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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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vielleicht noch einen langen Weg vor sich.«

20. KAPITEL
    Am nächsten Morgen um halb elf stand Jury in seiner Wohnungstür und wartete auf das Trapp-trapp-trapp von Carol-Annes Tod’s. Diese Tod’s, hatte er von ihr erfahren (als ob es ihn interessierte), waren zurzeit total angesagt und obendrein stabil genug für die Arbeit. »Stabiles Schuhwerk« war für Carol-Annes Job bei Starrdust in Covent Garden aber wohl kaum vonnöten. Er ließ es auf sich beruhen.
    Trapp-trapp-trapp. Da kam sie.
    »Super! Warten Sie auf mich?«
    Bei dem zartgelben, auf einer Seite schulterfreien Sonnenaufgangs-Outfit würde wohl jeder auf sie warten. Die Tod’s entpuppten sich als spitze Halbstiefelchen. Wortlos hielt Jury ihr den Zettel mit der herzchenverzierten, unentzifferbaren Telefonnachricht hin.
    Sie nahm ihn. Ihre perlrosa Lippen bewegten sich, während sie die Wörter formte. Indem sie ihm den Zettel zurückgab, gaben ihm ihre aquamarinblauen Augen (heute früh Marke Sonnenaufgang über dem Meer) zu verstehen: »Da muss Jason her.«
    Und dann, klapper-klapper-klopp-klopp, die Treppe hinunter, so schnell sie konnte, bevor Jury auch nur sagen konnte: »Hiergeblieben!«
    Zurück in seiner Wohnung schmiss er den Zettel in den Mülleimer und setzte sich aufs Sofa. Vor sich auf dem Sofatisch hatte er neben seinem Teebecher das Foto von Mariah Cox ausgelegt, dazu den Schnappschuss von Morris, den Dora ihm aufgedrängt hatte, die Gästeliste der Rexroths und den groben Lageplan, den er von der Lycrome Road zwischen Black Cat und Deer Park
House angefertigt hatte. Für den kleinen Spaziergang hatte er zehn Minuten gebraucht.
    Erneut nahm Jury die Gästeliste zur Hand, merkte sich die anderen Namen der Männer ohne weibliche Begleitung und überlegte, ob von denen wohl einer schon Erfahrung mit dem Escort-Service von Valentine’s gehabt hatte. Simon Santos hatte zwar bereits zugegeben, dass er am Mordabend mit Stacy Storm verabredet gewesen war, aber trotzdem …
    Trotzdem gar nichts. Er griff nach dem Hörer und rief Wiggins an.
    »Wir treffen uns in einer halben Stunde bei Valentine’s Escorts, ja? Die anderen Männer auf der Liste, die Singles, mit denen Cummins, wie er sagte, schon gesprochen hat. Die waren den ganzen Abend von neun bis Mitternacht auf der Party, oder?«
    »Wieso interessieren Sie sich für die? Sie war doch mit Simon Santos verabredet.« In Wiggins’ Stimme schwang Skepsis mit.
    »Ich weiß.«
    »Er ist wirklich der Hauptverdächtige, Sir.«
    »Wenn er sie umgebracht hat, hat er sich ziemlich dumm angestellt, indem er nämlich seine Spuren nicht verwischt und auch nicht für ein richtiges Alibi gesorgt hat. Ziemlich dumm.«
    »Die meisten Mörder sind ziemlich dumm.«
    »Richtig. Wir treffen uns dort.«
    Vielleicht waren sie ja tatsächlich, wie Wiggins sagte, ziemlich dumm. Er ließ den Hörer auf die Gabel fallen. Er weigerte sich, den alten schwarzen Apparat gegen ein Telefon einzutauschen, das – wie Carol-Anne vorschlug – »Sie in der Wohnung mit sich herumtragen können«.
    »Ich gehe doch gar nirgends hin. Ich will kein Telefon in der Wohnung herumtragen. Ich will an einer Stelle sitzen und reden oder wenigstens stehen. Ich will nicht in der Küche Würstchen braten, während ich über einen Serienmörder rede.«
    Allein schon die Vorstellung davon machte ihn missmutig.
Er zog die Jacke von der Stuhllehne, griff nach den Schlüsseln und ging.
     
    Mrs. Blanche Vann war von ausgesuchter Freundlichkeit. Jury bezweifelte, dass allzu viele Escort-Service-Unternehmer Bananen und Kaffee anbieten würden, noch dazu Kaffee, der, man höre und staune, aus einer Cafetière stammte. Jury wusste nie so recht, wie lange man abwarten musste, bevor man den Siebeinsatz herunterdrückte. Er schätzte diese Gerätschaften nicht besonders und zog es vor, Kaffee aus dem Schnabel einer Kanne laufen zu sehen.
    »Danke, Mrs. Vann. Sie sind sehr freundlich.« Er ließ seine Banane auf dem Tischchen liegen, das sie zwischen ihn und Wiggins gezogen hatte. Wiggins hatte sich über seine bereits hergemacht.
    Jury sagte: »Ich habe mit Rose Moss gesprochen – oder Adele Astaire, wie sie sich nennt …«
    »So ein läppischer Name«, sagte Blanche Vann. »Ich sagte ihr, sie soll sich doch lieber einen anderen ausdenken.«
    »Das war Fred Astaires Schwester«, sagte Wiggins. »Hat den Sohn des Herzogs von Devonshire geheiratet.« Er zog die Schale an seiner Banane noch ein Stückchen weiter herunter.
    Jury fixierte ihn mit

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