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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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gegenständigen Blättern und goldenen Rippen auf blau eingefärbtem Linnen. Die Akazie, seit uralter Zeit ein religiöses Symbol, galt auch den Katharern als heilig. Alle Perfekten kannten die „Akazienhöhle“ von Ornolac, eingebettet in die grünen Hänge des Taruscer Gebirges, denn dort befand sich, gut verborgen hinter der mystischen Pforte, das größte Heiligtum ihrer Kirche: die goldene Kapsel mit den Geheimen Worten. Doch Ornolac war nicht mehr sicher, auch nicht die Höhlen von Ussat, Bouan und Lombrives, die seit langem für die Eingeweihten zu Orten der Begegnung mit der allmächtigen schöpferischen Essenz waren. Sie, Esclarmonde, würde nun dafür sorgen, dass der Montségur zum Leuchtturm des Katharismus wurde - und zu einem wirklich sicheren Ort für die katharischen Schätze.
    „Zuerst will ich mich aber nach Carcassonne begeben“, sagte sie zu Philippa, die den goldenen Faden auf der Rückseite vernähte. „Bis heute weiß ich nicht, ob Wilhelms Tochter aus Cahors befreit werden konnte oder nicht. Du kennst ja den jungen Trencavel. Hitzköpfig und eigenwillig, wie er nun einmal ist, hat er seine Spielleute nach Cahors geschickt. Seitdem bin ich in Sorge, nicht zuletzt des Katharers Pelfort wegen, den ich schriftlich um Hilfe bat.“
    „Dass der Erzbischof die junge Frau freiwillig herausgibt, kann ich mir nicht vorstellen.“
    „Das war ja auch gar nicht unser Plan, liebe Philippa“, entgegnete ihr Esclarmonde. „Wir dachten an eine List.“
    Philippa merkte auf. „Wie? Du steckst dahinter? Möge der Allmächtige verhindern, dass die Wellen hochschlagen und alles herauskommt. Im andern Fall ist Ramons Freilassung gefährdet! Der Bischof von Urgell wird sich auf die Seite des Erzbischofs von Cahors schlagen, und, wer weiß, vielleicht auch El Catolico. Ach, Esclarmonde, es zieht mir das Herz zusammen. Diese Sache mag mir gar nicht gefallen!“
    Esclarmonde nahm die Schwägerin in den Arm. „Deshalb sorge ich mich ja so. Andererseits denke ich heute nicht anders als damals. Menschen sollten weder ihres Glaubens wegen gefangen gehalten werden, noch zur Befriedigung erzbischöflicher Gelüste. Ich sage dir, Philippa, Bartomeu ist Lucibel, der Satan. Er ist der personifizierte Hochmut. Ach, wie sehr wünschte ich mir, dass es uns Katharern gelänge, irgendwann an die Stelle der römischen Kirche zu treten. Eine Kirche für Menschen - einzig gegründet auf die Liebe!“
    Philippa schüttelte den Kopf. „Deine kühne Hoffnung in allen Ehren, Esclarmonde! Sie wird sich nicht erfüllen.“
    „Du hast ja recht, Philippa, du hast recht! Es ist und bleibt ein Wunschtraum, es sei denn … Nun, mir geht das von Pedro anberaumte Kolloquium nicht aus dem Kopf. Vielleicht läuft es auf eine gegenseitige Anerkennung hinaus. Noch zeigt sich Innozenz einsichtig, noch kann man mit ihm verhandeln. Es könnte aber auch alles anders kommen.“
    Philippa legte den Stickrahmen zur Seite. Sie stand auf und trat an die steinerne Brüstung, um hinunter ins Tal zu schauen, wo die beiden Flüsse Arget und Ariège, die hier zusammenflossen, mit großem Getöse den Fuß des hohen Felsens umspülten, auf dem das Schloss stand. Sie drehte sich abrupt um. „Erinnerst du dich noch, Esclarmonde, damals nach den Auseinandersetzungen mit Aragón? Da gab es überall verwüstete Kirchen, verödete Dörfer, unzählige Räuberbanden, gottlose Söldner.“
    „Ich weiß, ich weiß. Man hätte die Söldner nicht fortschicken sollen, sondern mit ihnen ein Heer aufbauen ... Was rede ich da bloß? Ein Heer? Zerstörung? Hass?“ Esclarmonde schüttelte über sich selbst den Kopf. „Sieh dich um, Philippa! Die Welt lebt. Die Elemente, die Wälder, die Berge - sie haben eine Stimme, eine Sprache. Auch die Pflanzen haben Empfindungen, Gefühle. Ja, selbst die Sterne des Nachts - sie sind in Feuer gehüllte Geister, Wirklichkeiten!“
    „Und die verbannten Seelen kehren durch Läuterung zum Himmel zurück“, ergänzte die Schwägerin, als sie ihr Stickzeug wieder aufnahm. Vorsichtig zog sie das Linnen aus dem Rahmen. „Ach, Esclarmonde … das ist es, was ihr Katharer glaubt, nicht wahr?“
    Die Vizegräfin von Foix nickte stolz. „Die Läuterung vollzieht sich zunächst auf der Erde, dann von Stern zu Stern, durch die aufeinanderfolgenden Himmelfahrten und je nach dem Grad des Fortschreitens auf dem Pfad der Vervollkommnung.“
    „Von der Raupe zur Puppe?“
    „Von der Puppe zum vollkommenen Insekt, dem Schmetterling. Weißt du,

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