Alle lieben Emma
Hat was von seiner Oma erzählt, glaub ich. So, und jetzt nerv mich nicht länger. Ich hab echt keine Zeit für eure Kindergartenprobleme. Bis heute Abend muss meine Mühle wieder laufen.«
»Dir haben sie wohl ins Hirn geschissen!«, schrie ich. Das sagt Leas Bruder manchmal. Ich finde, das klingt richtig gut. »Mann, der Anruf war wichtig.«
Klaus tat so, als wäre ich Luft. Er nahm einen Lappen und putzte damit seelenruhig an einem Ersatzteil herum.
Unauffällig stellte ich meinen Fuß auf zwei kleine Schrauben, die neben dem Moped auf dem Boden lagen. Als Klaus in seinem Werkzeugkasten herumwühlte, hob ich sie blitzschnell auf und ließ sie in meiner Hosentasche verschwinden.
»Na gut, dann geh ich jetzt wieder«, sagte ich. »Übrigens könnte es sein, dass ich auch ein paar Anrufe für dich vergessen habe. Von so einem Mädchen. Keine Ahnung, wie die hieß ...«
Klaus hob mit einem Ruck den Kopf. »Ein Mädchen? Was für ein Mädchen denn? Hieß sie vielleicht Sandra? Oder war es Claudia?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Tut mir Leid, aber ich kann mir Namen so schlecht merken. Also dann – viel Erfolg noch mit deinem Moped!«
Ich winkte Klaus zu und ging zurück ins Haus. Dort warf ich die beiden Schrauben in den Mülleimer. Hoffentlich suchte sich Klaus dumm und dusselig nach den Dingern!
Dann rief ich bei Bastian an. Er nahm sofort ab.
»Ha...hallo«, stotterte ich. »Ich bin's, Emma.«
Danach wusste ich nicht weiter. Ich merkte, wie ich rot wurde, und war froh, dass Bastian mich nicht sehen konnte. Vielleicht hätte ich mir vorher lieber mal überlegen sollen, was ich eigentlich sagen will. Aber so ist das immer bei mir. Ich mache einfach etwas und denke erst hinterher darüber nach. Meistens ist es dann leider schon zu spät.
»Hallo«, sagte Bastian. »Was gibt's?«
Oje. Das klang nicht sehr freundlich. Aber ich hatte ihn schließlich auch ganz schön angebrüllt.
»Mein Bruder hat mir gerade erzählt, dass du am Freitag angerufen hast«, sagte ich. »Der Blödmann hatte das komplett vergessen.«
»Ach so. Das wusste ich nicht.«
»Nee, kannste ja auch nicht wissen.«
»Stimmt. Heißt das, du bist jetzt nicht mehr sauer?«
»Nö. Höchstens auf Klaus, den Blödmann.«
»Aha.«
Bastian sagte nichts mehr.
Ich holte tief Luft. »Sag mal... ich dachte ... Was hältst du von Freibad nächste Woche?«
»Klar«, sagte Bastian. »Ich wollte sowieso noch ein bisschen trainieren. Am Montag um drei?«
»Prima, bis dann!«
Meine Hand zitterte ein wenig, als ich den Hörer auflegte. Dass telefonieren so anstrengend sein konnte!
Ich hüpfte die Treppe zum Dachboden hinauf. Endlich hatte ich mal wieder richtig gute Laune. Allerdings nicht sehr lange.
»Na, hast du dich wieder mit deinem Freund vertragen?«, fragte Mona, als ich ins Zimmer kam. Sie sah mich neugierig an und war offenbar überhaupt nicht mehr beleidigt.
»Bastian ist nicht mein Freund«, sagte ich. »Wie oft soll ich dir das eigentlich noch sagen?«
Mona zuckte mit den Schultern. »Schon gut. Kommst du mit in den Garten? Tim und ich wollen Federball spielen.«
»Keine Lust.« Ich ließ mich in meine Hängematte fallen. »Außerdem finde ich Federball blöd.«
Das stimmte zwar nicht, aber das brauchte Mona ja nicht zu wissen. Sie zuckte wieder mit den Schultern und ging aus dem Zimmer.
Sonst hatten Tim und ich immer zusammen Federball gespielt. Aber jetzt spielte er offenbar lieber mit Mona. So langsam kam ich da nicht mehr mit. Warum gab sich Tim bloß mit dieser Quasselstrippe ab? Er konnte sie doch nicht etwa nett finden ...
Ob er sich vielleicht in sie verknallt hatte??? Ich fiel vor Schreck fast aus meiner Hängematte. Tim und die Nebelkrähe – verknallt! Das konnte doch nicht wahr sein!
Tim war schließlich noch nie verknallt gewesen. Das hätte ich gewusst. Andererseits – ich hatte ihm ja auch nichts von Bastian erzählt.
Außerdem machen Jungs nun mal oft Sachen, die kein Mensch verstehen kann. Zum Beispiel sich die Haare lang wachsen lassen, obwohl das total bescheuert aussieht. Oder stundenlang an Computern oder Mofas herumschrauben. Es war also durchaus möglich, dass sich Tim in die Nebelkrähe verknallt hatte. Ogottogottogott (wie meine Oma immer sagt)! Das wäre natürlich das Allerletzte. Es gibt Sachen, die dürfen einfach nicht passieren.
Ich sprang aus der Hängematte und setzte mich an meinen Schreibtisch. Dort herrschte ein riesiges Durcheinander. Ich schob die Bücher, Blätter, Stifte und den
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