Alison Wonderland
spielen würde. Bei Julia Roberts sind wir uns nicht sicher – hat sie ihre Glanzzeiten nicht hinter sich? Am Ende entscheide ich mich für Kristin Scott Thomas. Taron verschwendet ein bisschen Zeit beim Versuch, sich an den Namen der wunderschönen Schauspielerin in
Red Lantern
zu erinnern (es ist Gong Li, aber das musste ich später nachschauen) und wir zanken uns darüber, ob der Einbrecher im Film, verkörpert von Ewan McGregor, sich immer noch im Haus verstecken würde, und sich in uns verlieben würde und wenn ja, wen er bevorzugen würde. Vielleicht würde er aus Versehen eine von uns anschießen und der Arzt, der sich um uns kümmerte, wäre George Clooney und eine von uns könnte ihn haben. Ich rede immer totalen Quatsch, wenn ich nervös bin.
»Was ist mit John Cusack?«
»Was soll mit ihm sein?«
»Also, ich finde ihn toll.«
»Also, ich finde Robert Downey Jr. toll, aber was hat das mit alldem hier zu tun, Alison?«
»Ich glaube nicht, dass du Robert Downey Jr. in deiner Nähe haben willst, er fuhr mal splitterfasernackt durch Hollywood, mit einer Waffe im Auto.«
»Du kapierst überhaupt nicht, worum es geht. Er wird niemals in meiner Nähe sein. Er lebt in Amerika und ich lebe in England.« Außerdem ist er ein Filmstar und sie ist arbeitslos.
Kaum hören wir auf zu reden, fühle ich mich wieder ziemlich ängstlich. Vielleicht werden die Leute von M16 uns unter der Themse einkerkern, unsere Schreie überdeckt vom schmutzigen Wasser aus den Kielräumen der Schiffe über uns und der Musik aus den zwielichtigen Nachtclubs vom nahen Vauxhall. Wie lange würden sie uns foltern, bis sie feststellten, dass wir wahrhaftig nichts wussten, und nicht nur mutig gewesen waren? Wie viele von Tarons Geschichten würden sie glauben, bevor sie uns umbringen würden, weil wir schlechte Lügner waren?
Zum Glück habe ich ein paar Rich-Tea-Kekse mit Schokoüberzug, also essen wir jeder eine halbe Packung zu unserem Tee und reden über den Einbruch. Wir nennen ihn »Der Überfall«.
»Okay«, sagt Taron, die gerne denkt, sie habe einen scharfen, analytischen Verstand. »Okay, also, was sind die Motive für ›Der Überfall‹? Entweder arbeitet Ewan McGregor allein und ist ein verärgerter, untreuer Ehemann ...«
»... oder wurde von einem angeheuert.«
»... oder wurde von einem angeheuert. In welchem Fall er vielleicht bereits hätte, was er wollte und dich in Ruhe lassen wird. Oder er ist ein Spion und hat die Unterstützung einer riesigen, mächtigen Organisation und wird nicht eher aufhören, als bis er dich vernichtet hat.«
»Richtig. Weißt du, wenn ich das alles hier so mit dir durchspreche, geht es mir gleich viel besser. Ich glaube, der Einbruch könnte mit einem neuen Projekt zu tun haben, an dem ich geradearbeite: Ich überwache eine Firma mit einer zwielichtigen Tierschutz-Vorgeschichte, die eine große Investition in ein geheimes Vorhaben im Südwesten Englands getätigt hat.«
Ich fühle mich machtlos und unglücklich. Wir beschließen, die Polizei nicht anzurufen, für den Fall, dass der Einbruch irgendetwas mit Emphglott zu tun hat. Dann fällt uns ein, dass wir sie anrufen müssen, um bei der Versicherung Schadenersatz für den Computer zu stellen. Wir rufen an und sie sind zwar verständnisvoll, sagen aber, dass sie nichts für uns tun können. Wir erwähnen nicht
Akte X
, M16 oder Tarons Drogen, also kommen sie nicht vorbei. »Im Film«, sage ich zu Taron, »würden wir vielleicht einen der Polizisten anmachen.«
»Nein.« Sie ist mittlerweile müde und ziemlich schnippisch. »Weil wir Anti-Establishment sind und wir es nicht treiben mit irgendwem, der Establishment ist, außer George Clooney, der nicht zählt, weil er, obwohl er einen Arzt gespielt hat, nicht zu den heiratswilligen Typen gehört. Die Sorte von Typen, die Polizisten spielen, sind Clint Eastwood oder die Bridges-Brüder und du willst keinen von denen.« Sie hat Recht, natürlich, ich gehöre in keinster Weise dazu. Wir beschließen, für heute Nacht Schluss zu machen und Taron geht nachhause. Bevor sie geht, gibt sie mir den Ratschlag, Kakteen in jedes meiner Fenster zu stellen, um das Haus zu bewachen.
Während ich mir die Zähne putze, sehe ich nach dem Hufeisen, das sie bei ihrem ersten Besuch in meinem Badezimmerschrank liegengelassen hat. Es ist immer noch da, seine Zu-schwach-Magie ausstrahlend. Vielleicht bin ich ja ungerecht und wir haben die Tatsache, dass wir in keinem der Überfälle verletzt wurden,
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