicht immer leicht. Er war ein nachdenklicher Mann. Er liebte die Stille und verabscheute den Alkohol, dem die meisten Matrosen sich haltlos hingeben. Aber Ihr Mann, Madame Ortega, war fleißig und gewissenhaft, und ich habe ihn mehr geschätzt als jeden anderen meiner Männer. Einmal hat er mir ein Bild von Ihnen und Ihren bezaubernden Kindern gezeigt. Ich werde das Glück in seinen Augen nicht mehr vergessen, so lange ich lebe.
Doch Ihr Mann ist nicht mehr. Er ist einem Irrtum zum Opfer gefallen, obwohl ich alles, was in meiner Macht stand, getan habe, es zu verhindern. Am Ende musste ich mich einer höheren
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