Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
drei Monate jede Woche. Sie war immer nur am Wochenende in London. Jetzt weiß ich auch, warum. Weil sie ja außerdem, oder eigentlich in Wirklichkeit, eine andere Frau war. Mariah?«
    »Mariah Cox. Um zur Sache zu kommen, Mr. Santos, Sie waren
letzten Samstagabend auf einer Party bei einem Ehepaar namens Rexroth. Ist das richtig?«
    Er nickte. »Und jetzt fragen Sie sich natürlich, wie das mit Stacy zusammenhängt. Sie war dort mit mir verabredet. Ich wollte sie eigentlich abholen, aber ich hatte ja keine Ahnung, wo zum Teufel sie die Woche über steckte. Sie erzählte mir nie …«
    »Sie wussten also nicht, dass sie in Chesham wohnte?«
    »Nein, sie hat mir nichts davon erzählt.«
    »Als sie gefunden wurde, als Stacy Storm gefunden wurde, trug sie ein Kleid aus dem Yves Saint Laurent Geschäft an der Sloane Street. Und Schuhe von Jimmy Choo, ebenfalls Sloane Street. Haben Sie ihr solche Geschenke gemacht?«
    »Nicht nur solche Geschenke, sondern genau diese. Dieses Kleid und diese Schuhe. Es war eigentlich meine Idee. Sie sollte das Gefühl haben, keine andere Frau könne ihr das Wasser reichen. Stacy war ziemlich … ich weiß auch nicht …«
    »Sie war mit Ihnen bei den Rexroths verabredet, nicht wahr? Wie kommt es, dass sie im Black Cat war?«
    »Verdammt!« Beide Hunde hoben verstört den Kopf, blickten erst Santos, dann die beiden Fremden an, als überlegten sie, was sie von ihnen halten sollten. Sie legten sich wieder hin, als Simon Santos in ruhigerem Ton weitersprach. »Glauben Sie etwa, das habe ich mich nicht auch schon hundert Mal gefragt? Ich habe keine Ahnung.«
    »Keine Ahnung?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das Black Cat hat wohl zu ihrem anderen Leben gehört …« Er zuckte die Schultern. Dann beugte er sich vor und rollte, die Unterarme auf die Knie gestützt, das Whiskyglas zwischen den Händen. »Ich bin nie ganz schlau aus ihr geworden. Irgendetwas an ihr konnte ich nicht begreifen. Ich dachte mir, da war vielleicht noch jemand, ein anderer Mann. Was sie allerdings leugnete.«
    »Um welche Uhrzeit haben Sie die Party bei den Rexroths verlassen?«

    »Etwa um zehn, glaube ich. Als sie nicht kam und auch später nicht, hatte ich keinen Grund, noch dazubleiben.«
    »Sie fuhren zurück nach London? Hierher?«
    Santos wirkte etwas überrascht, dass Jury es überhaupt in Frage stellte. »Ja, natürlich.«
    »Damit meinte ich nur, ob Sie vielleicht irgendwo unterwegs Halt gemacht hatten, um etwas zu trinken, eine Kleinigkeit zu essen.«
    Santos schüttelte den Kopf, betrachtete die friedlich schlafenden Hunde. Dann sah er Jury fragend an. »Ich bin ganz schön dumm, nicht?«
    Wiggins musste schmunzeln. »Inwiefern denn, Sir?«
    »Liebe Güte, schließlich bin ich ein Tatverdächtiger!«
    Wieder wachten die Hunde auf und guckten beunruhigt.
    Mit einem Blick zu den aufgeregten Hunden lehnte er sich zurück und senkte die Stimme ein wenig. »Ein Tatverdächtiger ohne Alibi. Um auf Ihre Frage zu antworten: Nein, ich hielt nirgends an, um etwas zu essen oder aus sonst einem Grund. Ich kam direkt nach Hause, trank noch einen Schluck und ging nach oben ins Bett. Keine Telefonanrufe, nichts. Ganz allein.«
    So wie er es sagte, ohne Selbstmitleid, besaß seine Bemerkung eine gewisse pointierte Schärfe.
    Jury sagte: »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihnen Stacy sehr viel bedeutete? Diese Treffen … nun, dabei handelte es sich doch um mehr als bloß ein lockeres Arrangement.«
    Santos schaute zu dem Porträt empor, wandte den Blick dann ab. Er nickte zustimmend. »Um viel mehr. Zumindest von meiner Seite aus. Stacy – ich sagte ja schon, Stacy war schwer zu deuten. Sie war ausnehmend liebenswürdig, und womöglich habe ich ihre Liebenswürdigkeit fälschlich für Liebe gehalten.« Er hielt inne. »Mariah Cox, Stacys anderes Ich, wie war sie?«
    Jury erzählte Simon Santos über Mariahs in ziemlich festen Bahnen verlaufendes Leben, ohne Glanz und Glamour, ohne Saint Laurent, ohne die mit Schmucksteinchen besetzten
Schuhe, die bei Jimmy Choo die Wände säumten. Bobby Devlin ließ er allerdings weg.
    Dann stand er auf, machte Wiggins ein Zeichen. »Wir melden uns wieder, Mr. Santos. Es wäre uns sehr recht, wenn Sie eine Zeitlang in London blieben.«
    Simon Santos hatte sich bei Jurys Worten ebenfalls erhoben und stand, die Hände in den Hosentaschen, unsicher und etwas bekümmert da, direkt unter dem Porträt über dem Kamin. Jury konnte die Ähnlichkeit deutlich erkennen.
    Santos folgte seinem Blick.

Weitere Kostenlose Bücher