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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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Teeservice nehmen?«
    »Natürlich. Ich gieße euch ein bisschen Limonade in die Kanne. Wollt ihr die Decke vom Sofa holen und auf dem Boden ausbreiten? Dann ist es wie ein Picknick.«
    »Phänomenal!« Sie verschwand, und Claire stieß ein helles, zauberhaftes Lachen aus, das so glücklich klang, dass Romily sie eingehender musterte. Sie sah tatsächlich gut aus. Vielleicht sogar noch besser als sonst. Irgendwie strahlend. Romily hatte sich sagen lassen, dass das vorkam.
    »›Phänomenal‹«, wiederholte Claire. »Was sie für einen Wortschatz hat! Ich weiß nicht einmal, ob meine Siebtklässler dieses Wort kennen.«
    »Sie liest viel«, sagte Romily, auch wenn Claire das bereits wusste. Posie war ihr Hauptgesprächsthema.
    »Ich hole das Teeservice für die Mädchen. Könntest du vielleicht die Kerzen auf den Kuchen stecken?« Claire wies auf den Kuchenständer, der sich auf der Arbeitsfläche befand. Der Kuchen war eine unglaubliche Kreation, ein hoher Gugelhupf, mit rosafarbenem Zuckerguss, der mit zarten rosafarbenen Blättchen übersät war.
    »Was für eine Art Kuchen ist es?«
    »Ein Angel Cake mit Rosenaroma im Zuckerguss.«
    Romily pulte ein Blättchen von dem Zuckerguss und probierte. »Gezuckerte Rosenblütenblätter? Die hast du aber nicht selbst gemacht, oder?«
    »Wir hatten letztes Jahr viele Rosen.« Claire verteilte geschickt warme Kekse auf einem Teller.
    »Ich hoffe, du hast sie nach Blattläusen inspiziert.« Romily holte die erste Kerze aus der Packung und steckte sie aufs Geratewohl oben auf den Rand. »Es war ein gutes Jahr für Läuse. Andererseits schmecken sie wahrscheinlich ganz gut. Von ihnen stammt Blatthonig.«
    »Das werde ich mir merken. Du kannst Kuchen mit Blattlausgeschmack zum Geburtstag haben.« Claire verließ die Küche, und Romily fragte sich, ob es sich bei der Bemerkung um einen liebevollen Witz oder um eine Spitze gehandelt hatte.
    Es war nicht so, als wären Claire und Romily einander fremd. Sie kannten sich schon seit Jahren. Sie waren zusammen zur Uni gegangen und Teil einer größeren, netten Clique gewesen. Im Laufe der Jahre hatten sich ihre Unifreunde natürlich feste Beziehungen zugelegt und lebten ihr Erwachsenenleben. Unter normalen Umständen hätte Romily wohl nur losen Kontakt zu Claire gehalten, genau wie mit anderen Leuten aus der Uni-Zeit. Man hätte die Status-Updates auf Facebook verfolgt – oder sich bei der einen oder anderen Hochzeit wiedergetroffen, man hätte sich nach dem Leben der anderen erkundigt, höflich genickt und sich dann mit dem Nächsten unterhalten.
    Doch da war die Tatsache, dass Claire mit Ben verheiratet war.
    Sie steckte die restlichen Kerzen auf den Kuchen, wahrscheinlich schiefer, als Claire es getan hätte. Durch die Glastüren zum Garten sah sie, dass es nicht mehr regnete und die Wolken sich aufgelockert hatten. Die Sonne kam durch. Sie schlenderte ins Wohnzimmer. Die Mädchen saßen auf einer Decke auf dem Boden und hatten die Tiere um sich herum aufgestellt. Claire goss rosafarbene Limo nade in ge blümte Porzellantassen. Posies Freundin saß, einen Seidenschal um die Schultern, adrett zwischen der Plüschgiraffe und dem Plüschlemur. Romily fiel auf, dass ihr die Schul uniform wie angegossen passte, im Gegensatz zu Posies, deren Pullover an den Ärmeln zu kurz war und ständig hochrutschte, sodass der Saum ihrer Bluse zu sehen war. Po sie hatte mittlerweile ein großes Loch am Knie ihrer Strumpf hose und trug außerdem einen großen Strohhut mit Bändchen, dessen Krempe breiter war als ihr ganzer Körper.
    »Lorna ist Schauspielerin«, erzählte sie ihrer Freundin und deutete auf den Teddybären im Ballettröckchen, »sie tritt in einem Theaterstück in London auf. Und Joe ist Astronaut, und Rita ist Köchin in der Schulkantine, aber sie dressiert außerdem Elefanten. Was möchtest du sein?«
    »Ähm. Eine Prinzessin?«
    »Prinzessin ist langweilig . Du kannst ein … Erzherzog sein. Und ich bin deine Frau, die Erzherzogin. Okay, möch test du einen Keks, Erzherzog?«
    Die Eingangstür öffnete sich, und drei Köpfe hoben sich in freudiger Erwartung. Posie sprang auf. »Ben!«, rief sie und rannte auf ihn zu.
    Er trug einen dunklen Anzug, hatte aber die Krawatte gelockert, und in den Händen hielt er eine gewaltige Schachtel in silbernem Geschenkpapier, die so groß war, dass sie ihm beinahe bis ans Kinn reichte. Frische Luft und Sonnenlicht strömten hinter ihm durch die Tür herein sowie der Geruch nach nassem Kies.

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