Alison Wonderland
wäre. Wenn ich den Job morgen zu Ende bringe, indem ich ein paar Aufnahmen vom Toilettensex mache (hoffentlich machen sie es auf der Mädchentoilette und nicht bei den Jungs; ich habe keine Lust, in den Pissoirs herumzuplatschen, um meine versteckte Kamera anzubringen), dann habe ich nicht wirklich viel Arbeit für die nächste Zeit. Es wäre nett, mich von Taron mit Guten-Schwingungen-Schmuckstücken behängen zu lassen, im ganzen Land herumzufahren und Babys einzusammeln, um bei ihrer Mutter einen Stein im Brett zu haben. Ich lächle Taron auf eine, wie ich hoffe, schelmische und liebevolle Art an. Ich würde liebend gerne für immer mit ihr herumfahren und niemals wieder auch nur einen Tag arbeiten.
Sie legt ihre kleine Hand auf meine und lehnt sich nach vorn. »Komm«, sagt sie, »Lass uns nachhause gehen.« Ich fühle michwirklich glücklich und vielleicht ist ja der Job überhaupt nicht schlimm und vielleicht sollte ich den Frust einfach runterschlucken und weitermachen, solang ich nebenher Zeit mit Taron verbringen kann. Wir sammeln unsere Sachen ein und verlassen die Kneipe. Ich berühre ihre Hand und drehe mich um, frage mich, wie weit es bis zu Tarons Wohnung ist und ob ich noch mal pinkeln gehen sollte. Plötzlich gibt es einen Zwischenfall. Alles passiert sehr schnell und wir reagieren überhaupt nicht, wir gaffen nur. Irgendein Typ streift an uns vorbei und greift sich Tarons Handtasche, die sie mir kurz zum Halten gegeben hatte. Er hat leichtes Spiel, sie von meinen Händen abzustreifen, weil ich nicht realisiere, wie mir geschieht. Man kann nicht direkt sagen, dass es ein Überfall ist, denn es gibt überhaupt keine Gewalt. »Hey«, ruft Taron dem Dieb nach, aber schaut mich dabei an, als hätte ich irgendeine Idee. Habe ich aber nicht. Der Typ ist gleich außer Sichtweite, rennt mit einem Affenzahn davon, in Besitz von Tarons Tasche samt Inhalt – Schlüssel, Geld, Schminke, Adressbuch, Handy und meine Strumpfhose. Die Tasche ist ziemlich schwer, denn sie trägt Hufeisen darin herum, die am Boden der Tasche aneinander scheppern. Sie lässt sie in der ganzen Gegend als Glücksbringer liegen, ihre Art, die Welt zu verbessern. Wollen wir hoffen, dass sie dem Räuber mehr Glück bringen, als sie uns heute Nacht gebracht haben. Wir haben ihn überhaupt nicht richtig gesehen – könnten sein Alter nicht beschreiben oder seine Hautfarbe. Ich war noch nie das Opfer eines Raubüberfalls oder von Gewalt gewesen und ich habe mich immer gefragt, wie ich reagieren würde – ob ich zurückschlagen würde oder wie gelähmt wäre. Ich hätte nicht erwartet, so nüchtern zu sein, so belämmert herumzustehen. »Ja dann«, sagen wir und schauen uns immer noch an.
»Lass uns zurück zu deiner Wohnung gehen«, sagt Taron. »Wir können die Polizei von da anrufen.« Sie hat wahrscheinlich einen kleinen Vorrat an Drogen zuhause und will deshalb die Polizei nicht von ihrem Apartment aus anrufen. Als ob die das interessierte. Ich fühle mich wieder sehr müde, aber Taron sieht zittrig aus und ich sollte mich um sie kümmern, also nehme ich sie mit nachhause.
In dem Moment, als wir zur Tür reinkommen, spüre ich, dass etwas nicht stimmt. Alles ist durcheinandergebracht worden. Irgendjemand ist systematisch alle meine Sachen durchgegangen. Sorgfältig schätze ich den Schaden ab. Der Computer ist weg, meine Unterlagen sind durchwühlt worden, der Film meiner Kamera wurde entfernt. Auf einmal fühle ich mich total fertig und mir ist schlecht. Ich merke, dass ich meine Sachen so konzentriert prüfe, dass ich Taron darüber total vergessen habe. Ich finde sie auf dem Sofa sitzend und sehr leise weinend. Das macht mich noch trauriger und ich drücke sie schwesterlich an mich, bevor ich uns einen Tee mache. »Es ist wie
Akte X
«, sagt sie. Ich lache, um sie aufzuheitern, aber ich gebe ihr Recht, irgendwie. Irgendjemand hat alle Informationen, die ich in meiner Wohnung habe, durchsucht und entweder gefunden, was er wollte (wer weiß?) oder kommt wieder, um weiterzusuchen. Das war kein gewöhnlicher Einbruch. Mein Fernseher und mein Ehering sind immer noch da. Vielleicht ist einer der untreuen Ehemänner, die ich verfolge, Geheimagent (der Süden Londons, den ich abdecke, ist in bequemer Pendler-Entfernung des M16-Gebäudes auf der Vauxhall Bridge) und ich bin in etwas GROSSES reingestolpert. Tja, so könnte es sein, wenn das hier ein Film wäre.
Taron und ich diskutieren eine Zeitlang darüber, wer uns in dem Film
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