All unsere Traeume - Roman
Claire einmal vorgeschlagen hatte, Ben solle das Gleiche tun, selbst wenn er nicht auf den Rat hörte, bloß, damit ihr Vater sich gut fühlte, hatte Ben gesagt, er bekomme genügend Ratschläge von seinem eigenenVater, vielen Dank auch, und er würde lieber ungehäutet gebratene Igel essen, als noch mehr Rat einzuholen. Doch er hatte es fröhlich gesagt.
In der Küche hatte ihre Mutter bereits die Teekanne und Tassen herausgeholt und schnitt einen Kuchen an, der sich in ihrer Segeltuchtasche befunden hatte. Mit dem Tee hatte es Familie Hardy schon immer sehr genau genommen. Sie umarmte Ben.
»Erspähe ich da deine Marmelade, Louisa?«, fragte er. »Du musst Hellseherin sein. Ich habe das letzte Glas gerade heute Morgen geleert.«
Ben sah fix und fertig aus und hatte offensichtlich einen schwierigen Tag hinter sich. Er hatte weder gesimst noch angerufen, um sich bei Claire zu erkundigen, wie ihr Treffen mit Romily verlaufen war. Claire hatte sich schon Sorgen gemacht, doch jetzt war ihr klar, dass er einfach keine freie Minute gehabt hatte. Wahrscheinlich wünschte er sich nichts sehnlicher, als ausgiebig heiß zu duschen, um sich dann mit einer kalten Flasche Bier vor den Fernseher zu setzen. Doch er würde stattdessen Tee trinken und sich mit ihrer Familie unterhalten, weil er wusste, dass es Claire wichtig war.
Claires Herz quoll über vor Liebe zu ihrem Mann. Sie ergriff seine Hand und drückte sie, und er schenkte ihr ein müdes Lächeln. Sie konnte sich so glücklich schätzen, ihn zu haben.
Sie wollte ein Baby mit ihm haben, aber der Grund, weshalb sie überhaupt Mutter werden wollte, waren ihre Eltern. Sie hatte die ideale Kindheit gehabt, voller Trost und Gelächter und Liebe. Sie wollte ihrem eigenen Kind das Gleiche schenken.
»Mum, Dad, ich bin froh, dass ihr hier seid. Wir haben wunderbare Neuigkeiten.«
Ihre Mutter klatschte in die Hände. »Du bist schwanger, nicht wahr? Ich wusste doch, dass du zugenommen hast!«
»Wie ist es passiert?«, fragte ihr Vater. »Deine Mutter sagte, du würdest keine Eingriffe mehr vornehmen lassen.«
Bens Finger hielten die ihren fester. Sie klammerte sich an ihn.
»Wir verwenden eine … Surrogatmutter.«
»Was ist das denn?«, fragte ihrVater. »Ein neues technisches Verfahren?«
»Mein Gott«, meinte ihre Mutter. »Ihr macht was?«
»Eine Surrogatmutter ist nichts anderes als eine Leihmutter, was bedeutet, dass eine andere Frau das Baby für einen bekommt«, erklärte Claire ihrem Dad.
»Ihr lasst eine andere Frau euer Baby bekommen?«
»Mum, viele Menschen tun das. Das ist nichts Ungewöhnliches mehr.«
»Unnatürlich ist es, und nichts sonst.«
»Es gibt vergleichbare Fälle in der Natur«, widersprach Ben. »Zum Beispiel haben Ameisen und Bienen Königinnen, die den ganzen Nachwuchs produzieren, und die anderen Insekten kümmern sich darum.«
»Bei allem Respekt, wir sind Menschen, Benjamin. Keine Ameisen.«
»Mum«, sagte Claire. »So haben wir uns nun einmal entschieden. Wir sind glücklich darüber.«
»Wie wollt ihr eine Frau finden, die so etwas freiwillig mitmacht?«
»Wir haben sie schon gefunden.«
Ihre Mutter zog einen Stuhl hervor und setzte sich. »Das kommt so unerwartet. Macht ihr euch keine Sorgen, dass sie es behalten könnte?«
»Nein«, antwortete Ben.
»Machen wir uns nicht«, pflichtete Claire ihm bei. »Sie hat schon eine Tochter, und sie will keine Kinder mehr.«
»Das mag sie vielleicht jetzt sagen, aber sie wird anders denken, wenn sie das Baby sieht. Man kann ein Kind nicht neun Monate unter dem Herzen tragen und sich nicht verlieben. Es ist unnatürlich.«
»Mum …«
»Ich habe drei Kinder bekommen, Claire. Ich weiß, wovon ich spreche.«
»Und ich habe viel Recherche über Leihmutterschaft betrieben. Viele Leute denken, dass Leihmütter das Baby am Ende doch behalten wollen, weil ein paar Fälle in den Schlagzeilen waren, bei denen das vorgekommen ist. Aber Hunderte Menschen machen es jedes Jahr überall auf der Welt, und meistens verläuft es wunderbar. Es gibt Organisationen, die die Menschen unterstützen, Selbsthilfegruppen, alles.«
»Ihr macht es über eine Organisation?«
»Nein. Sie ist eine Freundin. Wir haben es selbst organisiert.«
Claires Mutter schwieg nachdenklich.
»Habt ihr denn einen Rechtsbeistand, falls es schiefgeht?«, fragte ihr Vater. »Unser Anwalt, Fredericks, er ist sehr …«
»Es wird nicht schiefgehen.«
»Und eine Adoption?«, meinte Claires Mutter. »Wäre es nicht
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