Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
mutig gewesen, eine Gabe, die in Montpellier nur der Vater zu schätzen gewusst hatte, der aber auch oft über ihre sonderbaren Fragen wie: „Weshalb bräunt die Sonne das Gesicht, wenn sie zugleich die Wäsche bleicht?“, schallend hatte lachen müssen. Zum Missfallen der Mutter hatte Alix im Winter, bei schlechtem Wetter, oft mit den Knechten und Mägden Trullo gespielt, das uralte Brettspiel des Gesindes, bei dem Bauern, Bettler und fahrendes Volk gegen Fürst, Ritter und Mönchsgesindel antraten, und in dem es darum ging, sich rechtzeitig „dünn zu machen“, bevor man in Gefahr geriet, alle Habe zu verlieren. Doña Agnès` Verbot, sich mit dem Gesinde gemein zu machen, hatte die Schwester allerdings nur so lange unterlaufen, als der Vater noch lebte. Nach seinem Tod dann … nun, da waren die Gebote gekommen, bittere Galle für die Kinder im Turm zu Montpellier.
Inés seufzte schwer.
Sofort ergriff der Trencavel ihre Hand. „Hab keine Angst vor all diesen Menschen hier, meine Schöne“, flüsterte er. „Ich bin an deiner Seite für immer und ewig! Ich liebe dich und schwöre dir ewige Treue.“
Der Schwarzen Jungfrau von den Tischen sei Dank, dachte Inés tapfer, Raymond-Roger liebt mich … Sie kostete von den in Honig eingelegten Feigen. Doch, diese schmeckten vorzüglich! Sie waren Gaston gelungen. Alix hätten sie auch gemundet …
Alix, immer nur Alix! Was war nur los, dass sie heute die Gedanken an die Schwester nicht loswurde?
16.
Nachdem Alix von der vorgezogenen Hochzeit in Carcassonne erfahren hatte, machte sich eine tiefe Traurigkeit in ihr breit. Des Tags gönnte sie der Schwester das Glück, obwohl eigentlich sie diejenige hätte sein sollen, die an der Seite des Vizegrafen Entscheidungen traf, Rat erteilte, den Haushalt und die Diener überwachte, nachts jedoch, nachts stieß sie sich das Messer der Eifersucht tief in den Leib, denn da sah sie Inés in Raymond-Rogers Armen liegen, dem Mann, der für sie bestimmt gewesen war.
Bartomeus Lüsternheit war am Abend nach der Eselsmesse auf ihrem Gipfel angelangt, als er ihr zuflüsterte, es viele Male mit ihr treiben zu wollen.
Er befummelte zuerst ausgiebig ihr „Rosengärtlein“ und führte ihr dann sein strammes Glied vor, das er oft und auf lächerliche Weise seinen „Minnedorn“ nannte. Nachdem er ihr in dieser Nacht auch voller Stolz von seinen Bastardsöhnen erzählte, für die er angeblich allesamt gut sorge, fasste sich Alix ein Herz, und sprach ihn auf den toten Säugling an.
„Wie konntet Ihr den Esel spielen, während neben Euch ein Kind starb? Habt Ihr denn keine Angst, dass der Zorn des Himmels Eure Stadt … mit einem Blutregen treffen könnte?“
Des Cahors` Stimme troff nur so vor Hohn, als er antwortete: „Du machst mir Vorwürfe, weil Rashid ein krankes Balg ausgewählt hat? Was ist in dich gefahren? Bist du unter all den Eseln einem Ketzer in die Hände gefallen, Gänslein? Vielleicht einem, dem ein Regenwurm heilig ist, weil sich die Seele seines Vaters darin befinden könnte?“
„Nichts dergleichen“, antwortete Alix - erleichtert, dass er nur spottete und nicht wieder zuschlug. „Wie sollte ich, eingeschlossen in Eurer Burg auf einen Ketzer treffen?“
„Nun, ein solcher würde sich dir wohl auch nicht zu erkennen geben“, sagte der Erzbischof abfällig. „Du hast nichts heiligmäßiges an dir, Gänslein, du bist eine Sünderin, wie Maria Magdalena, in deren Gemach du residierst.“
Er lachte meckernd. Dann kniete er sich vor ihr hin und betrachtete lüstern ihren Leib. „Weißt du, dass einige Häretiker behaupten, vom Nabel abwärts könne niemand sündigen? Sie predigen, die heilige Ehe selbst sei Hurerei und keiner könne in diesem Stand, selbst wenn er Söhne und Töchter zeugte, gerettet werden. Auch sagen sie, dass einer, der mit seiner Mutter oder Schwester schläft, nicht schlimmer sündigt als jemand, der mit einer anderen Frau schläft. Unter all den ungeheuerlichen Albernheiten ihrer Häresie behaupten sie sogar, dass diejenigen, die von einem Perfekten das Consolamentum erhalten hätten, des Heiligen Geistes wieder verlustig gingen, im Falle, dass der Perfekt eine Todsünde begeht.“
„Eine Todsünde?“
„Nun, indem er beispielsweise nur ein klein wenig Fleisch oder Käse oder von einem Ei oder einer anderen ihnen verbotenen Speise isst.“
Alix` Hoffnung wuchs, dass der Cahors über ein Glaubensgespräch seine Geilheit vergaß. Sie schlug entsetzt das Kreuz, zeigte sich dann
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