Alien Earth - Phase 3
oder den totalen Krieg führte.
»Und deshalb ist dir jedes Mittel recht?«, fragte er.
»So ist es.«
»Du klingst, als hättest du Pasongs Lügen mit Haut und Haaren gefressen.«
»Er lügt nicht, ich habe es dir doch gesagt! Pasong gibt mir alles, was ich brauche: Material, Menschen, GenMods. Als gäbe es kein Morgen, über das er sich Gedanken zu machen brauchte. Als wären die Ressourcen der Seelenspringer unbegrenzt.«
»Womit er recht haben könnte.«
»Nein. Bevor die Seelenbewahrer gekommen sind, war das vielleicht der Fall. Aber jetzt haben sich die Bewahrer im Sonnensystem eingenistet. Es gehört ihnen. Was immer die Seelenspringer im äußeren Sonnensystem und auf der Rückseite des Mondes errichtet haben, es ist zerstört oder verloren. Das Schiff der Seelenspringer im Orbit ist vernichtet. Und was das Abwehrnetz angeht: Es ist noch intakt, aber die Seelenspringer benutzen es nicht. Irgendetwas stimmt damit nicht.«
Es war eine merkwürdig ungenaue Aussage für ein Wesen, das selbst in Zeiten, in denen es noch körperlich gewesen war, stets wert auf Präzision gelegt hatte.
»Was soll das heißen?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich alles sehe und höre, was ich will. Was nicht heißt, dass ich es auch verstehe oder darauf Einfluss nehmen kann. Aber dieses Abwehrnetz … Ich weiß, dass es existiert. Mehr nicht.«
»Das muss nichts bedeuten. Pasong hat dich zu seiner Feldherrin auf der Erde gemacht. Das Abwehrnetz ist über der Erde.«
»Was machen ein paar Tausend Kilometer schon für einen Unterschied? Nein, es muss etwas anderes dahinterstecken. Die Seelenspringer lassen mich überall meine Nase hineinstecken. Zumindest so weit, dass ich verstehe, worum es geht. Aber nicht in das Abwehrnetz.«
»Vielleicht haben sie die Kontrolle darüber verloren. Vielleicht haben es die Bewahrer erobert?«
»Nein. Sonst wären wir längst tot.«
»Das stimmt.« Paul überlegte. »Und wenn schon? Wenn die Seelenspringer keine Kontrolle mehr über das Abwehrnetz haben, brechen die Seelenbewahrer beim nächsten Angriff durch. Dann ist es aus. Pasong und seine Leute wissen das. Deshalb diese Kämpfe. Sie schlagen verzweifelt um sich, in der Hoffnung, sich doch noch retten zu können.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach Marita. »Genauso wenig wie du selbst.«
»Woher willst du wiss…«
»Weil ich weiß, dass du ein guter Beobachter bist, sonst hätte dich das Korps niemals zum Hunter gemacht.«
»Das heißt?«
»Du begleitest Pasong seit Wochen auf Schritt und Tritt.«
»Weil er es will. Das …«
»… das ist kein Vorwurf. Lediglich eine Feststellung. Du bist bei ihm, du erlebst ihn. Ich frage dich: Sieht so ein Wesen aus, das glaubt, in einer Falle zu sitzen, aus der es kein Entkommen gibt?«
Paul dachte zurück an San Francisco, an die anderen Auftritte Pasongs. Nein, der Alien war nicht verzweifelt. Im Gegenteil, er wirkte selbstsicher. Stark. Und mit jedem Auftritt
schien er noch an Zuversicht und Stärke zu gewinnen. Als glaubte er jedes Wort, das er sagte, und sehnte den Weltuntergang herbei.
»Nein, das tut er nicht«, gestand Paul ein. »Im Gegenteil. Aber was bedeutet das schon? Pasong kann uns etwas vorspielen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Wieso? Kannst du etwa in ihn hineinsehen?«
»Nein, aber ich kann überall sonst hinsehen. Und was ich sehe, sagt mir, dass Pasong kein Verzweifelter ist. Er weiß genau, was er tut.«
»Und das ist?«
»Er stirbt.«
»Was?«
»Er stirbt. Auf Raten. Pasong kann es. Du kennst ihn nur als dürren Schwarzen, Paul. Aber dieser Körper ist lediglich einer von vielen, in denen Pasong lebt. Der wichtigste, wenn du mich fragst. Aber eben nur einer. Und die Übrigen sind im selben Moment überall unterwegs und predigen den Unterdrückten dieser Erde den Aufstand gegen ihren Unterdrücker oder den totalen Krieg gegen die Roboter der Seelenbewahrer. Er führt sich als eine Art globaler Brandstifter auf. Er legt ein Feuer und hetzt weiter, um das nächste zu legen. Aber manchmal ist er nicht schnell genug, und das Feuer, das er gelegt hat, verbrennt ihn. Ich zeige es dir!«
Marita schnippte mit den Fingern. Ein Fenster entstand an einer Wand. Und durch das Fenster sah Paul in eine Kirche. Sie war bis auf den letzten Platz mit Menschen besetzt, die dicke Mäntel und Mützen trugen. Ihr Atem dampfte, stieg wie der Rauch aus kleinen Schornsteinen auf. In der Kanzel über ihnen predigte ein Geistlicher - lautlos.
»Taschkent, vor knapp
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