Alison Wonderland
weiß sie also nicht sicher, ob Taron ihre Botschaft erhalten hat.
Kapitel 10 – Der Überfall
Ein Donnerstag im Juli. Es war ein langer Tag und ich fühle mich müde und unglücklich, nachdem ich mit der Arbeit fertig bin. Als ich am Morgen aufstand, fand ich ein Gedicht, festgeklebt an einer Rolle Smarties:
SCHMELZEN
Lippen verwischen Smarties Farben
Zunge schmeckt vermischte Sorten
Als Schokolade schmilzt
In deinem Mund
Klatschende Hände, Glaube an Feen
Ich glaube an den warmen Ort
Wo Schokolade schmilzt
In deinem Mund
Ich frage mich, ob das eine indirekte Anspielung auf einen Blowjob ist und das bringt mich für den Rest des Tages schlecht drauf. Donnerstag. Noch nicht ganz Wochenende, aber nah genug, um zu feiern, falls irgendjemand Lust dazu hat. Taron ruft an, um sich mit mir gegen sieben auf einen Drink zu treffen. In dem Moment,als ich ihre Stimme höre, fühle ich, dass ich sie vermisse. Eine sanfte Brise scheint aus der Telefonleitung ins Büro zu wehen, in dem ich verdeckt arbeite. Ich registriere, dass mir brennend heiß ist in meiner dicken Strumpfhose. Hauchdünne Strumpfhosen, obwohl elegant und kühler, kosten drei Pfund das Paar und man drückt garantiert seinen Daumen durch, noch bevor der erste Tag vorbei ist, an dem man sie trägt. Dicke Strumpfhosen – sechs Pfund das Paar – kann man anziehen und waschen und wieder anziehen, bis man Flusen auf den Beinen hat. Sie heizen aber das Innere deines Körpers auf, bis du glaubst, dein Kopf explodiert. Die Regierung sollte Warnhinweise herausgeben, in der gleichen Art wie sie Jugendliche davor warnt, auf Raves Drogen zu nehmen (trink einen halben Liter jede Stunde, mach viele Pausen, pass auf dich auf). Ich bin mal auf einem Shuttleflug von Glasgow nach London in Ohnmacht gefallen, weil die Strumpfhose, die ich trug, zu dick war. Keiner der anderen Passagiere wollte mit mir sprechen, weil sie mich für verrückt hielten.
Aber eigentlich bin ich gerade so unglücklich, dass ich über Strumpfhosen gar nicht nachdenken sollte. Ich hatte den Detektivjob angenommen, weil ich mich nicht auf dem Altar des Kommerzes prostituieren wollte, und jetzt befinde ich mich, wenn auch als eine Spionin im Haus der Liebe, im Büro von Jones, Kibble, Parsnip in der Londoner Innenstadt, in dem irgendein Typ vielleicht seine Sekretärin vögelt. Ich weiß, dass Retro schwer in Mode ist, aber seine Sekretärin zu vögeln ist einfach zu ermüdend Siebzigerjahre. Ich arbeite hier als Aushilfskraft in einem langen Wickelrock und einer durchsichtigen weißen Bluse, so dass man den ziemlich spitzen BH sehen kann, den ich trage. Und die verdammte Strumpfhose. Und eine Brille. Das ist die allgemeingültige Uniform der Aushilfskräfte, hoffe ich. Die Mädels in dem Büro scheinen mir meine Tarnung abzunehmen. Sie erzählen mir, dass Vögel-Typ eine Ratte ist und es mit seiner Sekretärin mit Volldampf in den Toiletten auf der Arbeit treibt. Ich fühle mich erbärmlich, als ich an diesem Abend das Büro verlasse. Plötzlich wirkt Taron wie ein stabiler Anker in dieser verrückten Welt. Immerhin glaube ich, auch wenn ihr Kopf voll istmit Unsinn, dass die einzige Person, die sie jemals betrogen hat, sie selbst ist. Sie sagt mir den Namen der Bar, in der wir uns treffen können. Es ist in der Nähe ihrer Wohnung. Als wir uns sehen, bin ich wie vom Blitz getroffen, wie schön sie ist, wie witzig, wie sanftmütig, wie normal. Sie schickt mich zur Toilette, damit ich meine Strumpfhose ausziehen kann und steckt mir einen Glasring an den Finger, der, wie sie sagt, die schlechten Schwingungen abwehren wird, die ich heute im Büro eingesaugt habe. »Ich hatte heute den ganzen Tag über ein ungutes Gefühl«, sagt sie. Die angebliche Bar ist in Wirklichkeit nur eine Kneipe. Aus irgendeinem Grund finde ich diese harmlose Übertreibung jedoch charmant.
Wir trinken sehr schnell zwei Bier. Ich bin mir nicht sicher, ob es der Alkohol ist, die Erleichterung, von der Strumpfhose befreit zu sein, der magische Ring oder Taron selbst, aber ich verwandle mich langsam wieder in einen Menschen und bekomme gute Laune. Jetzt bin ich leicht betrunken, aufgeheitert, schuldbewusst, weil ich mich vorher so elend gefühlt habe und so ziemlich bereit für alles, was der Abend noch so auf Lager hat.
Ich gestehe, dass der Job mich runterzieht. »Komm mit mir«, sagt Taron. »Komm mit mir und hilf mir ein Baby zu finden.« Das ist beinahe eine anziehende Idee, wenn sie nicht so verrückt
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