Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
Vom Netzwerk:
bissige Bemerkung Dianes in seine Richtung vergangen war.
    Wilbur kritzelte nicht mehr länger auf seinen Block - wozu auch? Die Bitch flog nicht mehr. Das Wenige, was an Wartung nötig war, um sie flugfähig zu halten, erledigte er nebenbei und gerne. Es tat gut, ab und zu nach draußen zu gehen, frische Luft zu tanken, die alten Knochen zu strecken. Das gab Wilburs Tag Struktur. Wartung, Essen, jede Stunde eine Zigarette und ein Glas Schnaps oder mehrere und natürlich die Karten. Wilbur verfolgte, wie seine Finger flink den Kugelschreiber über das dicke Papier führten. Der Schreiber hinterließ eine lange Spur geschwungener Linien, von gleichmäßiger Dicke, makellos. Brave Mädchenschrift.
    »Macht euch keine Sorgen um mich!«, schrieb Wilburs Hand. »Eure Lili«
    Wilburs Hand nahm die Karte und warf sie in den Sack zu
den übrigen, die ihre Finger in den vergangenen Stunden geschrieben hatte, jede von ihnen mit einem anderen Text, einer anderen Handschrift. Die Hand kehrte zurück zum Tischchen - und machte vor dem Stapel der noch unbeschriebenen Karten Halt, ohne nach einer zu greifen.
    Es war vorüber. Wilbur hatte für den Tag seine Pflicht getan. Er war frei.
    Wilbur stand auf, schüttelte dabei die Schreibhand aus, um das Prickeln loszuwerden, und ging zu dem großen Rucksack, den er als Erstes am Morgen gepackt hatte. Mit Mühe wuchtete er ihn hoch, schob Arme und Schultern durch die Riemen und verschloss Hüft- und Brustgurt. Wilbur hatte noch nie etwas dafür übrig gehabt, Gepäck durch die Landschaft zu schleppen. Es war ein Grund gewesen, sich davonzustehlen, als man ihn als jungen Mann bei den Marines hatte einziehen wollen. Jetzt, als alter Mann, sagte ihm der Gedanke noch viel weniger zu. Aber Wilbur tat es trotzdem, denn er hatte in den letzten 40 Jahren etwas dazugelernt: Es gab Dinge, die geschehen mussten.
    Wilbur lehnte mit dem Rucksack gegen die Kabinenwand der Bitch , um nicht gleich das ganze Gewicht tragen zu müssen, atmete einige Male tief durch und ging noch einmal an sein Tischchen. Er nahm eine Handvoll beschriebener Karten aus einem Fach und steckte sie in die Innentasche seiner Jacke.
    Draußen war Nacht. Der Sternenhimmel des Südens glitzerte über ihm, als er vorsichtig über den immer feuchten, immer glitschigen, immer in einer Rollbewegung befindlichen Belag marschierte. Hier, hunderte Kilometer vom nächsten Land entfernt, ungestört von Luft- und Lichtverschmutzung, leuchteten die Sterne in einer Klarheit, die ihn fast einschüchterte. Sie schienen so nahe. Der Boden unter ihm, eine Struktur, von einer Vielzahl von kreuzförmigen ehemaligen Alien-Artefakten gebildet, bewegte sich mit dem Gang der Wellen auf und ab. Wilbur nahm es nur am Rande wahr. Er hatte sich längst daran gewöhnt, genauso wie daran, dass der sichtbare Teil der Struktur, die man aus Mangel an einer treffenderen
Bezeichnung »Alien-Insel« nannte, in seiner Ausdehnung unablässig variierte. Manchmal, wenn er auf seinem Platz saß und durch die Sichtluke spähte, während seine Hand Karten schrieb, blickte er auf eine endlose Fläche aus stumpfem, verbranntem Metall, die bis zum Horizont und darüber hinaus reichte. So, als gebe es nichts anderes mehr. Zu anderen Zeiten schrumpfte die Oberfläche der Insel zu einem Fußballfeld zusammen, in seiner Mitte die Bitch , in Gefahr, jeden Augenblick von einer Welle in den Pazifik gefegt zu werden.
    Es war nicht geschehen, bislang. Wilbur war ein Mann, der nicht viel auf Eitelkeit gab. Er war in einer Welt der Eitelkeiten aufgewachsen, in der überschwänglichen Ambipolis von Dubai, in einem Maße mit sich selbst beschäftigt, als handele es sich um ein Raumschiff, umgeben von endlosen Lichtjahren der Leere. Eitelkeit war für Wilbur nichts weiter als der Versuch, sich selbst in den Mittelpunkt der Dinge zu stellen - und über sie. Wer sich ihr hingab, würde früher oder später ein böses Erwachen erleben. Dennoch fiel es ihm schwer, den Gedanken abzuschütteln, dass nur deshalb überhaupt ein Teil der Alien-Insel an die Meeresoberfläche reichte, weil er beschlossen hatte, sich mit der Bitch auf ihr anzusiedeln. Ein besserer Grund fiel ihm nicht ein. Seine Hand konnte die Karten überall schreiben, und selbst wenn das aus irgendeinem Grund nicht möglich sein sollte, gab es auf der Erde ungefähr 20 Milliarden anderer Hände, die denselben Dienst verrichten konnten. Dass Pasong Wilbur diesen Dienst überließ und es ihm auch noch erlaubte, ihn auf der Insel

Weitere Kostenlose Bücher