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Alison Wonderland

Alison Wonderland

Titel: Alison Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Smith
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Sie behauptet, eine Woche lang an nichts anderes gedacht zu haben. Während sie versucht, eine Vision von Phoebes Mutter zu bekommen, wippen wir aufdem monströsen Bett wie nach einem wässrigen Wiegenlied, lassen uns treiben und auf und ab schaukeln mit jeder kleinsten Bewegung, die einer von uns macht. Bald fängt es jedoch an, mir auf die Nerven zu gehen.
    Dann, endlich, richtet sich Taron auf, krabbelt nach dem halbgerauchten Joint im Aschenbecher neben dem Bett und sagt: »Ich glaube, ihre Mutter ist ungefähr in unserem Alter, sehr blass und hübsch, mit braunen Augen und dunklen Schatten unter ihnen, weil sie müde ist vom ständigen Weinen. Sie lebt in einem Turm nahe am Strand, in einem Leuchtturm. Vielleicht hat sie genug davon, die ganze Nacht wachzubleiben und sicherzustellen, dass die Lichter während der Stürme funktionieren, damit die vorbeikommenden Schiffe nicht an die Felsen fahren.«
    Tarons Verständnis von moderner Radartechnik und selbst von Elektrizität scheint diffus zu sein. Was glaubt sie, beleuchtet einen Leuchtturm – ein Haufen nicht tropfender Kerzen vom Conran Shop? Hütet Phoebes Mutter bis zur Erschöpfung einen Schwarm Glühwürmchen, importiert (wie fast alles in Tarons Zimmer) aus Bali?
    »Obwohl sie in einem Turm lebt, hat sie kurzes, sehr dunkles Haar. Ihr Geliebter muss die Treppen hochsteigen, wenn er sie besuchen will, weil sie keine langen Flechten hat, an denen er hochklettern kann. Während des Tages liegt sie in ihrem runden Zimmer auf einem Bett mit weißen, bestickten Bettlaken und weißen Spitzenkissen. Ihr Nachttisch ist übersät von weißen Korallen, Muschelschalen und Perlmutt, die ihr ihr Geliebter gebracht hat. Sie ist zu müde, um unter die Laken zu kriechen, also liegt sie auf ihnen drauf und ruht sich aus – wegen des Sonnenlichts, das durch die Fenster in den ganzen Raum hereinscheint, ist es ohnehin zu hell zum Schlafen. Sie hat Tränen im Gesicht. Vielleicht weint sie, weil sie ihr Baby weggegeben hat oder vielleicht weil ihr das Sonnenlicht in den Augen wehtut. Sie hat kleine, rote Linien auf den Beinen, wo die Venen während der Schwangerschaft beschädigt wurden, und silberne Narben auf ihrem Bauch, wo sich die Haut gedehnt hat. Das Baby zu bekommen, hat sie sehr erschöpft. Sie isstnicht genug frisches Obst, weil sie in einem Turm über dem Meer wohnt und selten herauskommt. Ihre Augen würden wieder leuchten, wenn sie mehr Vitamine zu sich nehmen würde und sie wäre nicht mehr so müde.« (Das ist eines von Tarons Lieblingsthemen.)
    »Sie arbeitet zu schwer, um das Licht im Turm am Leuchten zu halten. Sie ist nur dann richtig glücklich, wenn ihr Geliebter kommt, um sie zu besuchen. Seine Haut ist sehr dunkel und wenn sie ihn küsst, schmeckt er salzig und riecht nach Meer. Immer, wenn er sie besucht, bringt er ihr ein Geschenk mit.« (Ein weiteres Lieblingsthema.) »Sie weiß nicht, ob seine Augen grün oder blau sind, weil sie je nach Licht die Farbe wechseln. Sie glaubt, dass er ein Wassermann ist. Seine Arme sind sehr stark. Er zieht sich selbst an den Turmstufen hoch und benutzt das sich windende Metallgeländer, das in die Mauern eingelassen ist, weil seine Beine schwach sind und schmerzen, wenn er läuft. Seit sie das Baby hat, hat er sie noch nicht wieder besucht. Sie will seinen Namen rufen, sie will den Namen des Babys rufen ...«
    »Welchen Namen?« frage ich drängend. »Verdammte Scheiße, wie heißt sie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Klar, das ist ja nur eine Geschichte. »Also, wie ist dann sein Name?«
    »Ich weiß es nicht, es wäre ein Fischname, aber mir fällt kein einziger Fischname ein.«
    »Ist Phoebe dann also eine Meerjungfrau?«
    »Also, eine halbe Meerjungfrau.«
    »Wie ist der Name ihrer Mutter?«
    »Ich weiß es nicht. Ein Name, der zu ihrer Elfennatur passt. Elinor. Ich glaube nicht, dass sie sehr lang leben wird. Sie hat sich nicht von der Geburt erholt. Blut sickert in die weißen Bettlaken, wenn sie auf ihnen liegt und jeden Tag nimmt sie die Bettlaken ab und wäscht sie im Meerwasser.« Vielleicht wurde ihr, wie mir in der Schule im Hauswirtschaftsunterricht, beigebracht, dass kaltes salziges Wasser gut ist für die Entfernung von Blutflecken. Ich habe niemals den Sinn dieser Information verstanden, es sei denn, manist ein Massenmörder oder Metzger, bis ich gemerkt habe, dass sie uns das erzählten, damit wir den Schritt unserer Unterhosen waschen können, falls es bei einer besonders starken Periode zu

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