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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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bestimmten Mannes reagierte. Nicht, dass sie mit Horden von Männern geschlafen hatte. Aber jedes Mal, wenn ihr Körper Warnsignale ausgesendet und sie sie absichtlich ignoriert hatte, stellte sich heraus, dass der Typ ein Idiot und ihre erste, instinktive Reaktion richtig gewesen war.
    Letzte Nacht hatte es keine Warnsignale gegeben. Dafür Herzklopfen. Kribbeln im Bauch. Und Verwunderung darüber, woher dieses Feuer zwischen ihnen plötzlich kam. Jedenfalls, ihr Instinkt hatte ihr signalisiert, dass dieser Mann unglaublich erfreulich war.
    Im Moment allerdings musste sie die Gedanken an ihn abschütteln.
    Charlene war vorhin in die Küche gekommen. Bis jetzt lief das gemeinsame Frühstück nicht gerade fantastisch. Zum Teil schob Merry die Schuld auf den grauen Küchentisch, an dem sie frühstückten. Allein diese ganz in Grau gehaltene Küche mit der schwarzen Spüle war deprimierend genug. Und dann die moderne Kunst überall im Haus … Das war nicht nur deprimierend, sondern so furchterregend, dass ein junger Mensch davon ganz leicht richtig verrückt werden konnte.
    Das erschreckendste Problem allerdings saß ihr gegenüber.
    Charlene war heute Morgen aus ihrem Zimmer aufgetaucht – sichtlich gerüstet, um in die Schule zu gehen. Sie trug wieder ihre Kampfklamotten. Der frisch gegelte Bürstenschnitt sah zu ihrem feinen, femininen Gesicht schrecklich absurd aus. Die Hosenbeine waren etliche Male hochgekrempelt worden, aber der Kragen ihres Hemdes immer noch so eng zugeknöpft, dass er ihr fast den Hals zudrückte. Die Kleidung – vor allem die Kampfstiefel – ließ ihre zarte, kleine Figur winzig erscheinen, aber das Traurigste war ihr verschlossener, unnahbarer Gesichtsausdruck.
    Merry hatte sie mit einem fröhlichen “Hey, guten Morgen, Süße!” begrüßt. Charlie hatte ein Gesicht geschnitten, als bekäme sie zusätzliche Hausaufgaben angedroht. Und seither herrschte in der Küche ein Schweigen, das Bände sprach.
    Merry begriff, dass die Unterschiede zwischen ihnen viel komplizierter waren, als dass man sie auf “Kampfstiefel gegen Pailletten-Flip-Flops” reduzieren konnte. Zum Frühstück hatte Charlie sich für eine Schüssel Cornflakes – keine Milch, kein Zucker – und einen Apfel entschieden. Die Papierserviette wurde ordentlich Kante auf Kante gefaltet.
    Merry frühstückte auch, aber sie hatte sich eine üppige Zimtschnecke, Tomatensaft mit ein bisschen Pfeffer, zwei mit Milchcreme gefüllte Kekse und Müsli mit ganz viel Zucker und frischen Blaubeeren genommen.
    Es war unnatürlich, so gesund zu essen wie Charlie, dachte Merry. Und es war erschreckend unnatürlich, so verdammt ruhig und gesittet zu sein. Die anderen Dinge, die sie unterschieden, waren sogar noch offensichtlicher. Sie selbst trug bequeme, ausgefranste alte Jeans mit einem Loch über dem Knie. Das Kind hatte seine Hosen tatsächlich gebügelt. Gebügelt …! Wer bügelte schon, wenn ihm nicht das Messer an die Brust gesetzt wurde?
    Und der Bürstenschnitt des Kindes mochte zwar doof aussehen, aber er war mit Sicherheit extrem gepflegt im Vergleich zu dem haselnussbraunen Durcheinander auf ihrem eigenen Kopf, das heute noch nicht einmal in die Nähe einer Bürste gekommen war.
    Charlie wirkte hellwach.
    Merry war nicht der Ansicht, dass es irgendjemandem zugemutet werde sollte, vor dem späteren Vormittag wirklich munter zu sein. Obwohl – sie konnte vielleicht noch nicht ganz klar denken, aber sie war eindeutig fröhlich genug für zwei. Und das war auch gut so, denn ihr Gegenüber mit dem versteinerten Gesicht sah aus, als würde ihm bei einem eventuellen Lächeln ein Zacken aus der Krone fallen.
    “Also …”, sagte Merry und versuchte zum wahrscheinlich vierten Mal in den letzten zehn Minuten eine Unterhaltung in Gang zu bringen, “Du musst um Viertel nach acht in der Schule sein. Wie kommst du normalerweise dorthin – zu Fuß oder mit dem Bus? Oder wie?”
    Charlie hob den Blick nicht, sondern starrte weiter auf die offenbar faszinierenden Cornflakes in ihrer Schüssel. Aber dann antwortete sie doch. “Mein Dad fährt mich. Es liegt auf dem Weg zu seiner Arbeit, und er meinte immer, es mache ihm keine Mühe.”
    “Aber gibt es auch einen Bus?”
    “Vielleicht. Ich weiß es nicht. Es sind ungefähr eineinhalb Kilometer. Ich kann zu Fuß gehen.”
    “Ich bringe dich hin, Charlie. Meine Überlegung war nur, ob es überhaupt einen Schulbus gibt – für den Fall, dass ich einmal krank bin oder sonst etwas

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