Alle lieben Merry
ein
Marine.”
Die Art, wie sie “Jack” sagte, traf einen Nerv bei ihm. Einen sexuellen Nerv.
Sie war keine Frau, bei der er so etwas empfinden wollte …, aber er konnte sich nicht dagegen wehren.
Er spürte erste Anzeichen von Angst.
Sie redete mit ihm, als würde sie ihn kennen. Als wären sie Freunde. Als würde sie einfach davon ausgehen, dass er jemand war, zu dem sie ehrlich sein konnte. Er wusste nicht, wie er anders darauf reagieren sollte, als ebenfalls offen zu sein. “Sie trauert.”
“Oh mein Gott, das weiß ich. Aber das ist es auch, was mir an der ganzen Situation solche Angst macht. Ich möchte ihr helfen, aber ich fürchte, dass für sie alles noch schlimmer wird, wenn wir nicht miteinander auskommen.”
Er hatte so lange gewartet, wie er konnte, aber jetzt ging er zur Tür. “Soll ich sie zumachen?”
“Nein, nein. Ich habe sie absichtlich offen gelassen. Charlene ist eingeschlafen, und ich habe befürchtet, dass sie aufwachen und dann glauben könnte, sie sei allein. Ich möchte sie hören.”
Wenigstens dieses Mal gab es einen Grund, warum sie den Garten beheizte – auch wenn die Begründung ihm persönlich nicht logisch erschien. Aber ihm war klar, dass sie Informationen brauchte, deshalb kam er wieder zur Sache. “Apropos die Kleidung, die sie trägt … Erstens ist es eine Army-Uniform, keine von den Marines. Überhaupt muss man sich Charlenes Situation vorstellen … Als Charlie starb, kam eine ihrer Lehrerinnen und blieb bis zur Beerdigung hier im Haus. Die Behörden hatten bereits herausgefunden, dass sie niemanden hatte, und haben den Anwalt und das Gericht eingeschaltet. Ich weiß nicht genau, wie es dann weiterging, aber als das Begräbnis vorbei war, war bereits eine Sozialarbeiterin involviert, die entschieden hat, dass Charlene eine Woche im Seniorenheim bei ihrer Urgroßmutter bleiben könnte. Der Gedanke war, Zeit zu gewinnen, bis die Anwälte alles erledigt hatten. Verdammt, ich gehe so ins Detail, dabei will ich nur erklären, wie sich alles abgespielt hat.”
“Und ich will das alles erfahren. Ich will alles wissen, was Sie mir erzählen können. Im Dunkeln habe ich lange genug getappt.” Die Tränen waren nun eindeutig versiegt.
“Nun, kommen wir wieder zum Thema Army-Uniform. Nach dem Begräbnis ging die Sozialarbeiterin mit ihr nach Hause und wartete, bis sie ein paar Sachen gepackt hatte. Ich war beim Begräbnis, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich mich nicht erinnere, was sie anhatte. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals auf ihre Kleidung oder Ähnliches geachtet hätte. Sie ist ja ein Kind. Aber Tatsache ist … als sie wieder aus dem Haus kam, trug sie Charlies Sachen. Nicht die richtige Army-Uniform, sondern die der Reservisten.”
Merry begann zu strahlen, als wäre ihr ein ziemliches Licht aufgegangen. “Aha”, sagte sie nachdenklich, “sie trägt also die Sachen ihres Dads. Nicht ihre eigenen, richtig?”
“Ja. Zumindest sieht es für mich danach aus.”
“Und der Bürstenschnitt? Hatte sie schon immer so kurze Haare?”
“Hm, nein. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, wie sie ihr Haar trug. Irgendwie kurz, glaube ich. Aber nicht so millimeterkurz.” Er dachte nach. “Aber Charlie …”
“Er trug es militärisch kurz? Das habe ich nie an ihm gesehen.”
“Tja, also, ich glaube nicht, dass Männer ihre Frisur so oft ändern wie Frauen. Sie bleiben gewissermaßen bei dem Schnitt, mit dem sie angefangen haben. Aber vor ein paar Jahren – na, ich glaube, er hatte es satt, dass seine Haare lockig waren, und er meinte, es wäre einfacher, sie abzurasieren.”
“Auch ihre Frisur soll also seiner ähnlich sein.” Nun schienen Merry tausend Gedanken durch den Kopf zu jagen. Jack war sich nicht sicher, ob das gut war – wo sie doch ohnehin schon ein wenig unberechenbar und impulsiv zu sein schien. “Und sie möchte nicht Charlene, sondern Charlie genannt werden. Wie ihr Dad. Für mich fügt sich jetzt eines zum anderen. Natürlich macht das ihr Verhalten nicht weniger problematisch. Aber es ist wenigstens besser, als sich Sorgen darüber machen zu müssen, ob ein Kind im Alter von elf Jahren eine Geschlechtsumwandlung plant.”
Er hätte am liebsten laut gelacht. “Hm, ich glaube nicht, dass man sagen kann, sie wäre jemals extrem mädchenhaft gewesen.”
“Das klingt nach der Untertreibung des Jahrhunderts.”
“Sie hat ihren Dad vergöttert. Die beiden haben alles Mögliche miteinander unternommen. Er hat es wirklich
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