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Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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konnte also nicht mithören, was in dem Behandlungsraum vor sich ging. Und
Pineros Wut war abgeklungen. Der Arzt war kein bösartiger Mann. Die Wut, die ihn von Zeit zu Zeit packte, nährte sich aus dem Schmerz, dass die Welt nicht so war, wie er sie sich ersehnte. Und aus dem, dass er ihr nicht gewachsen war.
    59b blieb reglos auf der Plattform liegen, als der Boden ausfuhr und das Tor zum Meer schloss. Er hatte die Augen geschlossen. Wasser rann in Strömen von seinem wuchtigen Körper und floss durch kleine Löcher in der Plattform ab.
    Melvin schnallte den Helm ab, stieg schwerfällig von der Plattform und ließ sich auf den Hocker fallen, der ihm während seiner langen Unterhaltungen mit Pinero als Sitzplatz diente. »Ich bin mir nicht sicher.« Er zuckte die Achseln, eine überflüssige Geste, der schwere Anzug verschluckte sie. »Er selbst behauptet, dass alles mit ihm in Ordnung ist. Aber er hat heute noch nichts gefressen und er hat zum ersten Mal seit … seit seiner Verletzung die Quote nicht erfüllt. Und eben, auf dem Weg hierher, ist mir aufgefallen, dass er beim Schwimmen schlingert.«
    Melvin hatte lange darüber nachgedacht, was er Pinero auftischen sollte. Sie brauchten etwas Unspezifisches, etwas, das den Arzt zu einer längeren Untersuchung nötigte, gleichzeitig aber eine Routineangelegenheit darstellte, die ihnen die Möglichkeit offen ließ, sich zu unterhalten. Nur dann hatte Melvin eine Chance, den Arzt, wenn schon nicht zu überzeugen, wenigstens zu überreden. Was er von ihm verlangen würde, war zu verrückt, als dass Pinero es einfach so schlucken konnte. Wenn er es überhaupt tat. Melvin glaubte immer noch nicht daran, aber 59b hatte darauf bestanden, dass sie es versuchten. Du wirst überrascht sein, hatte der Smartie ihm in seiner Zeichensprache signalisiert. Melvin hatte nachgegeben. Er sah keine andere Möglichkeit - und 59b verfügte über erstaunliche Überzeugungskraft. Der Smartie war ein sanfter Riese, aber er wusste sich durchzusetzen.
    Schließlich hatten 59b und er sich für Gleichgewichtsbeschwerden entschieden. Sie waren ein Serienfehler. Drei von hundert Smarties wiesen sie im Lauf ihrer Existenz auf, selbst
bei der neuesten Serie, zu der 59b zählte. Pinero selbst hatte es Melvin erzählt.
    »Dann wollen wir mal sehen …« Der Arzt stellte die halb leere Flasche neben 59b ab und beugte sich über seinen Kopf. »Möglich, dass sein Innenohr nicht mitspielt«, sagte er, zu Melvin gewandt. Der Gedanke, dass vor ihm mehr als ein Tier mit unerhörtem Überlebenspotenzial lag, schien ihm nicht zu kommen. »Passiert bei diesem Typ gerne. Oder ein Infekt hat ihn erwischt. Smarties können schlecht damit umgehen. Wenn ihnen das Hungergefühl fehlt, fressen sie nichts. Das Schlingern könnte also ein Zeichen von Schwäche sein. Smarties sind stark, aber sie neigen dazu, sich zu überanstrengen, um ihren Herren zu gefallen.« Pinero nahm eine Taschenlampe aus einer Tasche seines Kittels und leuchtete in den Gehörgang von 59b. »Hm, das hier sieht völlig normal aus.«
    »Ja? Gut.«
    Er wollte etwas hinzufügen, brachte aber kein Wort heraus. Wie sollte er es anfangen? »Eric, wir müssen hier weg! Da draußen …« Nein, so ging es nicht.
    Pinero trat an das Stirnende der Plattform, packte beherzt die wulstige Oberlippe von 59b und zog das Maul auf. Seine Taschenlampe leuchtete tief in den Rachen des Smarties. »Kein Belag. Damit scheidet eine Infektion so gut wie aus.« Pinero langte in eine Tasche seines Kittels und holte einen Diagnosestick heraus. Er entfernte die Schutzkappe über der Nadel und hieb sie mit Schwung in die speckige Seite von 59b. Der Smartie bebte einen Augenblick, der Stick blieb im schrägen Winkel stecken.
    Handle! Melvin hörte wieder das Mädchen; das Knistern, mit dem die Tiefsee Blodget gefaltet hatte. Er dachte an Reeve, die ihn immerzu beobachtete und belauschte und die nur ihren Touchscreen antippen musste, um ihn wie Blodget … »Eric«, setzte er an, »Lass es sein. Ich …«
    Der Arzt hörte ihn nicht. Ein Piepsen zeigte an, dass der Stick die Diagnose abgeschlossen hatte. Pinero zog ihn aus dem Fleisch von 59b und drückte einige Male mit dem Daumen
auf den Touchscreen, um die Ergebnisse abzulesen. »Blutdruck«, las er laut. »Blutsauerstoff, Puls, Abwehrkörper - alles normal.«
    »Eric!«
    »Einen Augenblick noch!«, wehrte Pinero ab. Er ging langsam um 59b herum, tastete mit beiden Händen über die Haut, hob Flossen und Arme an. Er fuhr mit

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