Alien vs. Predator
Dächer bogen sich unter dem Schnee, der sich über Jahrzehnte darauf angesammelt hatte, und bis zu drei Meter hohe Schneewehen hatten sich zwischen den Gebäuden gebildet und drohten die kleineren, schwer beschädigten Bauten zu verschlingen.
Am Gespenstischsten wirkte jedoch der Schleier des Todes, der sich über den Ort gelegt hatte. Die Bouvetoya-Walfangstation war am Fuße des Berges errichtet worden und zu dieser Jahreszeit fiel ein ständiger Schatten auf die trostlose Geisterstadt. Sebastian und Miller waren versucht, mit ihren Taschenlampen die Hauptstraße zu beleuchten, als die Gruppe durch den Ort streifte.
„Hier sieht’s aus wie in einem Vergnügungspark“, sagte Miller.
„Ja“, entgegnete Thomas. „Moby Dick World.“
Während sich die anderen umsahen, fiel Thomas’ Blick auf Adele Rousseau. Die Frau zündete sich gerade eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.
„Hi“, sagte Thomas.
Die Söldnerin paffte weiter an ihrer Zigarette und reagierte nichts.
„Mal ehrlich“, frotzelte Thomas. „Sie sind ein bisschen enttäuscht, dass sie keine von den gelben Jacken bekommen haben, oder?“
Adele drehte sich um und sah ihn an. Kein Lächeln auf den Lippen.
„Die gelben Jacken gehen an die Neulinge, damit wir ihre Leichen besser finden können, wenn sie in eine Spalte fallen und krepieren.“
Thomas nickte, schluckte und ging weiter.
„Verteilt euch“, rief Max gegen den Wind an. „Findet die Gebäude, die am wenigsten beschädigt sind. Wir benutzen diesen Ort als Basislager – wenn das mit dem Wind so weitergeht, werden unsere Zelte nicht halten.“
Dann wandte sich Stafford an die Roughnecks. „Mr. Quinn. Sie werden so schnell wie möglich mit den Bohrarbeiten beginnen.“
„Bin schon dabei.“
Lex ging an Quinn vorbei und weiter die düstere Hauptstraße hinunter. Miller und Sebastian schlossen am verlassenen Hafen zu ihr auf. Es gab dort einen heruntergekommenen Kai und ein langes Pier erstreckte sich weit in die fest zugefrorene Bucht.
Über dem Hafen thronte ein riesiger schwarzer Kessel. Er war aus Eisen geschmiedet, viereinhalb Meter hoch und neun Meter breit und stand merkwürdig gekippt da. Die Holzfüße unter dem Fass waren schon lange weggebrochen. Nur Schnee und Eis und ein übriggebliebener Stützbalken hielten den schweren Eisentopf davon ab, über die Klippe zu rollen und in den darunterliegenden Hafen zu stürzen.
Sebastian blickte grübelnd auf das Fass. „Hexenkessel?“
„Der Abscheider“, antwortete Lex. „Man wirft Walblubber rein, erhitzt ihn und teilt das Fett ab. Walöl war damals ein Riesengeschäft. Fast so groß wie heute Erdöl.“
Während Miller eine Tür aufschob und in eines der Gebäude schlich, ging Sebastian vorsichtig zum Rand des teilweise zerfallenen Kais. Er prüfte die Dicke des Eises und fragte: „Wie hat man die Schiffe hierher gebracht?“
„Die Station wurde nur im Sommer betrieben, wenn das Packeis schmolz. 1904 wurde sie aufgegeben“, erklärte Lex.
„Warum?“
Sie runzelte die Stirn. „Ich nehme an, es gab nichts mehr zu jagen.“
Sie fand eine Harpune, die an einem Poller lehnte, und versuchte sie aufzuheben, aber das Ding ließ sich nicht vom Fleck bewegen. Es blieb am Boden festgefroren.
Inzwischen entdeckte Miller in einem der größeren Gebäude die Messe. Lange Holztische und grob gezimmerte Bänke waren mit einer dicken blaugrauen Eisschicht bedeckt. Metallbecher und -teller, Gabeln und Löffel aus Walbein und sogar ein Kaffeekessel waren an Ort und Stelle festgefroren, wo man sie hundert Jahre zuvor sich selbst überlassen hatte.
Miller versuchte, einen der Becher hochzuheben. Mit metallenem Klicken löste sich der Henkel, während der Becher fest auf dem Tisch stehenblieb. Mit einem Grinsen trat er zurück und holte seine Kamera hervor. „Eins fürs National Geographie.“
Als der Blitz ausgelöst wurde, scheuchte das plötzliche Licht etwas auf der anderen Seite des Raumes auf. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Miller eine glänzende schwarze Form ausmachen. Etwas bewegte sich dort und er hörte einen seltsam kratzenden Laut, wie die Zangen eines unglaublich großen Insekts, die über die Planken schabten.
„Hallo“, rief Miller in den Schatten hinein.
Die Bewegung hörte auf, aber Miller konnte fühlen, dass er nicht allein war – dieses Etwas war mit ihm zusammen hier drin.
„Hallo!“
Diesmal rief Miller lauter und seine Stimme hallte in der Messe wider. Er lauschte angestrengt,
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