Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
glaub´ ich kaum.«
»Versuchen müssen wir es. Oder willst du deine Tochter nicht wiederhaben?«
»Doch, nichts mehr als das. Aber ...«
»Kein Aber!«, erwiderte Allan ruhig, jedoch mit bestimmender Stimme. Sie mussten diesen Tempel einfach betreten, sonst würden sie niemals herausfinden, was Giya zugestoßen war. »Uns bleibt keine andere Wahl. Also ... hinein ins Ungewisse.«
Sie durchtraten die große Tür, hinter der hoffentlich die Moags – und vor allem Hones Tochter – auf sie warten würden.
Enola hatte sich bändigen lassen. Ihr war nichts anderes übrig geblieben. Nachdem dieser Fremde sie an sich gerissen hatte, war sie ohne Ziel losgeprescht und hatte ihren Entführer von sich abwerfen wollen. Dieser hatte ihr mit Tritten unsanft bewusst gemacht, dass sie sich von ihm führen lassen sollte. Also hatte sie es getan – obwohl sie zu Allan zurückgewollt hatte, und es immer noch wollte. Doch von Allan war weit und breit keine Spur. Hatte er sie verlassen? Machte er sich überhaupt keine Sorgen um sie? Oder suchte er sie verzweifelt und konnte sie einfach nicht finden?
Nachdem sie diese fremde Welt betreten hatten, war er mit ihr in einem Nebelgebirge verschwunden, welches scheinbar seine Heimat war. Mehr als Gestein und Nebel war hier nicht zu sehen gewesen. Doch eine unheimliche, bedrückende Atmosphäre hatte sie umgeben. Vor Kurzem hatte er sich wieder auf sie geschwungen und ritt mit ihr in einen Wald – erst wirkte es so, als würden sie in den Piron-Wald reiten ... aber dem war nicht so. Hier kannte sie sich nicht aus, hier hatte sie Angst ... fürchterliche Angst. Enola war kraftlos und zitterte am ganzen Leib, brauchte einfach eine Pause. Doch wie es aussah, würde sie lange auf eine Ruhezeit warten müssen.
Wie erwartet befanden sich in diesem Tempel die Moags, welche die Fremden jedoch nicht bemerkten – noch nicht. Er war größer, als er von außen den Anschein gemacht hatte. Die Wände zierten rote und goldene Stoffe, auf denen merkwürdige Stickereien zu sehen waren, die scheinbar von der Geschichte dieser Welt erzählten. Ein schwarzer Teppich, der auf dem Steinboden ausgelegt war, führte zu einem Altar, an dem die Moags standen und auf einer Steinbarre lag ...
»Giya!«, rief Hone entsetzt, womit er die Unwesen auf sich aufmerksam machte. Ein Moag stand mit dem Gesicht zu ihnen gerichtet vor Giya und strich mit seinen Krallen über ihre Wangen – ohne sie dabei zu verletzen. Die anderen waren links und rechts um den Altar versammelt und blickten zu ihnen – zumindest hatten sie ihre Köpfe in ihre Richtung gedreht. Ihre Gesichter verbargen sie unter den schwarzen Kapuzen ihrer Mäntel. Vielleicht besaßen sie überhaupt keine Gesichter. Allan schauderte es bei diesem Gedanken. Wesen ohne Antlitze ... So etwas Abscheuliches hätten die Götter niemals auf die Welt gesetzt. Zugleich kamen ihm die Schattenwesen in den Sinn, gegen die er auf der Suche nach den Schwertern des Lichts gekämpft hatte. Nach den Moags waren sie die abstoßendsten Wesen, die ihm je unter die Augen gekommen waren. Die Götter hatten es zugelassen, dass solche Kreaturen sich in Tylonia breitmachen konnten. Wieso sollten die Moags dann nicht gesichtslos sein? Vielleicht hatten sie einst welche besessen und sie aus irgendeinem Grund verloren. Wie dem auch sei, Allan hatte keine Zeit, weiter über diese Angelegenheit nachzudenken. Er hörte stöhnende Geräusche aus den Kapuzen hervordringen. Sie schienen nicht erpicht darüber, die Fremden hier zu sehen. Doch dann blieben die leeren Häupter bei ihm hängen. Sie gaben ein erschrockenes Ächzen von sich, drehten sich gänzlich in ihre Richtung – und verbeugten sich. Sie fielen auf die Knie und verneigten sich vor Allan. Das hatte Noma also damit gemeint, dass die Moags anders reagieren würden, als sie dachten. Sie hielten ihn in diesem Moment für seinen ihm immer noch unbekannten Doppelgänger. Er sah die Gelegenheit gekommen, Giya hier heil rauszuschaffen. Doch so wie es aussah, war die Kleine nicht bei Bewusstsein. Er hoffte, dass sie lediglich ohnmächtig war.
»Allan, tu´ doch etwas!«, drängte ihn Hone. »Geh´ zum Altar und hol´ meine Tochter dort weg.«
Allan setzte langsam einen Fuß vor den anderen und ging durch die niederkniende Masse. Nur einer der Moags stand immer noch am Altar. Jener, der sich bei Giya aufhielt. Er strich ihr über das Gesicht, schien sie in seinen Bann ziehen zu wollen. Um ihren Kopf flimmerte ein blauer
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