Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
Schädel hinein. Er schien zu schnuppern, denn seine Geräusche klangen wie das Schnüffeln eines Hundes. Hoffentlich witterte er keine weitere Spur, die ihn auf sie aufmerksam machen würde. Doch dann schwebte er fort und es folgte ihm niemand mehr. Sie ließen noch einen Augenblick verstreichen, ehe sie sich aus dem Spalt stahlen.
»Und jetzt schnell weg hier, bevor sie zurückkommen. Ich habe keine Lust, mich erneut mit ihnen anlegen zu müssen.«
Ohne ein Wort zu sagen, folgte Sinalia ihm. Wie sie sich wohl fühlte, nach dem Verlust, der sie ereilt hatte? Er konnte und wollte es sich nicht vorstellen. Die einzigen Menschen, die er verloren hatte, waren Esary und Merelitos. Diese Erfahrung war schlimm genug gewesen. Doch waren die beiden ihm nicht so nahestehend gewesen, wie ein Familienmitglied.
Den Canyon ließen sie schnell hinter sich, da eröffnete sich ihnen ein neues Bild des Grauens, womit wohl niemand von ihnen gerechnet hatte. Einige Meter vor ihnen lag jemand leblos auf dem Boden. Als sie näher kamen, sahen sie, um wen es sich handelte. Es stockte ihnen den Atem.
»Korin?«, seufzte Sinalia und lief zu ihr hin. Es war wirklich die Bedienung der Taverne in Okrai. Was hatte sie hier verloren? Ihre Gliedmaßen waren auf unnatürliche Weise vom Körper gestreckt und ihr Gesicht war zum Boden gerichtet, obwohl der Rest des Leibs auf dem Rücken lag. Sinalia packte ihre Freundin und drehte sie auf den Bauch, so dass sie ihr Antlitz sehen konnten. Es war zu einer grässlichen Fratze geworden. Ihr Mund war schief aufgerissen. Der Oberkiefer ragte zur rechten, der Unterkiefer zur linken Seite. Ihre Nase war blutüberströmt. Scheinbar war sie gebrochen. Und ihre Augen ... Sie waren nur noch leere Höhlen. Wer hatte ihr das nur angetan? Dieser Anblick war so grausig, so irreal ... Allan glaubte, schon Vieles gesehen zu haben, doch das übertraf wahrlich sein Vorstellungsvermögen. Galle bahnte sich einen bitteren Weg seine Kehle hinauf. Er musste sich zusammenreißen, sich nicht zu übergeben. Sinalia schien es genauso zu gehen, wenn nicht noch schlimmer. Sie brach in Tränen aus, begann kläglich zu weinen. Allan legte seine Hände auf ihre Schultern, um sie von der Toten wegzuziehen und zu beruhigen, doch wehrte sie sich dagegen.
»Sinalia!«
»Lass´ mich!« Immer wieder strich sie mit der Hand über Korins Wangen, die nicht mehr rosig, sondern aschfahl und eingefallen waren. Sie nahm einen der Arme und legte sie in ihre alte Form zurück. Danach tat sie das Gleiche mit den anderen Gliedmaßen. Nachdem sie diese Prozedur beendet hatte, sah zumindest ihr Körper nicht mehr ganz so schrecklich aus.
»Komm, Sinalia! Bringen wir sie und dich nachhause.«
Sie nickte nur und stand auf. Allan hob den leblosen Körper behutsam vom Boden und legte sie sich über die Schulter. Ihn grauste es davor, ihren Eltern und den anderen Bewohnern Okrais erzählen zu müssen, was vorgefallen war. Nicht nur Korin war tot, sondern auch Hone und Giya, deren Überreste sie nicht zurück in die Stadt bringen konnten. Er fragte sich, weshalb Korin nicht in Okrai geblieben war? Was hatte sie hier verloren?
Wie gerne hätte er, als er diesem Jüngling gegenübergestanden hatte, die Maske abgenommen und ihm sein Gesicht gezeigt. Doch er durfte es nicht zu früh preisgeben. Er würde ihn zappeln lassen, ihn hinhalten, bis er es vor Neugier und Angst kaum noch aushalten würde. Er hatte nie gedacht, dass er ihn einmal treffen würde. Aber wie der Zufall es wollte, hatte das Schicksal ihn ausgerechnet nach Heravina geleitet. Und daraus würde er seinen Nutzen ziehen. Dieser Junge dürfte dieses Land nie wieder verlassen - dafür würde er schon sorgen.
Dieses verdammte Pferd ließ sich überhaupt nicht führen. Immer wieder versuchte es, die Richtung zu wechseln. Er hatte ihm jedes Mal mit der Faust in die Seiten geschlagen und ihm verständlich gemacht, dass es das zu machen hatte, was er wollte.
Die Moags hatten gute Arbeit geleistet. Sie hatten ihm sogar mehr Kinder geliefert, als er hatte haben wollen. Umso besser. So würde sein Unterfangen leichter werden. Je mehr dieser abscheulichen Wesen an seiner Seite sein würden, desto größer würde seine Aussicht auf Erfolg sein.
Was war nur mit diesem Gaul los? Sie ritten durch unwegsames Gelände. Es galoppierte unentwegt in die falsche Richtung und versuchte, ihn immer wieder von sich runterzuschmeißen - was ihm nach etlichen Versuchen auch gelang. Er flog im hohen Bogen
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