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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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»Wohnen Sie hier?«
    »Früher. Jetzt nicht mehr.« »Wo wohnen Sie jetzt?« »In Las Vegas.«
    »Mmm. Entzückend. Dann sagen Sie mir ...« »Wade.«
    »Dann sagen Sie mir, Wade, was ist Ihre Droge?«
    »Was meinen Sie?«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    »Ach, wirklich?«
    »Sie wohnen in Las Vegas, Ihre Augen sind blutunterlaufen, und ich habe gesehen, dass Sie Münzen über die Theke springen ließen wie ein Profi-Zecher. Sie rasieren sich nicht regelmäßig, denn sonst wäre Ihre Haut dicker und Sie hätten sich nicht« - ein-, zwei-, drei-, viermal, zählte sie - »am Hals geschnitten. Außerdem sitzen Sie mitten in der Woche am helllichten Tag in einer Kneipe und zittern, aber die Drinks helfen nicht. Daher spekuliere ich, dass Sie die eine oder andere Vorliebe haben.«
    »Aber, aber, meine Süße, nicht so negativ. Betrachten wir es lieber von der positiven Seite, zum Beispiel die sechs Millionen Treffen der Anonymen Alkoholiker, die ich in meinem Leben miterlebt habe.«
    »Sie meinen, sehen wir das Erfreuliche an Ihrer Lage.«
    »Ja, das Erfreuliche.«
    »Wohnen Sie hier im Hotel?«
    »Ja.«
    Ohne ein weiteres Wort gingen sie hinauf in Wades Zimmer. Zwei Stunden später war die Blondine fort, und ihre Handynummer stand mit Kugelschreiber auf der Wurzel von Wades rechtem Daumen. Sie war Dekorateurin. Aufgeputscht durch den Sex, fühlte sich Wade stark genug, seine Familie anzurufen. Er wählte die Nummer seiner Mutter und geriet an ihren Anrufbeantworter: Hi, hier ist Janet. Ich bin gerade nicht zu Hause, also hinterlassen Sie bitte eine Nachricht, und ich rufe gleich zurück. Es war ihre höfliche Stimme, die sie benutzte, wenn sie mit Hotelportiers und dem Mann von der Versicherung sprach, nie jedoch gegenüber der Familie. Biep.
    »Mom, Wade hier. Ja, dein erstgeborener Sohn. Stell dir vor - ich bin in der Stadt. Ja, genau, der Fremde kehrt zurück. Ich ruf dich später noch mal an, oder vielleicht könnte ich einfach mal kurz vorbeikommen und guten Tag sagen. Und, äh, Mom - es ist keine allzu gute Idee, auf so einem Gerät deinen Namen zu nennen. Die Welt ist voller Verrückter. Bis bald. Hab dich lieb.«
    Er legte auf: Ich bin ein schlechter Sohn, ein schlechter Sohn, schlechter Sohn. Er schlug die Nummer, seines Vaters nach, Drummond, Edward B., offenbar wohnte er ein paar Meilen von Janet entfernt in Eagleridge, zweifelsohne in einem der für jene Gegend typischen imposanten Häuser an der Steilküste. »Dad?«
    »Wade? Hallo!«
    »Hi, Dad.«
    »Wade, wo bist du - Moment mal, du bist doch nicht in Schwierigkeiten, oder?«
    »Nein. Keine Schwierigkeiten. Ich bin bloß grade hier in der Stadt und dachte, ich könnte dich besuchen. Ich bin nicht immer auf der Flucht.«
    »Komm her. Wo wohnst du?«
    »In North Vancouver. Bei Freunden.« Lieber eine Rückzugsmöglichkeit parat haben.
    »Komm mich besuchen. Ich bin zur Zeit in Eagleridge. Du musst meine Frau kennen lernen. Autobahnausfahrt Nummer zwei. Ganz einfach zu finden. Du hast ja die Adresse aus dem Telefonbuch. Komm rüber.«
    »Jetzt? Klar. Ich schätze, das geht.«
    »Wir essen heute Abend chinesisch.«
    »Ich bin in zwanzig Minuten da.«
    »Wade -«
    »Ja, Dad?«
    »Schön, mal wieder deine Stimme zu hören.« »Gleichfalls, Dad.«
    Wade fuhr mit einem Mietwagen zu seinem Vater. Er ließ sich Zeit, denn er hatte noch einen leichten Kater von vorhin. Es regnete in Strömen, pausenlos und zuweilen sehr heftig.
    Dad - o Mann. Immer noch der verlogene Wichser, der nach irgendeinem abgedroschenen 60er-]ahre-Männlichkeitsideal lebt. Wade wusste, dass sein Vater seine Mutter ziemlich brutal abserviert hatte und nun das Leben eines Mr. Pfeffer-und-Salz-Brusthaar führte, mit weit offenen Hemden, Golfschlägern, die gleich hinter der Haustür lehnten, und einer scharfen Blondine, die irgendwo in der Nähe eine Gipsy-Kings-CD in einen Schlitz schob.
    Wade glaubte, dass die meisten Menschen an einem bestimmten Punkt ihres Lebens leidenschaftslos ihre Pluspunkte gegen ihre Minuspunkte aufrechneten und dann das Beste daraus machten - etwa ein Schauspieler, der von Haupt- zu Charakterrollen wechselt, oder ein Partygirl, das statt der komischen Nudel das abschreckende Beispiel für jüngere Mädchen gibt. Wade war überzeugt, dass die Erwachsenenwelt eine Welt voller Ted Drummonds war, und er hoffte, sein Vater würde stolz darauf sein, dass sein Sohn dies begriff.
    Er gelangte zum Haus, das an sich schon ein Ereignis war Glas, Stahl und Betonblöcke, die in

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