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Alison Wonderland

Alison Wonderland

Titel: Alison Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Smith
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nicht respektieren und mich nun ausmustert zugunsten des unerreichbaren Mädchens aus dem Patentbüro.
    Ich bin mir nicht sicher, ob in unserer Beziehung immer noch Platz für spröden Humor ist. Doch trotzdem habe ich, als ich heute Morgen gelesen habe, dass zehn Frauen eines modernen Formationstanzclubs im Alter zwischen sechzig und achtzig von den Leuten eines vorbeifahrenden Dampfzuges gerettet wurden, als sie auf einem Wanderurlaub in den North-Yorkshire-Mooren in einem Moor versunken waren, diese Geschichte ausgeschnitten und auf einer Postkarte an Jeff geschickt.
    Ich kann von Tarons Wohnung aus arbeiten, wenn ich Nachforschungskram am Telefon erledigen muss, aber ich lasse das Baby bei ihr, wenn ich verdeckt in ein Büro auf Zeitarbeit gehe – »Reizarbeit« nennt Taron das, weil sie sagt, dass ich mein Schicksal ausreize, indem ich einen so scheußlichen Job mache und dass ich eines Tages aufwachen werde und mir bewusst wird, dass das mein wirkliches Leben ist. Sie geht abends oft aus, um Kontakte zu knüpfen und ihre Freundschaften mit den Leuten aus ihrem Adressbuch aufzufrischen. Das Buch wieder durchgeblättert zu haben, als wir es aus dem Banktresor geholt hatten, scheint eine tiefgreifende Wirkung auf sie gehabt zu haben. Ich glaube, sie dachte, dass sie ihr altes Leben hinter sich gelassen habe, aber als sie zurückblickte, merkte sie, wie viel Spaß sie hatte. Sie redet darüber, eine Clubnacht auf die Beine zu stellen und das zu vermarkten,um ein bisschen Geld für Phoebe reinzubringen. Was das allerdings damit zu tun hat, dass sie jede Nacht ausgeht und bis zum Morgengrauen tanzt, weiß ich nicht so genau. Sie wird die Clubnacht »Zitronen-Mohn« nennen, denn sie sagt, wenn man Zitronenmuffins mit Mohn isst, dann reagiert der Urin positiv auf Betäubungsmitteltests. Also, ich bin eigentlich genauso alt wie Taron, aber ich glaube, ich bin langsam zu alt für das alles.
    Ich koche für Taron, aber sie fliegt so oft aus und kann nicht zum Essen bleiben, also esse ich im Moment für zwei und das macht mich dick um die Hüften. Taron besteht vehement darauf, dass wir Phoebe mit unverarbeiteten Nahrungsmitteln großziehen müssen, hat aber fast nie die Zeit, das Essen für sie zuzubereiten, also mache ich es.
    »Kann jetzt nicht bleiben«, schreit sie, während mein Essen auf dem Herd wie Schwefel nach oben spritzt. »Ich bin dabei, einen neuen PR-Berater auszuchecken.«
    Tarons Freunde kommen selten hier vorbei, aber das macht mir nicht allzu viel aus. Wenn man einen ganzen Raum mit ihnen füllen würde, könnte man sehen, woher die Statistiker ihre Zahlen und Fakten haben. Einer von fünf ist schwul, einer von acht ist bereits mit dem Gesetz in Berührung gekommen, siebenundneunzig Prozent nehmen Drogen (die restlichen drei Prozent lügen). Mir macht es nichts aus, zuhause auf Phoebe aufzupassen, aber ich fühle mich manchmal einsam. Ich kann nichts spontan unternehmen, wie ins Kino gehen oder mich mit Freunden auf einen Drink treffen und das frustriert mich und macht mich hilflos. Ich könnte genauso gut am Fenster stehen und wieder nach meinem Ehemann Ausschau halten.
    Es fühlt sich so an, als wäre ein Teil der Freude aus meinem Leben verschwunden, aber auch, als wäre es egal. Denn das, was verschwunden ist, ist die oberflächliche, egoistische Art des Glücklichseins, die man vom Ausgehen oder Betrunkenwerden kennt. Sie wurde ersetzt durch ein größeres, tieferes Gefühl von Glück, weil ich jetzt Phoebe habe und weil ich sie sehr, sehr liebe. Abgesehen vom Dekorieren von Phoebes Gitterbett mit Knoblauch, Schlüsselnund roten Schleifen, damit sie vor der anderen Welt geschützt ist, scheint Taron ihr Interesse an Phoebe zu verlieren. Ich erlaube ihr, Schleifen unter Phoebes Bett anzubringen – nicht an den Stäben, falls sie sich in ihnen verwickelt – aber ich lasse sie sie nicht mehr an Phoebes Kleidern festbinden, denn das sieht dann zu sehr nach einem AIDS-Modestatement aus. Ich setze mich bei solchen Sachen immer durch, weil ich so viel Zeit mit Phoebe verbringe. Ich mag es, nach ihr zu schauen, sie auf dem Arm zu schaukeln, bis sie einschläft, sie anzuschauen, wenn sie schläft, mit ihr zu spielen. Mir ist vorher nie aufgefallen, dass man jemanden, um den man sich kümmert, mehr liebt als jemanden, der sich um einen kümmert.
    Ich erwähnte, dass ein Geschenk, das die Götter mir gemacht haben, ist, dass mein Make-up die ganze Nacht über hält, ganz egal, was ich mache.

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