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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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löste sie wieder auf.
    »Möglich aber schon.«
    Da er von der Polizei war und als Kunde wohl kaum in Frage kam, sagte sie bloß: »Vielleicht.«
    Jury sagte: »Mariahs Tante wusste das mit Stacy Storm auch nicht. Mariah hielt ihre beiden Identitäten strikt voneinander getrennt.«
    »Wissen Sie, ich hatte immer das Gefühl…«
    Jury spürte, dass nun gleich so etwas wie ein bedauernder Rückblick kommen würde.
    »… sie macht sich über irgendwas Sorgen, irgendwas bedrückt sie. Ich hab sie auch gefragt, sie wollte aber nie was sagen. Ich
glaub aber nicht, dass er dran schuld war, falls was nicht stimmte. Der nicht – der war wirklich so großzügig.« Sie seufzte. »Stacy war immer ein bisschen mysteriös, nicht?«
    Es wurde nicht erwartet, dass er darauf antwortete. »Hat er ihr das Saint Laurent-Kleid gekauft, das sie trug, als sie starb?«
    »Der hat bestimmt alles gekauft.«
    Yves Saint Laurent befand sich an der Upper Sloane Street, ebenso Jimmy Choo. Jury stand auf. »Ich danke Ihnen sehr, Rosie. Sie waren wirklich eine große Hilfe. Eventuell möchte ich noch mal mit Ihnen reden.«
    »Na gut«, sagte sie, stand auf und ging betrübt mit ihm zur Tür. Sei es über den Tod ihrer Freundin oder wegen seines Abschieds oder wegen beidem; als hätte er Stacy dabeigehabt und nähme sie nun wieder mit.
    Im Flur gab er ihr seine Karte und bat sie, sich zu melden, falls ihr noch etwas einfallen sollte.
    Er blickte auf sie hinunter – Rosie Moss, in ihrem Kleidchen mit den Zuckerstangenstreifen, ihren Puschelschlappen und den Kleinmädchenzöpfen. Als er spürte, dass ihm zum Weinen war, wandte er sich zum Gehen.

17. KAPITEL
    Bei Jurys Eintreten ertönte der Türsummer. Eine Verkäuferin in einem umwerfenden schwarzen Wickelkleid kam auf ihn zu. Das Kleid würde an Phyllis hinreißend aussehen, aber was würde das nicht?
    »Sir?« Ihr Lächeln ging übers ganze Gesicht, verflog jedoch, als er ihr seinen Dienstausweis zeigte. Sie sah plötzlich aus, als hätte er ihr gerade eine Ohrfeige verpasst.
    Als Jury lächelte, war aber alles wieder gut, die Wogen hatten sich geglättet. »Ich muss Ihnen nur ein paar Fragen stellen …?«
    »Ondine …«
    Arbeitete sie etwa auch für Valentine’s, mit so einem Namen?
    »… Overalls.«
    Nein. »Miss Overalls …« Er biss sich auf die Lippe, um nicht zu schmunzeln.
    »Einfach Ondine.«
    »Ondine. Danke. Ist das hier das Hauptgeschäft von Yves Saint Laurent in London?«
    »Natürlich. Wir sind ja keine Kette.« War bloß ein Spaß , sagte ihr rasch aufgesetztes Lächeln.
    »Ah. Ich interessiere mich für ein Kleid, das diese Frau hier gekauft hat …« Jury zeigte ungern Obduktionsfotos, alle anderen hätten jedoch eine völlig andere Mariah Cox gezeigt. Es war dem Fotografen gelungen, dieses hier etwas zu retouchieren, damit sie, nun ja, nicht ganz so tot aussah.
    Ondine griff nach einer schmalen Brille mit Metallrahmen und setzte sie auf. Den Kopf über das Foto gebeugt, nickte sie.
»Ja, ich erinnere mich. Ich hielt sie für ein Fotomodell, so, wie sie sich bewegte. Sie sah wunderbar aus in unseren Kleidern.«
    Sie deutete auf die Schaufensterpuppen, die wie an der Reling eines Luxusdampfers zusammenstanden und blindäugig zusahen, wie die Küste irgendeines Landes hinter ihnen zurückblieb.
    Ondine sah selbst wie ein Model aus: das Make-up in Creme-Partikelchen aufgetragen, grauer Puder mit einer weichen Bürste über die Augenlider gestäubt, die Lippen sorgfältig nachgezogen.
    »Ist sie… ist sie tot?«
    »Ich fürchte, ja. Sie wurde erschossen.«
    Ondine schaute etwas erschrocken im Raum umher und dann zu den Schaufensterpuppen hinüber, als könnte etwas von der Schuld an ihnen haften bleiben. Dann besann sie sich, hielt die Hand an die Brust und nahm einen tiefen Atemzug, dann noch einen. »Ja, es ist eins von unseren. Die Arme, sie wird es nie wieder tragen.«
    Jury schmunzelte unmerklich: So ließ sich Wohlleben also kurz zusammenfassen.
    »Wann war sie hier?«
    »Das war … Dienstag vor einer Woche. Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Sie probierte einige Kleider an und sah, muss ich schon sagen, in jedem einfach hinreißend aus. Das hier« – dabei schaute sie wieder auf das Foto – »war das beste von allen. Na ja, kein Wunder« – sie sah in dem unschuldigen und bis auf die Puppen leeren Laden umher – »bei dem Preis: dreitausendsiebenhundert Pfund.«
    Jury stieß einen leisen, anerkennenden Pfiff aus. »War sie allein?«
    »O ja, ganz allein. Sie

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