Alien Earth - Phase 2

auch schon. Ein Traum, den ich
mir ausmalen kann. Ein ›Was wäre, wenn‹? … Aber du wieder am Leben … ich kann es immer noch nicht fassen, dass du tot bist. Ich kenne dich, Jan, ich weiß, wie du dich anfühlst. Ich weiß, dass mit dir ein Teil meiner selbst gestorben ist. Ich habe nicht vergessen, wie es sich anfühlt, ganz zu sein. Ich werde es niemals können.«
    … und dann kommen die Wachen wieder zurück. Sie bringen eine Maschine, eigentlich dazu gedacht, Feuerholz zu spalten. Gemeinsam mit ihnen legst du Jan so hin, dass sein Hals unter der Schneide liegt …
    »Ich will ehrlich zu dir sein, Jan. Ich bin es immer gewesen, als du noch am Leben warst, wieso also sollte ich ausgerechnet jetzt damit aufhören? Du kannst mich nicht mehr anschreien. Denn es ist so: Ich habe dieser Kryogenese nie getraut. Ja, natürlich, wir schreiben das Jahr 2066, die Aliens sind unter uns … aber trotzdem, manche Dinge sind einfach zu phantastisch. Dass man den Tod überlisten kann, indem man seinen Kopf nur schnell genug auf minus 265 Grad herunterfrieren lässt - das klingt einfach zu gut, um wahr zu sein. Es macht misstrauisch, wenn ein Mensch so etwas von sich behauptet. Und jetzt behauptet jemand, dass er dich wieder erwecken kann, Jan. Dass du lebendiger als vorher sein wirst, in einem Körper, den ich für dich aussuchen kann. Wahnsinn, nicht? Es macht mich misstrauisch, und umso mehr, weil es kein Mensch war, der das von sich behauptet hat.«
    Die Schneide geht glatt durch. Du hältst den abgetrennten Kopf fest, wartest, dass das Blut und das Leben aus ihm abfließt. Dann legst du Jans Kopf in die Kryo-Box, drückst ihn mit der Luftröhre auf den Sporn. Du spürst, wie sich die Versorgungsleitungen in sein Fleisch bohren.
    »Kein Wunder, dass ich beinahe den Mund nicht aufbekommen habe. Es war zu viel auf einmal, zu viele Träume erfüllt, zu viel Misstrauen. Also habe ich ihn etwas anderes gefragt. Nämlich, was der Kern des Konflikts innerhalb seiner Art ist. Was ist es, das die eine Fraktion sich unbedingt erhalten
und die andere unbedingt unterbinden will? Was meint er mit ›Freiheit‹? Pasong hat lange geschwiegen, nachdem ich ihm die Frage gestellt hatte. Er hat mit sich gerungen. Ich habe es ihm angesehen. Und dann hat er mich um Verständnis dafür gebeten, dass es auch in seiner Art Tabus gebe und es ihm schwerfalle, darüber zu sprechen. Und, so bescheuert das klingt: Ich glaube ihm. Es hörte sich ehrlich an. Ehrlicher als alles andere, was er gesagt hat.«
    Jeder Augenblick zählt, soll Jan die Aussicht auf ein zweites Leben bleiben. Du nimmst dir einen davon und streichst Jan über das Haar. Soll er dich doch anschreien, wenn es ihm nicht passt. Zum Abschied zerzaust du das Haar. Jan soll wie ein verwegener Abenteurer aussehen, den nichts aufhalten kann.
    »Ansonsten? Ich habe versucht, klar zu denken. Aber mir schwirrte der Kopf. Ich dachte an das Wissen, das er uns versprochen hat. An die neue Welt, die wir mit seiner Hilfe aufbauen können. Und wenn ich nicht daran dachte, waren meine Gedanken bei dir. Wie gut es sich anfühlen würde, dich wieder in die Arme nehmen zu können, ganz gleich, in welchem Körper. Kann man mir daraus einen Vorwurf machen?«
    Jan schweigt.
    »Tatsache ist, dass Pasong so vieles nicht gesagt hat, dass mir allein deshalb der Kopf schwirren sollte«, fuhr er fort, als Jan nicht antwortete. »Und ich weiß, dass dich das wütend macht. Ich habe es versäumt, nachzuhaken, ihn festzunageln. Dabei hätten mir die Fragen auf der Zunge brennen sollen! Was ist aus den Menschen geworden, die an deinem Todestag den Seelentransfer mitgemacht haben? Wieso ist Pasongs Art ausgerechnet auf die Erde gekommen? In der Milchstraße gibt es hundert Milliarden Sonnen und noch mehr Planeten - wieso kamen sie zu uns? Sie … wie nennt sich seine Art eigentlich? Er hat den Namen nicht genannt. Hat sie keinen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie müssen sich irgendwie nennen. Er hat betont, wie wichtig ihm und den Seinen das Individuum sei. Aber Wesen, die sich als Individuen sehen, müssen
eine Bezeichnung für sich selbst haben, nicht? Und wie sehen diese Individuen eigentlich aus? Die Aliens stecken in Menschenkörpern, und Pasong zumindest scheint ohne weiteres damit zurechtzukommen. Was bedeutet das? Ähnelt seine Art der unseren? Haben sie zwei Arme und zwei Beine, gehen sie aufrecht, nehmen sie ihre Umwelt über Augen wahr, sind sie Säugetiere wie wir? Kennen sie so etwas wie