Alien Earth - Phase 3
seiner Jungs. Mit dem Zeigefinger seiner Linken strich er über seinen Oberlippenbart.
»Das Gleiche sagten sich vor einigen hundert Jahren die Bewohner der amerikanischen Ostküste, als die Pilgerväter aus Europa kamen. Sie waren Flüchtlinge, erbärmliche Gestalten mit merkwürdigen religiösen Ideen, die ihnen jede Freude am Diesseits nahm. Nicht einmal die Hälfte überlebte den ersten Winter - und wenn die Einheimischen nicht gewesen
wären, wären sie alle verhungert und erfroren. Aber die Einheimischen halfen ihnen, aus Mitleid und weil sie sich einfach nicht vorstellen konnten, dass diese jämmerlichen Weißen jemals eine Gefahr für sie darstellen sollten. Viele der Einheimischen konnten es sich selbst dann noch nicht vorstellen, als die Weißen immer zahlreicher wurden und es zu Kriegen kam: Sie kämpften auf Seiten der Weißen, blind für das Schicksal, das ihnen bevorstand …«
»Wenn Sie so denken, was wollen Sie dann mit mir? Was bin ich denn anderes als einer Ihrer blinden Indianer, ein Verräter an den seinen? Sie müssen mich hassen!«
»Dazu besteht kein Grund. Wir müssen aus der Geschichte lernen. Und die wichtigste Lehre, die wir aus der Geschichte ziehen müssen, ist, dass wir sie nicht einfach fortschreiben dürfen. Jede Zeit ist einzigartig, die Menschen müssen immer wieder aufs Neue ihre Einzigartigkeit verstehen und versuchen, Antworten zu finden. Die Human Company war eine mögliche Antwort auf die Aliens. Es war wert, sie auszuloten. Das Hunter-Korps, die US Alien Force, Homeworld Security sind weitere Antworten.«
»Das habe ich am eigenen Leib erfahren. Wieso überlassen Sie nicht den etablierten Alien-Hassern das Feld? Die US Alien Force hat die Human Company innerhalb von Stunden zerschlagen, Homeworld Security hat Hunderttausende Aliens in Gefangenschaft und Millionen Menschen, die dem Ministerium nicht passen. Was wollen Sie noch mehr?«
»Ich will, dass der Kampf bis zum notwendigen Ende geführt wird.«
»Sie meinen ›zum bitteren‹, nicht? Ich habe keinen Zweifel, dass Homeworld Security …«
»Ich schon. Homeworld Security hat den Kampf gegen die Seelenspringer längst eingestellt. Das Ministerium macht gemeinsame Sache mit ihnen.«
»Das ist eine absurde Verschwörungstheorie. Homeworld Security ist über Millionen von Leichen gegangen, um die Seelenspringer zurückzuschlagen.«
»So ist es. Aber das hat sich geändert.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
Al-Shalik hob beide Arme, barg in einer Geste die künstliche Insel, seine Jungs, den See, das Land. »Sie haben gesehen, was ich vermag. Ist es so schwer zu akzeptieren, dass ein Mann wie ich seine Ohren und Augen überall hat? Ich weiß, wovon ich spreche: Homeworld Security hat sich mit den Seelenspringern verbündet.«
»Wieso sollte das Ministerium das tun?«
Al-Shalik schnalzte. »Dafür gibt es viele scheinbar gute Gründe. Zum Beispiel, weil die Seelenspringer plötzlich nicht mehr der schlimmste Feind zu sein scheinen, sondern die Seelenbewahrer. Aus Dummheit, Angst und Gier. Die Seelenspringer haben dem Ministerium das Geheimnis der Kernfusion versprochen - und Homeworld Security ist darauf eingegangen. Hätte ich nicht eingegriffen und den Reaktor in Los Alamos im letzten Augenblick zerstören lassen, hätten die Seelenspringer uns bereits überrannt.« Der Ägypter schüttelte den Kopf, als könne er immer noch nicht fassen, was geschehen war. »Unsere große Nation ist korrupt. Abermillionen von aufrechten Bürgen opfern sich im Kampf gegen die Aliens auf - und unsere Führung verbündet sich heimlich mit ihnen! Ich musste handeln, mir seinerseits Verbündete suchen. Ich musste amerikanische und arabische Leben opfern. Mehr noch: Ich musste einen Mann opfern, denn ich eigenhändig errettet und in mein Herz geschlossen hatte, und das Herz eines Mädchens brechen, das mir viel bedeutet hat. Es lastet auf meinem Gewissen. Und früher oder später werde ich dafür bezahlen müssen. Die Regierung ist träge, aber entschließt sie sich erst zum Handeln, gibt es keine Rettung mehr. Zu viele Hunde sind des Hasen Tod. Aber das braucht Sie nicht zu sorgen. Hier geht es nicht um mich. Hier geht es um das Schicksal der Menschheit. Los Alamos war nur ein Aufschub für die Menschheit, wenn auch ein unverzichtbarer. Brechen die Seelenbewahrer durch, werden sie die Seelenspringer vernichten - und uns, ihre Helfer. Gewinnen die Springer, ist unser Schicksal
besiegelt. Auf der Erde wird es keinen Platz mehr für
Weitere Kostenlose Bücher