Alien Earth - Phase 3
Tot ist tot.«
Paul wünschte, Marita ließe ihn in Ruhe. Er hatte an Pasongs Seite Zeit zum Nachdenken gefunden. Er hatte seinen Frieden mit den Seelenspringern gemacht, wenn auch einen brüchigen. Einen Frieden aus Vernunft: Paul hatte eingesehen, dass er nur ein Mensch war und als solcher machtlos. Wollte er leben, und das wollte er jetzt, da die Unsterblichkeit in Griffweite schien, um jeden Preis, musste er sich fügen.
Paul lebte. Und dabei würde es bleiben, solange er sich still verhielt, solange Pasong sich ihm verbunden fühlte, also für immer. Ein Teil Pasongs hatte jahrelang in Paul existiert. Er war dort gewachsen. Aus dem unbestimmten Gefühl Pauls, nicht allein zu sein, war Pasong in ihm zu einer Persönlichkeit herangewachsen, die Paul dominiert, ihn schließlich zu ihrem Werkzeug gemacht hatte. Pasong würde gut zu ihm sein. Er würde Paul nicht wegwerfen, genauso wenig, wie man ein Messer wegwarf, das einen lange Jahre begleitet und einem gute Dienste geleistet hatte. Stattdessen würde man das Messer pflegen, es vielleicht sogar zu schärfen suchen.
»Es geht ihm nicht um die Menschen.« Marita entging seine Ablehnung. Oder sie ignorierte sie. »Allerdings weiß er für einen Alien verdammt gut, welche Knöpfe er bei uns zu drücken hat.«
»Es wäre ein Wunder, wenn es anders wäre«, entgegnete Paul. »Pasong hat in Dutzend verschiedenen Menschen gelebt.« Darunter in ihm selbst, aber das erwähnte er nicht. Marita durfte es niemals erfahren. Marita war Soldatin, sie hatte kein Verständnis für Verräter. Für sie war Paul ein Kamerad. Der einzige, den sie besaß. Sie kämpften einen Krieg, der beinahe verloren war. Sie sah sich selbst und Paul als die letzten Verteidiger der Menschheit. Gaben sie auf, war die Menschheit verloren. »Aller Wahrscheinlichkeit nach lebt er in diesem
Augenblick in Dutzenden von Menschen. Wenn jemand uns Menschen kennt, dann ist es Pasong. Er weiß genau, welche Lügen er uns auftischen kann.«
»Es sind keine Lügen.«
»Keine?«
»Nein.«
Manchmal fragte sich Paul, wieso Marita sich die Mühe machte, ihm als Projektion zu erscheinen. Die Seelenspringer hatten sie zu ihrer Feldherrin bestimmt. Die Aliens hatten sie daran gehindert, an ihrer Oberschenkelwunde zu sterben. Das war alles. Für Marita gab es weder Stasis noch Betäubung noch Genesung. Pasong erlaubte ihr zu leben, gefesselt und in Schmerzen. Und aus dem Gefängnis hatte er ihr nur einen Ausweg gelassen: sich in den Dienst der Seelenspringer zu stellen, ihren irrwitzigen Krieg zu verwalten und zu gestalten. Die Aliens gaben Maritas Seele, gefesselt an ihren geschundenen Körper, eine lange Leine. Maritas Projektion, so schien es Paul, kam und ging, wie es ihr beliebte.
»Dann gibt es diese Roboter tatsächlich?«
»Ja. Sie sind mit den Trümmern von Bewahrerschiffen auf die Erde gekommen. Es sind nicht viele, nicht einmal ein Dutzend bislang. Mir ist es gelungen, sie auszuschalten …« Marita ließ den Satz ins Leere laufen, als wolle sie nicht, dass er sie nach dem Wie fragte.
Paul tat es nicht. Mit diesem Krieg wollte er nichts zu tun haben. Paul dachte an Pasongs Rede. An die Gläubigen, die sich im Park gedrängt hatten, um seine Botschaft zu hören. Aus der Ferne drang das Knattern von Schüssen.
»Mag sein, dass diese Spielzeugroboter eine echte Bedrohung darstellen«, sagte er. »Aber wieso peitscht er Millionen Menschen auf? Wieso bewaffnet er sie? Du bist Soldatin, du weißt, was das bedeutet: Auf jeden vernichteten Bewahrer-Robot werden Tausende von Toten kommen.«
Marita zuckte die Achseln. »Wir haben Krieg. Im Krieg sterben Unschuldige, das macht ihn aus. Wichtig ist allein, dass wir die Schuldigen erwischen.«
»Spielzeugroboter, die ungefähr so gefährlich sind wie ein wütender Dackel?«
»Ein Einzelner vielleicht. Aber was, wenn aus einem Roboter hundert werden? Tausend? Millionen? Was du gesehen hast, ist nur der Anfang. Die Roboter der Bewahrer sind in der Lage, sich zu vermehren. Mehr noch: Sie können sich weiterentwickeln. Sie werden schneller, gerissener, stärker, größer - mit einem Wort: unbesiegbar. Unsere einzige Chance ist, sie jetzt auszulöschen. Noch sind sie verwundbar. Gelingt uns das nicht, werden sie uns auslöschen. Die Erde wird ihnen gehören.«
Paul versuchte, in Maritas Zügen zu lesen. Glaubte sie wirklich, was sie da sagte? Es war vergeblich. Marita wirkte immer entschlossen, ganz gleich, ob sie sich eine Jacke anzog, ein Gewehr abfeuerte -
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