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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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Mal gesehen haben?”
    “So lange hat er hier gelebt, nehme ich an?” Die Tränen hatten schon fast zu fließen aufgehört, aber nun öffneten sich die Schleusen wieder. “Nein, ich habe ihn hier nie besucht. Und ich hätte nie vermutet, dass er in so einem Haus lebt.”
    “Okay.” Er fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. “Die ganze Nachbarschaft hat sich darüber gewundert. Sie haben ihn jahrelang nicht gesehen. Seine Tochter nie kennengelernt. Und sie wussten offensichtlich überhaupt nichts über das Leben, das er hier geführt hat. Wie also ist es dazu gekommen, dass Sie Charlenes Vormund sind?”
    “Nun, ich bin kein echter Vormund. Wohl eher ein Praktikant. Und wenn ich es nicht um einiges besser hinkriege als heute, werde ich die Probezeit ganz sicher nicht überstehen. Was in Ordnung wäre, wenn es nur um
mich
ginge. Aber es geht verdammt noch mal darum, was mit Charlene passiert. Und das Problem ist …”
    Sie schien bei ihrem Gefühlsausbruch gerne mit den Händen zu gestikulieren, was bedeutete, dass sie ihm fast eines auf die Nase gegeben hätte. “Das Problem ist …”
    “Was?”
    “Das Problem ist, dass alle dagegen waren, dass ich es mache. Mein Dad. Meine Schwestern. Meine Freunde. Alle haben mir immer wieder gesagt, dass es verrückt und unüberlegt ist, meinen Job zu kündigen und mein ganzes Zeug – bis auf das, was in mein Auto gepasst hat – irgendwo zu lagern und einfach wegzugehen …”
    Es gab also intelligente Menschen in ihrem Leben, dachte Jack, aber es war die alte Geschichte: Man konnte niemanden zu seinem Glück zwingen. “Und Sie haben das alles für eine Fremde gemacht? Für ein Mädchen, von dem Sie keine Ahnung haben?” Sie sah ihn an. In ihren Augen schimmerten neue Tränen. “Verdammt, ich habe nicht vor, Sie noch mehr zu deprimieren. Ich versuche nur zu verstehen, warum Sie das tun.”
    “Weil es sonst niemand tut!”
    “Das kann ja sein, Merry. Aber das hätte das Problem des Vaters sein sollen. Nicht Ihres.”
    “Vielleicht, ja. Aber Charlie hat es in gewisser Weise zu meinem Problem gemacht, indem er sich nicht selbst darum gekümmert hat. Nach seiner Scheidung hat er ein Testament gemacht. Damals, als ich ihn kennenlernte, hat er versucht, darin zu regeln, was mit Charlene passiert, wenn ihm etwas zustößt. Ich habe keine Ahnung, warum er das Testament in all den Jahren nicht geändert hat, aber soweit ich weiß, gab es einfach niemanden, zu dem er sie sonst geben konnte.”
    “Aber deshalb ist es trotzdem nicht Ihr Problem, Merry.”
    “Doch, das
ist
es. Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass man ein Kind zu Pflegeeltern oder in ein Heim gibt, wenn es irgendeine andere Möglichkeit gibt. Und ich
bin
so eine Möglichkeit. Ich bin frei, habe weder Mann noch Kinder, keine Verpflichtungen und keinen Job, den ich nicht aufgeben könnte. Ich mag Menschen gern, und ich liebe Kinder. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe damit gerechnet, dass ich sie lieben würde, aber … ich glaube, ich bin für sie wie ein Wesen von einem fremden Planeten.”
    Er zwinkerte ihr zu. “Glauben Sie mir, Sie sehen nicht im Entferntesten wie ein Klingone aus.”
    “Ich meine es ernst! Für sie war es so, als würde ich eine fremde Sprache sprechen. Nichts konnte ich richtig machen. Nichts, was ich getan habe, hat für sie einen Sinn ergeben.” Und wieder flossen die Tränen in Strömen. “Sie wusste nicht einmal, was ein Haargummi mit Fransen ist.”
    “Das darf doch nicht wahr sein.” Er hatte ebenfalls keinen Schimmer, was ein Haargummi mit Fransen war, aber er half ihr mit seinem Handschuh beim erneuten Wegwischen der Tränen. Ein paar schimmerten noch in ihren dichten weichen Wimpern, aber seine Nachbarin begann eindeutig auszutrocknen.
    “Ich habe ihr frische Blumen ins Zimmer gestellt. Sie hat sie in die Küche getragen. Als ich sagte, sie solle die anderen Geschenke auspacken und sie das T-Shirt mit den Pailletten gesehen hat, hat sie mich angesehen, als wäre ich vom Mars. Musik hört sie anscheinend auch nicht. Zumindest keine ‘Teenager’-Musik. Und ich habe mich heute zufällig verfahren, als wir vom Seniorenheim nach Hause fuhren. Sie glaubt, ich bin dämlich. Sie glaubt, dass ich mich sogar in einem Schrank verirre. Und wissen Sie, was?”
    “Was denn?”
    “Sie hat recht. Ich könnte mich tatsächlich in einem Schrank verirren. Ich gebe ja zu, dass ich diesbezüglich kein Ass bin, aber deswegen bin ich keine Dumpfbacke. Und, Jack. Sie sieht aus wie

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