Alien Earth - Phase 3
drei Stunden, die einzige katholische Kirche der Stadt«, kommentierte Marita. »Die Bilder stammen von einer Überwachungskamera. Es gibt keinen Ton. Aber der ist unnötig. Pasong predigt, was er immer predigt. Und jetzt sieh genau hin!«
Der Geistliche, in dem ein Teil Pasongs wohnte, verneigte sich, dann streckte er beide Arme im waagrechten Winkel aus. Gleich würde der Lichtblitz folgen, der all jene in seinen Bann schlagen würde, welche seine Predigt nicht erreicht hatte. Aber es kam anders: In der Mitte der Gemeinde stand ein Mann auf und zog noch in derselben Bewegung ein Gewehr hervor, das er in seinem Mantel versteckt hatte. Es war ein TAR-21 mit abgesägtem Lauf. Der Mann schoss, leerte das gesamte Magazin. Der Geistliche wurde gegen die Wand geworfen und sackte blutend in sich zusammen.
Marita schnippte wieder mit den Fingern. Das Fenster verschwand. »Ein Pasong weniger«, kommentierte sie.
»Was heißt das schon? Pasong tritt öffentlich auf, er musste damit rechnen, dass früher oder später jemand ein Attentat gegen ihn verübt.«
»Eben. Er musste damit rechnen. Und bislang hat Pasong mit allem gerechnet. Das, was du eben gesehen hast, war das siebzehnte Mal, dass ein Pasong in den letzten zwei Wochen getötet wurde. Man sollte meinen, spätestens nach dem zweiten oder dritten Mal hätte er kapiert, was los ist, und sich besser geschützt.«
»Vielleicht erscheint ihm seine Aufgabe so wichtig, dass er das Risiko in Kauf nimmt?«
»Möglich. Aber wieso unternimmt er dann nichts, um es zu minimieren?«
Paul zuckte die Achseln. »Um ein Zeichen zu setzen?«
»Was sollte das sein? Er ist ein Alien, nein, der Alien: der Anführer der Seelenspringer. Er ist selbst unter seinesgleichen einzigartig. Seine Seele kann nicht nur von Körper zu Körper springen, sie kann sich auch aufsplittern. Pasong kann an Dutzenden Orten zugleich sein, Dutzende Dinge zugleich tun. Er ist quasi allmächtig. Und jetzt lässt er es zu, dass Teile von ihm sterben? Was für ein Zeichen setzt er dadurch? Er zerstört seinen eigenen Mythos - und den Mythos von den unbesiegbaren Aliens gleich mit. Daran kann ihm nichts liegen.«
»Du kennst nicht seine wirklichen Pläne. Pasongs Handeln mag nach menschlichen Maßstäben keinen Sinn ergeben.«
»Ich bin seine Feldherrin. Ich kenne seine Pläne besser als jeder andere. Und eines kann ich dir sagen: So gewinnt man keinen Krieg.«
»Dann will er ihn nicht gewinnen?«
Marita lächelte zufrieden. Als wäre er, Paul, ein begriffsstutziger Schüler, und Marita, die Lehrerin, die ihm Lichtjahre voraus ist, hätte ihn behutsam dorthin manövriert, wo sie ihn haben wollte. »Nein, das glaube ich nicht«, sagte sie. »Nicht im militärischen Sinne.«
»Dann hat er aufgegeben?«
»Kaum. Paul, wir beide wissen besser als jeder andere, dass die Springer alles tun, um zu überleben. Denk an die Mühle, an Atsatun. Die Seelenspringer haben jeden ermordet, der ihr Überleben auch nur im Entferntesten hätte gefährden können. Sie haben uns leben lassen, weil sie dachten, wir könnten ihrem Überleben nützen. Ein Seelenspringer würde niemals so unvorsichtig sein und sich zu einer Zielscheibe machen. Also bleibt nur ein Schluss: Was geschieht, ist Teil eines Plans. Pasong will sterben, sozusagen. Er besinnt sich auf sich selbst.«
»Aber wozu das? Er …« Paul brach ab, als Marita mit ihren Händen eine Schale formte.
»Genau das frage ich mich auch«, sagte Marita. Eine Flamme loderte in ihren Händen auf. »Und deshalb habe ich beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Mit deiner Hilfe.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu.
Paul wich zurück, bis er die Wand in seinem Rücken spürte. »Was willst du von mir?«
»Du wirst für uns beide auf eine Reise gehen. Eine Art Spionage. Ich habe mir erlaubt, einen Seelensplitter unseres außerirdischen Freundes einzufangen, als er versuchte, in den Pasong zurückzukehren, den wir beide kennen.« Sie hob die Hände mit der Flamme. »Es ist mir gelungen. Nur kann ich nichts mit dem Splitter anfangen. Er widersteht meinen Bemühungen. Deshalb brauche ich dich.«
Es ist nur eine Illusion, sagte sich Paul. Marita ist eine Projektion. Nichts ist, wie du es siehst.
Laut sagte er: »Was willst du mit mir? Du hast deine Augen und Ohren überall. Ich bin nur ein gewöhnlicher Mensch!«
»Ein gewöhnlicher Mensch, der jahrelang seinen Körper mit Pasong teilte. Ohne den jetzt 150 000 Aliens weniger auf der Erde wären.« Marita
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