All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman
verdrückt, he?« Zu Mungo sagte er: »Meine Güte, kannst du das blöde Kätzchen nicht mal in Ruhe lassen?«
Dabei grinste er wölfisch. Das alles schien ihn nicht besonders zu jucken.
Ach, wie gern hätte Mungo zurückgegrinst. Wölfisch.
In ihrem braunen Wollmantel – viel zu heiß für dieses Wetter, doch den trug sie ja das ganze Jahr über – segelte Mrs. Tobias durchs Wohnzimmer. Sie würdigte Morris keines Blickes, merkte nichts und wollte auch nichts davon wissen, dass unter dem Sofa im Musikzimmer ausgestreckt noch eine schwarze Katze lag.
»Ich gehe dann, Mr. Johnson.«
Na, mach schon, dachte Mungo. Er konnte den nächsten Akt kaum erwarten.
Der ging unter gewaltigem Geschimpfe und Gefluche vonstatten. Harry hatte ziemliche Mühe.
Endlich machte sich Harry mitsamt dem Katzenbehälter davon. Mungo hüpfte neben Morris auf den Sitzplatz am Fenster. Sie sahen Harry im Lichtbogen der Außenlampe die Treppe hinuntergehen und dann im verschwommenen Licht der Straßenlaterne die Autotür öffnen, um die Transportbox zu verstauen, bevor er schließlich selbst einstieg.
Sie schauten zu.
Dann schauten sie sich gegenseitig hochzufrieden an, und es war fast ein Lächeln, hätte Gott es für richtig gehalten, Hunde und Katzen damit auszustatten.
Egal, dann summten sie eben einfach im Geiste einträchtig miteinander.
38. KAPITEL
Die junge Frau mit dem glänzenden, rabenschwarzen Haar stand in kurzem Rock und Highheels draußen vor der Polizeistation Snow Hill (fast direkt um die Ecke von der Stelle, wo Kate Banks umgebracht worden war, uuuhhh, wie grausig!). Sie kaute einen Kaugummi (den sie wegschmeißen würde, bevor sie sich mit ihrem Kunden traf, der Kaugummi hasste) und fragte sich, wieso sie der Polizei ihre Informationen eigentlich von sich aus geben sollte. Was hatten die Bullen denn für sie oder ihre Freundinnen getan, außer sie vielleicht mehr oder weniger direkt Nutten genannt? Sie schaute zu dem schwach erleuchteten Schild hoch, auf dem in schwarzen Lettern »Polizei« stand, und überlegte, ob es wirklich eine gute Idee war, hineinzugehen.
Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, hierherzukommen, wenn es nicht um Kate ginge. Die hatte sie nämlich wirklich gemocht. Kate war ein lieber Mensch gewesen, immer bereit, einem ein Mittagessen auszugeben oder Geld zu leihen oder sonst wie auszuhelfen. Ja, auf Kate konnte man sich verlassen.
Zuerst hatte sie es überhaupt nicht kapiert, dann aber schon. Außer ihr hatte sich auch niemand drum geschert. Und die dämlichen Bullen lagen natürlich völlig daneben, waren total schiefgewickelt, hatten nicht den blassesten Dunst und meinten, bloß weil es sich um einen Escort-Service handelte, müsse es einzig und allein um Sex gehen.
Sie wandte sich ab, als zwei von diesen Polizisten vor die Tür kamen und sie komisch anschauten. O Mann, dachte sie, kann man jetzt nicht mal mehr irgendwo kurz stehen bleiben, ohne gleich angemacht zu werden.
»Hallo, Schatzilein«, sagte der eine, schnuckeligere von beiden.
Der andere meinte: »Verzieh dich mal hier, Süße.«
Leck mich am Arsch , hätte sie am liebsten gesagt. Leck mich am Arsch und verpiss dich. Wenn ihr euren Mordfall mit runtergelassenen Hosen lösen wollt, dann bitte, ihr Arschlöcher.
Ätzend, wie sie da rumstanden und herglotzten. Weil sie aber nicht zu denen gehörte, die in einer unangenehmen Situation gleich einen Rückzieher machten, griff sie in ihr schmales Schultertäschchen aus silbrigen, wie Fischschuppen übereinandergelappten Scheiben, holte ihr Puderdöschen hervor und klappte es auf. Sich selbst brauchte sie nicht anzuschauen, Augen oder Lippen oder die schicke Frisur, die ein Vermögen gekostet hatte. Sie wollte bloß ihr Recht geltend machen, auf einer öffentlichen Straße zu stehen.
Die beiden Uniformierten mit ihrem leeren Grinsen im Gesicht schauten sie an, als wollten sie sagen: Ganz egal, wie gut du aussiehst, mit dir wollten wir sowieso nichts zu tun haben.
Wenn die wüssten! Wenn die bloß wüssten, was sie wusste. Ha, dann würde deren Karriere aber einen steilen Sprung nach oben machen, hoch bis zum Polizeihauptmann oder Inspektor oder sonst was. Wenn die wüssten, was sie wusste, wären sie gleich hier zur Stelle. Und würden ihr die Füße küssen.
Sie schaute auf die Uhr – klein, aus Platin, das Zifferblatt umringt von so Steinchen, die sie nicht kannte, sie wusste bloß, dass es keine Diamanten waren. Ein Geschenk von einem ihrer Kunden.
Sie konnte hier
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