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Alison Wonderland

Alison Wonderland

Titel: Alison Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Smith
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Babytragedinger, von denen man sagt, dass sie einem den Rücken kaputtmachen, wenn man sie zu oft benutzt. Als sich die Tür des Clubs hinter uns schließt, bekomme ich Angst und will umdrehen. Wir sind von totaler Dunkelheit und Stille umschlossen. Es ist aber nicht die Leere, vor der ich Angst habe. Dunkelheit ist nicht leer für mich, sie ist das Gegenteil der Leere. Es gibt Schichten und Schichten von Dunkelheit und komische Mustervon farbigem Licht geben ihr Tiefe und Struktur. Ein Raum kann im Hellen leer sein, aber die Dunkelheit füllt den Raum, umhüllt ihn und schafft Platz, wo sich die Dinge, vor denen du dich fürchtest, verstecken können. Dann fällt mir die Taschenlampe ein. Ich knipse sie an und fühle mich besser.
    Der Club von Tarons Freund ist heute Nacht nicht geöffnet, aber andere, die ganz in der Nähe sind. Während ich mich an unsere Umgebung gewöhne, höre ich ganz schwach Musik und bilde mir ein, sogar das Vibrieren der Bässe fühlen zu können. Wir bewegen uns langsam weiter.
    »Wo lang?«, zische ich Taron zu. Ich laufe vorneweg, weil ich die Taschenlampe habe und sie das Baby.
    »Lauf einfach weiter. Wir biegen irgendwann rechts ab. Folge der Musik«, sagt sie mit normal lauter Stimme, die mich in der Stille jedoch zusammenzucken lässt.
    »Pssst, du weckst Phoebe auf«, sage ich genervt. Aber darum geht es natürlich nicht. Ich hasse die Art, wie sie die Situation scheinbar in die Hand nimmt. Wir schleichen langsam weiter. Am Anfang laufe ich vornübergebeugt, weil ich Angst habe, mir den Kopf anzustoßen, aber nach und nach richte ich mich wieder auf. Der Tunnel ist ziemlich hoch, mindestens zehn Fuß und vielleicht sechs Fuß breit. Es ist trocken und riecht erdig und kalt, genauso wie in einem Keller. Die Taschenlampe streift beim Laufen das Mauerwerk. Die Musik wird lauter.
    »Die Musik wird lauter«, sage ich zu Taron.
    »Wenn wir die falsche Abzweigung nehmen, laufen wir direkt in einen S&M-Club hinein«, kichert sie. »Ich glaube, heute Abend läuft ›Ledersex‹ im Dungeon.«
    Wir laufen in derselben Richtung weiter, aber die Musik wird leiser. »Nicht mehr lang jetzt«, sagt Taron. Wir erreichen einen Tunnel, der von elektrischem Licht schwach beleuchtet ist. »Hier«, sagt sie triumphierend, als wir drei rote Türen vor uns sehen.
    Ich versuche es mit dem Türgriff der ersten Tür, sehr langsam, weil ich sicher bin, dass sie sich nicht öffnet. Erstaunlicherweisetut sie es aber. Die Tür öffnet sich und dahinter befindet sich eine saubere, funktionale Toilette. Die zweite Tür ist verriegelt. Hinter der dritten Tür ist ein kleiner Raum. Jeff sitzt allein in ihm. Er sitzt auf einem Küchenstuhl, ist aber nicht gefesselt. Er hat einen blauen Fleck auf der Wange und einen Schnitt in der Lippe. Er sieht sehr müde aus. Ich renne auf ihn zu, lege meine Hände auf sein Gesicht, dann schlinge ich meine Arme um ihn und drücke ihn ganz fest. »Was haben die mit deinem Gesicht gemacht?«
    »Sie haben mich geschlagen.«
    Ich nehme seine Hand und ziehe ihn hinter mir her. Ich sollte vorweg gehen, weil ich die Taschenlampe habe, will aber Jeff festhalten, also gebe ich Taron die Taschenlampe, lasse sie vor und wir schleppen uns weiter. Sie ist ohnehin diejenige, die den Weg weiß.
    Wir laufen ungefähr zwanzig Minuten, bis wir merken, dass wir uns verirrt haben. Ich habe Jeffs Hand gerieben, auf eine, wie ich hoffe, beruhigende Art. »Alles in Ordnung mit dir, Baby?« flüstere ich ihm zu.
    »Ja«, ruft Taron und bleibt so plötzlich stehen, dass wir im Tunnel zusammenstoßen. »Bloß, dass ich mir nicht sicher bin, wo wir sind.« Sie streicht Phoebes Kopf und ich reibe Jeffs Hand und wir stehen da. Wie immer in so einer Situation, muss ich plötzlich pinkeln. Ich hätte die Toilette benutzen sollen, als ich die Möglichkeit dazu hatte.
    »Sie wussten, dass du kommen würdest«, sagt Jeff.
    Wir drängen weiter. Wir können die Musik aus den Clubs nicht mehr hören, aber da ist ein anderes, dröhnendes Geräusch. »Ist das die Themse?« frage ich Taron.
    »Ich glaube, das sind die Mönche.«
    Da ist ein Leuchten vor uns in den Tunneln. Das Leuchten kommt von einem Fenster. Oder eigentlich ist es mehr eine Durchreiche als ein Fenster. Es ist ein Loch ohne Glas zwischen diesem Tunnel und einem anderen. Wir halten an und spähen hindurch. Ungefähr zwanzig Mönche in safrangelben Gewändern sitzen im Kreis in einem runden Raum, von Kerzen beleuchtet. Sie trommeln. Der Klang ist

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