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Alle Farben der Welt - Roman

Alle Farben der Welt - Roman

Titel: Alle Farben der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Ihrem Bad gingen, als Sie Ihre Kleider, die dringend einer Auffrischung bedurften, ablegten und sie dann wieder anzogen. Sie bemerkten mich nicht, obwohl ich nur wenige Schritte von Ihnen entfernt stand. Sie waren nicht besonders groß, doch Ihr Oberkörper war kräftig und robust. Hängende Schultern, eine sehr helle Haut mit Sommersprossen, so hell, dass sie keine Sonne verträgt und sofort verbrennt, und starke Hände. Sie kamen wieder ins Haus und riefen: »Ist denn hier niemand?« Ich rührte mich nicht, denn ich war viel zu verstimmt, um sofort zu Ihnen zu eilen, und wartete, ob jemand anderes käme. Sie riefen immer weiter, mit wachsendem Nachdruck.
    Schließlich erschien Madame Vanheim: »Guten Morgen, Vincent. Bitte mäßigen Sie doch Ihre Lautstärke. Wie fühlen Sie sich heute? Haben Sie sich erholt?«
    »Ich hatte Magenbeschwerden.«
    »Brauchen Sie etwas?«
    »Ist noch Hühnchen da?«
    »Wir lassen es Ihnen bringen, sicherlich ist noch etwas übrig. Doch vorher würde Monsieur Vanheim Sie gern sprechen.«
    »Und wer ist dieser Vanheim?«
    »Der Herr des Hauses, Monsieur! Folgen Sie mir in den Salon.«
    Ich verließ mein Versteck, langsam, damit der Fußboden nicht knarrte, und folgte Ihnen. Meine Neugier war einfach zu groß, und so lauschte ich an der Tür.
    »Haben Sie gut geschlafen?« Das war Monsieur Vanheim.
    »Meine Zähne machen mir zu schaffen, Monsieur, doch die Matratze war bequem. Auch wenn die Kälte heute wie eine Pflugschar schneidet!« Sie lachten schallend und klopften mit Ihren Armen weit ausholend Ihre Schultern, um sich zu wärmen.
    »Verstehen Sie uns recht, Monsieur, wir freuen uns sehr, Sie zu Gast zu haben, doch wir wüssten gern, wer Sie sind.«
    »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, wie ich heiße.«
    »Vincent, wenn ich mich nicht irre. Doch wir würden gern auch den Namen Ihrer Familie erfahren.«
    »Über die will ich nicht reden.«
    »Hätten Sie bitte die Güte, mir zu antworten, Sie werden verstehen, dass ...«
    »Van Gogh.«
    »Van Gogh ... Van Gogh ...«, wiederholte Monsieur Vanheim grüblerisch.
    »Kennen Sie einen meiner Onkel? Er ist Reeder. Oder den anderen, der mehrere Auktionshäuser besitzt? Steinreiche Leute. Ich gehöre allerdings zum armen Zweig der Familie«, sagten Sie kichernd.
    »Van Gogh ... der Name kommt mir bekannt vor.«
    »Und was machen Sie hier?«, erkundigte sich Madame Vanheim.
    »Ich bin zufällig vorbeigekommen.«
    »Wo wollten Sie denn hin?«
    »Nach Zundert.« Sie hielten inne. »Glaube ich. Dort wohnen meine Eltern. Mein Bruder ist auch dort, jetzt gerade.«
    »Was meinen Sie mit ›Sie glauben‹?«
    Behutsam öffnete ich die Tür einen Spalt und sah, dass Sie den Blick zum Himmel hoben: »Du lieber Gott, manche Reisen beginnt man eben und fertig! Man hat nicht den Mut, sie zu Ende zu bringen. Ist Ihnen das noch nie passiert?«
    »Was?«
    »An einen Ort zu kommen, um etwas Bestimmtes zu tun, und es dann, im allerletzten Moment, doch nicht zu tun und unverrichteter Dinge zurückzukehren.«
    »Mir? ... Nein.«
    »Nur dieses eine Mal vor dem Juweliergeschäft«, sagte Madame Vanheim lächelnd. »Die Ohrringe waren zu hübsch!«
    »Mir schon«, redeten Sie hitzig weiter. »Ich war in Courrières, um einen Maler kennenzulernen, einen Freund meines Bruders, ich hatte viele Fragen an ihn, aber dann, vor seinem Haus, blieb ich stehen, es war so, so ...«
    »Sind Sie auch Maler?«
    »Nein, aber ich liebe Bilder.«
    »Und welchen Beruf haben Sie?«
    »Prediger«, sagten Sie unsicher.
    Jedenfalls waren die Vanheims nach diesen Worten beruhigt, denn Sie drückten sich korrekt aus, wenn auch nicht gerade besonnen. Man merkte Ihnen an, dass Sie aus ordentlichen Verhältnissen kamen und gebildet waren, und die Vanheims spürten, dass von Ihnen keine Gefahr ausging.
    »Wo predigen Sie?«
    »Im Borinage.«
    »Diese Gegend kenne ich. Dort habe ich auch schon gearbeitet. Für einige Bergwerksgesellschaften.«
    »Dort gibt es auch nichts anderes. Das Leben findet unter Tage statt.«
    »Wollen Sie heute noch weiter? Falls Sie noch nicht wieder bei Kräften sind und Ihr Magen Sie noch quält, können Sie auch noch einige Tage bei uns bleiben«, schaltete sich Madame Vanheim ein.
    »Jedenfalls so lange, bis unser Verrückter kommt«, sagte ihr Ehemann.
    »Es wird eine Weile dauern, bis die Brücke repariert ist. Mach dir deswegen keine Gedanken, mein Lieber. Es sei denn, der Verrückte ist schon da, natürlich«, korrigierte sie sich immer noch etwas im

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