Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Verhältnissen, bezeichnete sich aber inzwischen als Hofritter des Königs von Kastilien.
Doch was war nur mit ihm geschehen, dass er sich - einzig mit einem schwarzen Wolfsfell bekleidet - vor den Toren der Burg herumtrieb und die Kinder erschreckte?
Über das Alter für solche Streiche war er doch längst hinaus!
„Sag, ist Vidal verrückt geworden?“, raunte sie Raymond-Roger zu, als er sich wieder zu ihr gesellte. Nur mühsam konnte der Trencavel das Lachen unterdrücken.
„Ja, verrückt“, flüsterte er ihr ins Ohr, „und zwar nach Jordans Frau! Sieh nur, wie er sie anhimmelt! Er kann kaum die Augen von ihr lassen! Nun, hab ich dir zuviel versprochen, meine Liebste? Hier auf Cabaret gibt es Kurzweil und gute Laune!“
Inés warf ihrem Gemahl einen zweifelnden Blick zu. War der sonderbare Humor des Troubadours am Ende ernst gemeint? Er war nicht nur auf die Burg gekommen, um die Gäste zu unterhalten, sondern liebte die Wölfin wirklich?
Der Trencavel schenkte sich Wein nach, trank mit gierigen Zügen.
Inés beobachtete gebannt, wie sich Vidal - seltsam bleich und abgespannt - weigerte, sein schmutziges Fell abzulegen, obwohl die Mägde ihm saubere Gewänder brachten, und wie er, gestützt auf den Arm des Burgherren auf eine Bank stieg, um eine Rede zu halten, wie er sagte.
„Es ist bekannt“, hub der Troubadour spöttisch und mit jener glasklaren Stimme an, die ihm eigen war, „wie ritterlich und mutig ich bin, und da der HERR mich mit solchen Tugenden ausgestattet hat, sollte ich mich nicht unwürdig benehmen …“
Alles grinste. Hatte er das nicht gerade ausgiebig getan?
„Gar manch herrliches Turnier habe ich auseinandergesprengt, denn ich teile für gewöhnlich so tödliche Streiche aus, dass alle rufen …“ Der Troubadour hob die Brauen und sah auffordernd in die Runde.
„Seht, Peire Vidal!“, schallte es ihm wie aus tausend Kehlen entgegen.
„Genau“, sagt er zufrieden. „Seht, Peire Vidal!“ Mit diesen Worten drehte er sich einmal im Kreis, um sich von allen Seiten als Wolf bewundern zu lassen. Das schwarze glatte Fell schimmerte bläulich im letzten Strahl der Abendsonne, nur an der Schulter war es merkwürdig verschmiert. „Peire Vidal, der Schlachten und Turniere mehr liebt als der Mönch den Wein. Peire Vidal, der Frauendienst und Liebeshändel hochhält, der seiner angebeteten Wölfin zuliebe den Wolf spielt“, mit diesen Worten wies er auf Na Loba.
„Hier trinkt, Vidal! Auf Euer Wohl!“, Jordan von Cabaret zeigte keine Eifersucht, zumindest vor seinen Gästen nicht, ja, er reichte dem Troubadour mit einem Augenzwinkern sogar seinen eigenen Becher.
„Ich bilde mir nichts auf meinen Ruhm ein“, sprach Vidal, nachdem er sich bedankt und einen kräftigen Zug gemacht hatte, „und ich mag nicht von mir selber reden. Doch selbst meine erbittertsten Feinde verkünden, dass ich schon Hunderte von Rittern mit meinem Gesang zu Boden gestreckt habe – und deren Frauen lieben mich umso mehr!“
Die Kinder hüpften ausgelassen vor dem „Wolf“ herum. Die Wölfin jedoch lachte als einzige nicht. Ernst, und blass wie Vidal, saß sie am Tisch. Doch sie ließ kein Auge vom Troubadour.
Plötzlich - als er mit einem „O, meine schöne Freude …“ endete - griff er sich an die Brust, röchelte und sank, zum Entsetzen aller, langsam in sich zusammen.
Jordan, Peter und die Knechte sprangen hinzu, um ihn aufzufangen.
Die meisten klatschten, ob dieses außergewöhnlichen Auftrittes. Sie stutzten erst, als auch die Wölfin aufsprang und Brunissende schrie: „ Per Dieu , er ist tot, Vidal ist tot, seht doch, alles ist voller Blut! Schnell, rasch, bettet ihn auf die Bank!“
Mit vereinten Kräften legten sie den Troubadour auf den Rücken, und Na Loba sank mit einem Aufschrei neben ihm auf die Knie. Tränen liefen ihr über die Wangen.
„ El nom de Jhesu Crist , was ist mit Euch, Peire?“, rief sie wieder und wieder mit ihrer rauchigen Stimme, jedoch sie duzte ihn nicht. „Ihr blutet, mein Freund! Wacht auf!“
Na Lobas Stimme brach. Heftig schlug sie Vidal auf die Wangen, er solle zu sich kommen, drängte sie, flehte sie!
Irgendwann blinzelte Vidal und schlug die Augen wieder auf. Dann riss er sich mit einem lauten Stöhnen das Wolfsfell von den Schultern. Ein Aufstöhnen ging durch die Reihe der Umstehenden, als sie die tiefe Lanzenstichwunde sahen, die sich in der Nähe des Schlüsselbeins befand.
Na Lobas wegen hatte er sie sich auf der großen Jagd zugezogen, als
Weitere Kostenlose Bücher