Alien Earth - Phase 2
nicht so ist, wie du sie dir wünschst. Ich mache dir deswegen keine Vorwürfe. Ich will nur am Leben bleiben, wie wir alle. Und dazu brauche ich deine Hilfe …«
»Meine Hilfe?« Die Bitte riss den Arzt aus seiner Starre. »Großer Gott, wie soll ausgerechnet ich das anstellen? Ich bin ein Nichts. Betty duldet mich, solange ich ihren Launen nachkomme und ihr Bett wärme. Wenn nicht … sie hat die Wahl. Sie kann mich umbringen, wie sie es mit Blodget getan hat. Oder sie hängt mir etwas an. Ein Satz in ihrem Wochenbericht genügt - dann bin ich ein Häftling wie du. Weniger als ein Nichts.«
»Eric, du bist die einzige Chance, die wir haben!« Melvin
wollte aufstehen, den Arzt an den Schultern fassen, ihn festhalten. Aber es ging nicht. Der Anzug war zu schwer. »Du kannst mich hier rausbringen!«
»Raus? Hast du raus gesagt? Dafür brauchst du mich nicht. Ein Schritt genügt. Lass einfach den Helm hier, dann bist du für immer raus hier. Melvin, es gibt keine Flucht vom Hydrate Ridge! Wenn du nach oben gehst, nimmt ihnen die Dekompression die Mühe ab, dich umzubringen. Und unten gibt es nur die Kälte und die Schwärze und den Druck. Es gibt hier unten keinen Ort, an den jemand wie du oder ich fliehen könnte! Du …«
Ein Räuspern schnitt ihm das Wort ab. Es war tief und kräftig und erinnerte Melvin an einen anspringenden Dieselmotor. Es kam von 59b. Der Smartie hatte sich aufgerichtet und saß auf der Plattform. Er war riesig, sein Kopf stieß beinahe gegen die Decke. 59b fixierte die beiden Menschen mit einem wachen Blick, in dem nicht eine Spur von Ergebenheit lag. »Ich kann euch helfen«, sagte 59b gurgelnd. »Ich weiß einen Ort, an den ihr fliehen könnt.«
Eric Pinero wirbelte herum. »Großer Gott!« Seine Linke fand und umklammerte sein Kreuz, mit der Rechten bekreuzigte er sich. »Er spricht. Großer Gott, der Smartie spricht!«
59b streckte eine Flosse aus. Sie zeigte schräg nach unten. »Dort. Dort ist sein Reich. Es steht uns offen. Auch euch.«
»Sein Reich? Du weißt nicht, wovon du sprichst! Sein Reich ist nicht von dieser Welt.« Vor dem aufgerichteten Smartie wirkte Eric Pinero wie ein Zwerg. Ein tapferer Zwerg. Ein wütender, in die Ecke getriebener Zwerg. 59b griff die letzte Bastion an, die dem Arzt geblieben war: seinen Glauben.
59b antwortete nicht. Er rückte sein Geschirr zurecht und öffnete eine Hydrattasche. Er entnahm ihr einen druckfesten Stahlzylinder, wie ihn der Arzt benutzte hatte, um sein leuchtendes Kreuz wegzuschließen. Die Zylinder gehörten nicht in Smartie-Hände, aber es konnte einem Smartie nicht schwerfallen, einen in seinen Besitz zu bringen.
»Was willst du mir zeigen, Smartie?« Der Arzt schrie.
»Noch einen billigen Leuchtjesus? Was willst du uns damit beweisen?«
59b entriegelte den Zylinder mit einem Ruck und zog die obere Hälfte zur Seite. Eine Blume kam zum Vorschein. Sie hatte einen kurzen, dicken Stängel und große, rote Blütenblätter. Sie war gewöhnlich. Sie war, in 600 Metern Tiefe und in den Händen eines sprechenden Smarties, eine Ungeheuerlichkeit - und sie war nicht Teil ihres Plans. 59b hatte Melvin nichts von der Blume erzählt.
»Woher hast du diese Blume?«, brüllte Pinero.
»Aus seinem Reich. Wo sie herkommt, gibt es Millionen weitere. Und vieles mehr. Du kannst dich mit eigenen Augen davon überzeugen. Du musst nur etwas für uns tun.«
»Und das ist?«
»Blende die Überwachungssysteme der Station. Du hast sie bereits so manipuliert, dass dein Behandlungsraum unsichtbar bleibt. Manipuliere das gesamte System. Eine Stunde genügt, dann sind wir weit genug weg, dass sie uns niemals aufspüren und einholen können.«
»Und was dann?«
»Sind wir in seinem Reich. In seinem Reich gibt es kein ›dann‹. Sein Reich ist vollkommen. Es gibt keinen Grund, auf ein ›dann‹ zu hoffen oder es zu fürchten. Hilf uns, und du kannst es selbst erleben!«
Tränen schossen Eric Pinero in die Augen. »Sein Reich …?« Der Arzt senkte den Kopf, barg ihn in den Händen, die das Kreuz umklammerten. Er ging in die Knie. Als er den Kopf wieder hob, schluchzte er. »Nein. Ich kann nicht.«
»Doch, du kannst«, widersprach 59b. »Du bist mutiger, als du es dir selbst eingestehst, Mensch.«
Pinero schüttelte den Kopf. »Nein, es ist nicht wegen mir. Es ist wegen Betty. Ich kann es ihr nicht antun. Sie werden ihre Wut an ihr auslassen. Ich …«
59b sprang mit einem Satz vom Behandlungstisch. Noch im Flug holte er mit dem unteren linken
Weitere Kostenlose Bücher