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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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überall im Zimmer herumlagen.
    Der Raum sah aus, als hätten Soldaten darin ein Feldlager aufgeschlagen. Die Schlafsäcke waren so positioniert, dass man einen idealen Blick auf den Fernseher hatte. Drum herum lagen die Vorräte – so ähnlich wie Waffendepots für den Fall einer Belagerung. Als ein Kind über die anderen kletterte, weil es ins Bad musste, wurde dies mit entrüstetem Murren quittiert.
    Jack betrachtete die rosigen Gesichter und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass etwas Gefährliches oder Verwerfliches passieren konnte. Aber er war ja nicht Merry. Obwohl er alle Phasen des Heranwachsens seiner Söhne durchgemacht hatte, konnte er nicht mit Sicherheit sagen, ob es bei Mädchen dieselben Probleme, Ängste und hormonellen Krisen gab.
    Also nahm er auf der Couch Platz. Er hatte nur vor, sich den Film ein bisschen anzuschauen.
    Das Nächste, was er mitbekam, war – wer hätte damit gerechnet – Merrys Kopf in seinem Schoß!

10. KAPITEL
    A ls Jack aufwachte, stellte er fest, dass der wilde, erotische Traum, den er in Technicolor und Dolby Surround genossen hatte, gar kein Traum war.
    Merrys Kopf lag wirklich in seinem Schoß.
    Er rieb sich die Augen und hoffte, dass diese entsetzliche Müdigkeit vergehen und ihn irgendjemand mit einem Klaps auf den Hinterkopf wieder zur Besinnung bringen würde. Schnell.
    Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Bestimmt weit nach zwei Uhr nachts. Vielleicht drei? Im Wohnzimmer war es bis auf den Fernseher stockdunkel. Es lief nicht mehr der Film, den sie sich vorhin angesehen hatten, sondern etwas Ähnliches. Gerade kam wieder so eine Szene, in der Cartoonfiguren zum Leben erwachten.
    Die Kinder lagen verstreut übers ganze Wohnzimmer und schliefen. Ein paar lagen teilweise übereinander wie Hundebabys, aber die meisten hatten sich in ihren Schlafsäcken zusammengerollt. Das einzige Mädchen – nicht Charlene – schnarchte wie ein Dinosaurier. Ein Junge hatte den Fuß eines seiner Kumpel im Gesicht. Chipskrümel waren überall verstreut wie Konfetti, und in der Ecke beim Kamin war eine Pfütze. Eine Limodose war umgefallen.
    Der Rest des Hauses war hell erleuchtet – Küche, Bad, alle Zimmer. Nur im Wohnzimmer war es finster wie im Kino.
    Gut so. Weil nämlich die Wächterin über kindliche Sitten und Moral – alias Merry, die hoffnungslos überängstliche neue Mom – ihre Nase und ihren Mund regelrecht in seinen Schoß vergraben hatte.
    Er erinnerte sich vage, dass er sich auf die Couch zu den Kindern vor dem Fernseher gesetzt hatte. Ein paar Minuten später war Merry zu ihnen gestoßen, hatte sich ans andere Ende der Couch gesetzt und gemurmelt, dass sie sich solche Filme nicht ansehen könne und daher nur kurz bliebe. Er erinnerte sich, dass er mit den Kindern geredet und es ihn furchtbar amüsiert hatte, wenn sie besonders packende, brutale Szenen nachmachten. Er erinnerte sich, dass ständig Essen geholt worden war. Er erinnerte sich, dass ein Kind sich zusammengerollt hatte und friedlich eingeschlafen war. Dann noch eines.
    Er erinnerte sich, dass er Merry gähnen gesehen und gedacht hatte, dass sie erschöpft sein musste, weil sie den ganzen Tag mit den Vorbereitungen für diesen Zirkus zugebracht hatte.
    Er erinnerte sich, dass er überlegt hatte, nach Hause zu gehen, da die Kinder alle brav schliefen. Seine Söhne waren sicher längst im Bett, und Merry brauchte ihn nicht – hatte ihn eigentlich von Anfang an nicht gebraucht. Sie schien einfach zwischendurch etwas seelische Unterstützung benötigt zu haben.
    Er riss die Augen auf, um die Müdigkeit zu vertreiben. Versuchte es zumindest. Aber egal, wie wach er war und wie sehr er sich zu konzentrieren versuchte – er kam immer zum selben Ergebnis: Wenn jemand sie beide jetzt fotografierte, konnte ihm niemand – niemand, nicht einmal ein Heiliger – einen Vorwurf wegen seines momentanen körperlichen Zustands machen.
    Offenbar war er eingenickt, nachdem er die Arme auf der Lehne der Couch und die Beine auf dem Couchtisch ausgestreckt hatte. Es war nur ein Moment. Er hatte Merry nicht angerührt. Er hatte überhaupt nichts angerührt.
    Wahrscheinlich war Merry anfangs in einer durchaus unschuldigen Position eingeschlafen. Irgendwann hatte sie sich aber offenbar entschlossen, seinen Schoß als Kissen zu verwenden, sich dann an ihn gekuschelt und einen Arm zwischen seine Hüfte und die Rückenlehne der Couch geschoben. Eine Wange schmiegte sich tief in seine Hüftbeuge – so tief, dass

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