Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
die Anhöhe, die sie entlang geritten waren, herunter, gefolgt von diesem dämlichen Gaul, welches anscheinend nie gelernt hatte, auf die Befehle seines Reiters zu hören. Er raffte sich schnell wieder auf, klopfte sich den Staub von seiner Kleidung und betrachtete das Pferd. Es hatte sich beide Vorderläufe gebrochen. Wie empfindlich es doch war. Während er so gut wie keine Blessuren von diesem Sturz davongetragen hatte, war dieser Gaul dabei, zu krepieren. Schade drum. Er hätte ihn schnell an sein Ziel bringen können. Jedoch war er es nicht wert, ihm eine Träne hinterher zu weinen. Er machte sich zu Fuß auf den Weg und ließ das sterbende Tier zurück. Es wieherte mit Leibeskräften, schien zu wissen, dass sein Ende gekommen war. Doch den Maskenträger interessierte es nicht. Wo war die Maske überhaupt? Er blickte sich um, entdeckte sie einige Meter vor sich im Gestrüpp hängen, holte sie sich und setzte sie wieder auf. Niemand durfte sie in seine Hände bekommen. Er brauchte sie, sonst würde sein Vorhaben misslingen.
Es war Nacht, als sie Okrai erreichten. Allans Schultern schmerzten. Korin wog nicht viel, doch bei einem Tagesmarsch machten sich selbst hundert Pfund bemerkbar. Da musste er an Enola denken. Wie leicht es gewesen wäre, sie auf dem Pferd in die Stadt zu bringen. Aber seine Stute war nicht da. Dieser Maskenträger hatte sie bei sich. Er hoffte, sie irgendwann wiederzufinden.
Nachdem sie das Eingangstor im Westen durchquert hatten, ließen Allans Kräfte nach. Er sank zu Boden und legte Korin ab.
»Was ist, Allan?«, fragte Sinalia immer noch schluchzend.
»Ich kann nicht mehr. Meine Schultern!«
»Ich werde jemanden holen, der sich um sie kümmert.« Sie verschwand in der Taverne, woraufhin sie mit einigen Männern wieder hinauskam. Es waren junge Burschen, kaum älter als Allan, doch waren sie körperlich besser in Form als er. Jeder Einzelne von ihnen hätte Korin tagelang auf seinen Schultern tragen können. So gut trainiert wäre Allan auch gerne. Er hatte das letzte Jahr viel geübt, jedoch hatte sein Körper nur gering an Muskelmasse zugelegt. Er war immer noch so schmächtig, wie zu dem Zeitpunkt, als er sich auf den Weg zur Prinzessin begeben hatte.
Sie begrüßten ihn mit einem Nicken und kümmerten sich dann um Korin. Er merkte, wie schwer es ihnen fiel, sie so zugerichtet zu sehen. Ohne Umschweife trugen sie die Frau in die Taverne, in der schon die Besitzerin mit Verbandsmaterial wartete. Scheinbar hatte Sinalia nicht erwähnt, dass sie nicht mehr lebte. Als sie Korin sah, begriff sie und stellte es auf einem Stuhl ab. Sie ließ sich auf eine Bank fallen und begann zu weinen. Einer der Männer fegte mit dem Arm einen der Tische ab. Gläser, Teller und Besteck fielen zu Boden und zersprangen klirrend. Sie legten die Tote darauf ab und begutachteten sie mit feuchten Augen.
»Sinalia«, begann einer. »Was ist geschehen? Warum war sie bei euch?«
»Sie war nicht mit uns unterwegs«, erwiderte sie keuchend. Scheinbar bekam sie durch ihr Weinen kaum Luft. Allan übernahm das Reden für sie.
»Wir haben sie auf dem Weg gefunden. Da war sie schon längst ... tot.«
»Aber wieso war sie euch gefolgt?«, wollte der zweite der Männer wissen.
»Ich weiß es nicht.«
Es dauerte nicht lange und alle Bewohner Okrais hatten sich in der Taverne versammelt und trauerten um die Tote. Kurz darauf stieß Arana zu ihnen und fragte: »Sinalia, wo sind Hone und Giya?« Ihr Blick strahlte Hoffnung aus, die jedoch schnell zerschlagen wurde.
»Sie sind ...« Sinalia atmete schwer ein. Diese Worte schienen ihr nicht leicht zu fallen, was Allan nachvollziehen konnte. Insgeheim war er froh gewesen, als er, nachdem er Xantos vernichtet hatte, Eorewyn vom Tod ihrer Familie berichten wollte, dass sie bereits das Diesseits verlassen hatte.
»Sie sind beide tot, Arana. Wir konnten nichts mehr für sie tun. Die Moags ...« Weiter kam sie nicht. Sie brach in Aranas Armen zusammen, welche mit ihr zu Boden sank.
Nun schweiften die Blicke der Bewohner zu Allan rüber. Scheinbar erwarteten sie eine Erklärung, die er jedoch nicht parat hatte.
Die Tür schwang plötzlich auf. Malon trat herein.
»Oh, mein Gott«, stöhnte er. »Korin. Mein liebes Kind. Wenn ich das gewusst hätte ...«
»Wenn du was gewusst hättest?«, fragte einer der jungen Burschen wütend, als dachte er, Malon hätte etwas mit Korins Schicksal zu tun.
»Ich ... Ich habe ihr gesagt, dass sie den dreien folgen
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