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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Harry nun einladend hervorzog.
    »Wie lange waren Sie bei den Rexroths?«
    Harry überlegte. »Etwa um neun bin ich hin, etwa um zehn wieder gegangen. Lange bin ich nicht geblieben, ich musste ja schließlich genügend Zeit einplanen, um Ihr Mordopfer zu treffen und umzubringen.«
    Jury konnte seinen Drang gerade noch unterdrücken, Harry vom Barhocker zu schmeißen. Leicht fiel es ihm nicht.

    Harry blies einen perfekten Rauchkringel. »Allmählich wird es langweilig. Sie glauben, jedes Frauenzimmer, das im Umkreis von dreißig Meilen von London ermordet wird, geht auf meine Kappe.«
    Jury zog die Flasche Burgunder herüber und starrte auf das Etikett (als würde er sich auskennen). »Kann jemand bezeugen, dass Sie unterwegs auf dem Rückweg nach Belgravia irgendwo Halt gemacht haben?«
    »Habe ich gar nicht. Ich war vor elf zu Hause. Das ist alles.«
    »Sie haben nicht im Black Cat vorbeigeschaut?«
    Harry runzelte die Stirn. »In Chesham? Nein, natürlich nicht.«
    »Sie waren also noch nie dort?«
    Harry seufzte. »Um Ihnen die Mühe zu ersparen, ein Foto von mir zu machen, damit Sie es herumzeigen können – oder eins aus meinem Haus zu stehlen: Ja, ich war schon mal im Black Cat. Im … März oder Anfang April. Lassen Sie mich eins sagen …« Sein Lächeln wirkte schadenfroh. »Das Motiv wird verdammt schwer festzumachen sein – ich meine nicht mein Motiv, denn ich habe sie ja nicht umgebracht und hatte folglich auch kein Motiv. Nein, Sie haben nicht ein, sondern zwei Opfer, stimmt’s? Das ›Glamour-Girl‹ vom Escort-Service und die unscheinbare Bibliothekarin.«
    »Woher wissen Sie das mit der Bibliothekarin?«
    »Nun, ich kann zufällig lesen.« Säuberlich faltete Harry die Klatschzeitung neben sich zusammen und schob sie Jury hin.
    Der sie, erneut irritiert, ignorierte. Stattdessen wandte er sich an Trevor, der vom gut besetzten anderen Ende der Theke herübergekommen war. »Schenken Sie mir irgendwas furchtbar Starkes ein, Trev.«
    »In Ordnung.« Trevor zog ab.
    »Diese junge Frau…«, sagte Harry, »… das ist jetzt alles aus den Daily News , deren peinlich genaue Recherchen über jeden Zweifel erhaben sind …«

    »Ach, halten Sie doch die Klappe, Harry. Danke«, sagte er zu Trevor, der ihm ein Glas Whisky von intensiver Farbe hingestellt hatte.
    Harry hielt, über Jurys Ansinnen schmunzelnd, aber nicht die Klappe. »In der Zeitung waren Fotos von ihr – eine schöne Frau, meinen Sie nicht auch? Und dann heute ein Foto, auf dem das hübsche Mädchen beträchtlich unscheinbarer aussieht. Als Bibliothekarin gearbeitet hat sie aber sicher nicht in dem Kleid, das sie auf dem Foto trug.«
    »Dann kannten Sie sie also nicht?«
    »Ich kannte keine von beiden.«
    »Mit wem waren Sie dann verabredet?«
    Harry schien perplex. »›Verabredet‹? Mit gar niemandem.«
    »Glauben aber die Rexroths anscheinend«, log Jury.
    Eingehend betrachtete Harry seine Zigarette. »Bin ich verantwortlich für jede Schnapsidee? Dann haben die sich eben geirrt.« Er blies wieder einen Rauchkringel.
    Dass die immer so perfekt waren, ärgerte Jury unsäglich.
    Dann sagte Harry: »Wir halten Verkleidung seltsamerweise immer für etwas Wohldurchdachtes.«
    »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    »Nein, das können Sie wohl nicht. Sie waren ja auch mit meinem Fall überfordert. Den konnten Sie auch nicht auseinanderklamüsern.«
    »In Anbetracht dessen, dass Sie ein notorischer Lügner sind, ist das kein Wunder. Es fällt schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen, wenn das – wie bei Ihnen – drei ergibt.«
    »Trevor …« Harry erhob dezent die Stimme. »Eine Flasche von dem Musigny. Sie wissen schon.«
    »Von dem habe ich eine schöne halbe Flasche.« Trevor kam herüber.
    »Keine ganze?«
    »Doch, schon, davon könnte ich eine abstauben, wenn Sie die extra hundert Pfund berappen wollen.«

    Harry wischte seine Zigarettenasche von der Theke. »Für meinen Freund hier ist mir nichts zu schade. Dann fahren Sie mal auf.«
    Harry investierte mächtig in Wein.
    »Wegen mir aber nicht«, sagte Jury und hielt sein Glas mit Whisky hoch, in dem bloß noch eine Träne übrig war.
    Harry fabrizierte wieder einen Rauchkringel. »Es geht immer bloß um Sie, was?«
    »Und ob.«
    »Also, erzählen Sie. Haben Sie es ausklamüsert?«
    »Was?«
    »Meine Güte, Sie haben wirklich die Aufmerksamkeitsspanne eines Flohs. Mungo hätte es inzwischen längst herausgekriegt.«
    Jury blickte um sich. »Ich weiß. Wo ist Mungo?«
    »Zu Hause, schwer

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