All die alten Kameraden: Kriminalroman aus der Eifel (Opa Berthold) (German Edition)
du das nicht auf den Schrank? Würde dem Zimmer guttun – ich meine, so designmäßig.«
Gustav schüttelte den Kopf. »Ich benutze dieses Gerät, um guten Kaffee zu machen – nicht als Ausstellungsstück.«
»Puh«, meinte Benny. »Dieser Mann hat kein Romantikproblem.«
»Eher nicht«, murmelte Gustav und fuhr fort, den Kaffee mit ruhigen, kreisenden Bewegungen zu zermahlen. Seine Hand bewegte sich in einem unbeirrbaren, seit Jahrzehnten konstanten Rhythmus. Es ging ein wunderbarer Duft von der hölzernen Schublade aus, die sich langsam mit sehr feinem Kaffeepulver füllte. Es war nun schon mehr als siebzig Jahre her, dass sein Großvater ihm gezeigt hatte, wie man mit dieser Mühle aus den dunklen Bohnen jenen aromatischen Staub bereitete, der den kleinen Gustav von Beginn an so fasziniert hatte. Besonders spannend wurde es, wenn die Oma das Pulver in den Filter gelöffelt hatte und dann aus dem Pfeifenkessel das kochende Wasser darübergoss. Erst nur ein wenig, sodass sich auf dem Pulver eine kleine Pfütze bildete, aus der ein seltsamer Schlamm wurde. Dann wurde der Filter bis zum Rand gefüllt. Und bald begann auch schon die schwarze Flüssigkeit in die darunterstehende Kanne zu tropfen. Spätestens jetzt war der ganze Raum von jenem wundervollen Duft erfüllt. Gustav hing seinen Gedanken nach, dachte an seine Enttäuschung, als er das erste Mal Kaffee probieren durfte, wie sich das traumhafte Aroma, welches seine Sinne durchflutete, beim Trinken in harte Bitternis verwandelte. Oder daran, dass er die Kaffeemühle an sich genommen hatte, als seine Großeltern wenig später kurz nacheinander starben. Und an den amerikanischen Offizier, der vor dem Haus der Großeltern angehalten und dem er, ein kleiner, schmutziger Junge, eine Tasse Kaffee angeboten hatte.
Gustav spürte, dass die Bohnen jetzt allesamt sehr fein vermahlen waren, und schaute auf. »Erzählt mal was.«
Lorenz begann unvermittelt zu sprechen: »Ich möchte euch in der Tat etwas erzählen. Mag sein, dass ich Hilfe brauche.«
»Opa Bertold hat Geheimnisse«, grinste Benny. »Ich wusste es immer.«
Gustav entleerte die mit gemahlenem Kaffee gefüllte Schublade der Mühle in den Filter. »Lass ihn in Ruhe sprechen, mein Junge.«
Lorenz fuhr fort: »In diesem Hause gehen merkwürdige Dinge vor sich. Ein uralter Knilch im Rollstuhl hatte ein recht seltsames Gespräch mit einem anderen Kerl. Es ging um Amerikaner und ich weiß nicht was für Leute, die hier ein Ding drehen wollen. Da ist etwas im Gange, und es wird von hier aus gelenkt.«
»Von welchem Hausbewohner sprichst du?«, fragte Gustav und goss eine winzige Menge heißen Wassers auf das Kaffeepulver. »Es kann sich nur um den alten Dr. Busch handeln«, meinte Benny. »Das ist ein ziemlich reicher Knabe. Geschäftsmann. Alter Dürener Geldadel.«
»Der hier unsere gute Eifler Luft verpestet«, knurrte Gustav und goss den Filter nun randvoll.
»Was haltet ihr denn nun davon?«, fragte Lorenz. »Was ist zu tun?«
»Ist doch klar«, meinte Benny. »Wir melden das der Polizei!«
Gustav stellte drei Tassen auf den Tisch. »Was willst du melden?«
»Genau«, sagte Lorenz. »Da gibt’s im Moment noch gar nix zu melden. Verschwörung im Altenheim – dass ich nicht lache! Wenn ich das melde, erreiche ich nur die Eingruppierung in eine höhere Pflegestufe.«
»Es gibt Schlimmeres«, grinste Benny. »Dann nehmen sie dir das Rasierzeug ab, und ich komme jeden Morgen um sechs Uhr zum Waschen. Komplett – und dazu bringe ich eine nette Kollegin mit.«
»Ich befürchte, darauf wird unser Lorenz noch eine ganze Weile verzichten müssen«, meinte Gustav. »Solche Nettigkeiten kommen einem erst dann zu, wenn man sie nicht mehr zu schätzen weiß.«
»Was also?«, fragte Benny.
Lorenz schaute in die Runde und hob seine Augenbrauen. »Wir werden Augen und Ohren offen halten. Du, Benny, kommst vielleicht am unauffälligsten an den alten Knaben heran.«
»Aber ich habe mit dem wenig zu tun. Die Schwimmübungen im Hallenbad für die ganz Alten und Behinderten betreue ich mit – aber da ist der alte Busch nicht dabei.«
»Wir werden Mittel und Wege finden«, meinte Lorenz. »Wir sollten erst mal einen guten Kaffee trinken«, versetzte Gustav und schenkte ein.
»Hm, das duftet ja unglaublich«, staunte Benny. »Was ist das?«
»Äthiopischer Wildkaffee, eine Urform des Plantagenkaffees, von dem jedes Jahr nur ein paar Säcke geerntet werden«, antwortete Gustav und trank einen kleinen Schluck.
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