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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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ließ ihn vor guter Laune geradezu sprühen. Alix, die fromme Betschwester, wie er sie insgeheim abfällig nannte, weil ihre Zurückweisung seinen Stolz mehr verletzt hatte, als er es zugab, mochte mit einer schönen Rede gesegnet sein, Bücher lesen, Schach und die Laute spielen - seinethalben konnte sie in ihrem bigotten Kloster vertrocknen.
    Einen halbrunden blauen Mantel über den Schultern, der mit Hermelinstücken und wertvollen Stickereien versehen und am Hals mit einer Kette gehalten war, schritt der Trencavel zur Tat: Er nahm seiner Braut den goldenen Gürtel ab, womit er sie symbolisch in seinen Besitz überführte. Alles jubelte, als er das reichverzierte Lederband hochhielt, um es den Gästen zu zeigen, und wieder ertönten die Fanfaren. „Mit geziemendem Prunk“, wie es die Hofschreiber später notierten, heiratete der Vizegraf von Albi, Béziers und Carcassonne, Sénher des Razés und anderer Ländereien, Raymond-Roger Trencavel, im Februar des Jahres 1203 Inés von Montpellier.
    Nach den beiden Saïssacs trat Aaron vor die Brautleute hin, um sie zu beglückwünschen: „Masal tow“ , sagte er leise, bevor er sich tief verbeugte, „kol sasson we kol simcha, kol chatan we kol kala – Stimme des Jubels und Stimme der Freude, Stimme des Bräutigams und Stimme der Braut“, übersetzte er leise, das hagere Gesicht freudig errötet.
    Der Jude war für das Haus Trencavel seit Jahrzehnten unbezahlbar. Aaron schätzte seinerseits die zahlreichen Privilegien und Vorteile für seine Glaubensbrüder, die sich aus seinem Amt und seiner Vertrauensstellung als Kämmerer und Hofmeister ergaben. In Carcassonne, in Béziers, ja, in sämtlichen Ländereien des Hauses Trencavel unterstanden die Juden der unmittelbaren Jurisdiktion des Vizegrafen, während sie in anderen Ländern selbst für die Benutzung eines abgeschlossenen Kirchhofes oder eines eigenen Synagogenraums hohe jährliche Abgaben an die Bischöfe zahlen mussten, meist in Form von teurem Wachs, Ingwer und Pfeffer.
    Das Brautpaar bedankte sich und schritt feierlich in die Camera rotunda , den Prunksaal, wo das Festmahl stattfinden sollte. An einer Wand der tiefblau gestrichenen Halle - es handelte sich zugleich um den Ratssaal, in dem auch über das Wege-, Straßen-, Brücken- und Wasserrecht der Stadt disputiert, wichtige Regalien ausgehandelt und Dokumente unterzeichnet wurden - befand sich ein durchlaufender Fries mit herrlicher Malerei: Schlachtszenen zwischen den Franken und den Sarazenen, Zeugnisse der Waffentaten der stolzen Trencavel, turnierende Ritter beim Lanzenstechen, nebst ihren Knappen. Darüber, zwischen schönen gekuppelten Fenstern, hingen an waagrechten Stangen, prächtige Wappenteppiche.

    Unter dem Schwarm der hereinströmenden Gäste befand sich auch Doña Agnès.
    Erleichtert, dass die Mutter wohlbehalten eingetroffen war, wollte Inés sie zu sich auf die Estrade bitten, wo sich bereits ein Ehrengast nach dem anderen einfand, doch die Kastilierin reagierte nicht, ja sie sah sich kein einziges Mal nach ihrer Tochter um, sondern pirschte sich ziemlich auffällig an den König von Aragón heran, der gerade im Gespräch mit Esclarmonde von Foix war.
    Plötzlich - Inés kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus - richtete sie das Wort an ihn.
    Noch mehr verwundert war Inés dann, als gänzlich unverhofft Marie an Mutters Seite auftauchte, in Gold, Silber und Purpur gekleidet wie eine Königin.
    Inés konnte es nicht glauben. Welch eine Schmähung - ihr, der Braut und Stiefschwester gegenüber! Was war da nur im Gange?
    Siedendheiß fiel ihr ein, dass die Mutter seinerzeit Marie vor Raymond-Roger versteckt hatte, nur damit die dreiste Lüge nicht aufgedeckt wurde, sie sei mit Alix in ein Kloster gegangen. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis der Trencavel die schöne Marie entdeckte. „Sag, wer ist die junge Frau an der Seite deiner Mutter?“
    Inés unterdrückte ein Hüsteln. Als sie ihn unterrichtete, zitterte ihre Oberlippe.

    Endlich standen all die schweren Truhen, Kisten und Käfige mit den Geschenken vor der Estrade und die Gäste hatten Platz genommen. Von der beflaggten Empore herab kündeten Fanfarenbläser den Beginn des Festmahls an. Überwacht vom Truchsess, eilten gelb und schwarzgekleidete Pagen mit Krügen voller Wein von Tisch zu Tisch.
    Draußen, im Ehrenhof, waren weitere Tische für geladene Bürger aufgestellt worden, und sowohl der windgeschützte Platz, als auch die milde Februarsonne meinten es gut mit den

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