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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Neben ihnen, im Gras, die Lanzen der Piqueure sowie dicke Bündel von Pfeilen.
    Der feuchtkalte Nebel, der noch am Morgen wie ein Leichtuch über den Wiesen gelegen war, hatte sich längst aufgelöst. Es roch nach Frühling, das erste Blattgrün spitzte, die Sonne schien warm, und die Vögel zwitscherten. Die Laune aller hätte besser nicht sein können. Nur Saïssac machte sich größte Sorgen ...
    „Raymond, so versteh doch“, insistierte er, zum vertraulicheren Ton übergehend, „Du weißt, was für uns Katharer auf dem Spiel steht! Es geht nicht an, die ´Guten Leute` von Cahors zu gefährden, einzig, um eine Frau zu befreien. Esclarmonde war dir in diesem Fall kein guter Ratgeber, das sagt auch Bischof Simorre. Es heißt, Bartomeu besitzt das Wohlwollen des Papstes!“
    „Das mag er gerne haben, doch ich habe nicht die Pflicht, diesen Mann zu lieben!“, entgegnete ihm der Trencavel, jetzt ungehalten.
    Bereits am gestrigen Abend waren sie derart in Streit geraten, dass sich Inés schuldig gefühlt hatte und in Tränen ausgebrochen war.
    „Du willst mich nicht verstehen ...“
    „Jetzt beruhigt Euch endlich, Oheim. Villaine ist zur Vorsicht angehalten. Lebt Alix von Montpellier gerne in Cahors, wird sie eine Befreiung ablehnen; im anderen Fall trage ich ihr meinen Schutz an.“
    Der Vizegraf hatte kaum ausgeredet, als hinter seinem Rücken vergilbtes Laub raschelte. Als er sich umdrehte, vernahm er aus dem Unterholz heraus die kräftige Stimme Otho von Mirepoix`: „Vizegraf, die Hirsch-Leber mag hart werden, wenn sie nicht heiß gegessen wird!“
    „Himmel, was schleicht Ihr uns eigentlich hinterher?“, fuhr ihn Saïssac giftig an, „irgendwann wird Euch dabei ein verirrter Pfeil finden! Betet schon heute, dass er nur Euren werten Arsch trifft!“
    Der Trencavel bückte sich, um ein dürres Zweiglein aus seinen Beinlingen zu klauben. Otho sollte nicht sehen, dass er grinste. An manchen Tagen war die Leidenschaftlichkeit des Oheims einfach nicht zu zügeln. Dennoch ... der Mirepoix war mit Vorsicht zu genießen.
    „Ich bitte vielmals um Verzeihung, Sénher!“, sagte Otho mehrmals, mit rotem Gesicht und tiefen Verbeugungen vor Saïssac. „Es lag mir wirklich fern, Euch zu erschrecken!“
    Doch kurz darauf, als alle um das Feuer saßen, richtete er erneut das Wort an den Trencavel. „Wo bleibt denn heute die treffsichere Zunge Eures Spielmanns, Vizegraf, zumal er ein Freund der Wälder ist und sich sonst nie die Jagd entgehen lässt. Er ist doch hoffentlich nicht krank geworden?“
    „Aber nein!“ Der Trencavel setzte den Krug mit Wein ab, aus dem er gerade getrunken hatte, um ihn weiterzureichen. „Meister Villaine geht es gut. Er …“
    „… ist gestern auf sein Landgut geritten“, fiel ihm Peter von Cabaret unfein ins Wort.
    Der Trencavel stutzte. Was nahmen sich seine Vögte heute nur heraus? Villaine war nicht nach Dérouca geritten, sondern … Ein Verdacht stieg in ihm auf. Verdammt! Otho, dieser neugierige Hund! War er dabei, ihn auszuhorchen?
    „Seine Mutter soll auf dem Sterbebett liegen“, ergänzte rasch Saïssac, und warf seinem Neffen einen warnenden Blick zu.
    „Ach, Villaines Mutter lebt auf Dérouca ? Wer hätte das gedacht!“ Otho von Mirepoix, das Kinn glänzend vom Fett der Hirschleber, griff gierig nach einem weiteren Stück und biss hinein. Plötzlich fluchte er unchristlich, wälzte die Leber im offenen Mund herum und wedelte dabei mit beiden Händen. „Jetzt habe ich mir doch die Zunge verbrannt!“
    „Die Zunge verbrannt?“ Peter von Cabarets Stimme klang hämisch. „Sag lieber, du hast das Maul zu voll genommen! Endlich verstehe ich auch den Grund für deinen Austritt aus dem Kloster: Die Schweigepflicht!“
    Alles lachte.
    Dem Trencavel jedoch war es beim Stichwort „Kloster“ wie Schuppen von den Augen gefallen. Otho von Mirepoix war, bevor ihn Bischof Bérenger nach Carcassonne brachte, Cellerar gewesen, und zwar in einem Kloster, das sich unweit der Stadt Cahors befand.

    Warten. Warten. Warten. Ihre Geduld wurde wahrhaftig auf eine harte Probe gestellt, dachte Inés ärgerlich, als sie gelangweilt in einem der kostbaren, bemalten Breviere herumblätterte, die man ihnen zur Hochzeit geschenkt hatte. So einsam hatte sie sich das Leben in Carcassonne nicht vorgestellt.
    Für fast alles wurde gut gesorgt. Da waren der Oheim, Peter von Cabaret, sein Bruder Jordan, dann die Ritter von Termes und Minerve, beides treue Freunde aus Raymonds Jugendzeit, seine

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