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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Schreiber, Verwalter, der Konnetable, der Siegelbewahrer und sein Kämmerer Aaron. Sie alle nahmen Raymond-Roger, wenn er in Carcassonne weilte, den ganzen Tag über in Beschlag. Heute waren sie beim Jagen ...
    Inés selbst hatte einzig Fabrisse an ihrer Seite. Natürlich gab es viele angesehene Edeldamen hier im Schloss und über die ganze Stadt verteilt: Die Gemahlinnen der Ritter und Vögte, doch mit denen war sie noch nicht warm geworden. Einige machten einen ängstlichen Bogen um sie herum, andere waren Katharer und blieben unter sich, wieder andere waren Inés zu liebedienerisch.
    Die einzige Unterhaltung am heutigen Vormittag war von einem jüdischen Händler mit langen Locken ausgegangen, der mit Wandteppichen, Kissen, Stoffen, weichen Fellen, Schaugeräten und allerlei buntem Kram gekommen war, um ihr Gemach aufs Feinste auszustatten, wie er sagte. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit hatte er ihr erzählt, dass es auf einem kleinen Markt in Zaragoza ein neues, wundersames Tuch gäbe, das pofus hieße und so sonnenhaft glänze, dass an seinem heißen Schein der Vogel Strauß Eier ausbrüten könnte, so ihm daran gelegen sei.
    Inés lachte. „Dafür müsst Ihr mir beim nächsten Mal den Beweis antreten.“
    Am liebsten hätte sie seinen kleinen Affen behalten, den er einzig mitgebracht hatte, „um die Herrin aufzumuntern“, wie er sagte. Das lustige Tier war zuerst auf Fabrisses Schulter, dann auf ihre gesprungen, hatte ihr frech das Schapel abgenommen, bevor es schreiend über sämtliche Truhen und Kisten gehüpft war.
    „Beim nächsten Besuch bringe ich Euch einen seltenen Vogel mit“, hatte ihr Issak versprochen ...
    Inés lief zum Spiegel hin, um sich das Haar zu kämmen. „Es läuft der König um den See“, rezitierte sie wie aus heiterem Himmel heraus, und dachte sofort an Alix, die ohne nachzudenken, die zweite Zeile des alten Kehrreims hätte aufsagen können, wenn sie hier gewesen wäre ... Ob es richtig war, dass Raymond-Roger seine Spielleute ausgeschickt hatte? Wäre es nicht viel besser gewesen, man hätte Soldaten nach Cahors gesandt? Oder wenigstens Peter von Cabaret, der ihr der Vernünftigste hier am Hofe schien?
    Der Klopfring schlug an. Fabrisse brachte ihrer Herrin einen Korb mit einer Auswahl feiner Speisen, um den Appetit anzuregen, denn Inés wurde immer schmaler.
    Hübsch, rotbackig, und wie ihre Herrin aus Montpellier stammend, schwatzte Fabrisse gerne wie ihr der Schnabel gewachsen war. Von ihr erfuhr Inés all das, was im Palatium gesprochen wurde. Das Wichtigste war ihr jedoch: Fabrisse war katholisch! Es gab nicht viele hier, die wochentags wie selbstverständlich mit ihr das „Oratorium“ aufsuchten, wie die kleine Marienkapelle, zwischen dem Palatium und dem Degré-Turm gelegen, genannt wurde. Raymond hatte für gewöhnlich zuviel zu tun, außerdem beschwerte er sich, dass der neue Hofkaplan salbadere. Derjenige, der ständig von Sünde spräche, sündige oft am meisten, behauptete er. Nun, Pater Hugo, ein langer, hagerer, sehr ernster Mann, mit weit vorstehenden Backenknochen und schneeweißen Händen, war tatsächlich ein wenig sonderbar. Er zählte wohl zu jenen, die man Eiferer schalt, doch er war bestimmt kein großer Sünder. Inés vertraute ihm.
    „Es wird endlich Frühling, Herrin“, sagte Fabrisse. Sorgfältig schnitt sie das Fleisch in kleine Würfel. „Seht nur nach draußen, die Ulme bekommt schon grüne Blätter! Und nun esst, Herrin, esst ...“
    Doch statt zuzugreifen, erinnerte sich Inés an den Frühling vor fünf Jahren, als es Alix nicht hatte erwarten können, dass die Bäume endlich im satten Grün standen. All die in den langen Wintermonaten ausgedachten Geschichten von unglücklichen Edeldamen, Abschiedsbriefen, erzwungenen Hochzeiten, vergifteten Pfeilen und Äpfeln, warteten darauf, selbst erlebt zu werden. So hatte sich Alix eines Morgens frohgemut die Trippen über die Schuhe gebunden - andernfalls wäre sie wohl im fast grundlosen Morast versunken, so stark hatte es in diesen Tagen geregnet -, und war, in einen härenen Umhang mit Kapuze gehüllt, mit großen Schritten auf den Burghof hinausgestakst, um nachzusehen, ob die Blattknospen nicht bereits aufgesprungen waren. Niemand erstaunte sich über ihre Unternehmungen. Alix war von Kindesbeinen an freiheitsliebend, ja oft wild gewesen. Sie liebte das Reiten und die Falkenjagd, die Schafe, Ziegen und Schweine auf der Burg, denen sie lustige Namen gab, wie Dickschwarte, Ringellöckchen oder

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