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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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gemacht?«
    Sie versicherte, daß sie das niemals wagen würde, auch nur so am Rande herumzuwischen: »Ich weiß doch, wie du dich damit hast.«
    Schließlich fand er es in der Brieftasche, ein kleines Stück Papier, setzte sich die Brille auf, studierte es ehrfürchtig, wie eine Kostbarkeit, und reichte es mir dann herüber: »Ich glaube, lieber Hans, das löst das Problem. Ich habe es extra für dich ausgeschnitten. Na — was sagst du?«
    Ich starrte verblüfft auf das Papier. Es war ein Zeitungsausschnitt. Ein Inserat:
    Wo bleibt dein Hund?
    Müller im Thal. Die erstklassige Hundepension für beliebige Zeitdauer. Pensionspreis von 1.50 bis 5 — DM. Einzel- und Gemeinschaftskäfige. Großer Auslauf. Sachverständige Behandlung. Ärztliche Betreuung.
    Als ich wieder zu mir kam, merkte ich, daß ich während der ganzen Zeit, in der mein Seelenschubfach mit der Aufschrift >Gutknecht< endgültig in Stücke ging, Cockis Kopf gestreichelt hatte.
    Ich faltete das Papier zusammen: »Auf jeden Fall werde ich das mal behalten. Als Erinnerungsstütze — sozusagen.«
    Was war in meinem Gesicht, daß die beiden plötzlich so erschraken?
    Ich sah auf die Uhr: »Also Kinder, ich danke für die diversen Genüsse — und Aufschlüsse — reimt sich sogar. Wir müssen jetzt weiter.« Ich stand auf.
    »Hier, Cocki«, sagte Max, »noch ‘n Stückchen Kuchen auf den Weg.«
    Ich hielt seine Hand fest: »Bitte nicht, er hat schon zweimal heute Mittag gefressen.«
    »Du schreibst doch?« fragte Ottilie, als ich die Klinke in der Hand hatte.
    »Natürlich«, sagte ich, »— Bücher hoffentlich.«
    Max schüttelte meine Hand: »Hahaha — dein Humor — dein goldener Humor!«
    Ich feixte ebenso pseudo-herzlich zurück, während alles in mir danach schrie, diese Pesthöhle der geschminkten Herzlosigkeit hinter mich zu bringen: »Golden? Na, sagen wir — Doublé — im Augenblick.«
    Ich hatte noch nicht drei Stufen hinter mir, da schloß sich oben die Tür, und die Kette wurde vorgehängt. Sie hatte sich in ihrer Plüschburg verschanzt, die Bande. Ich ging noch den Treppenabsatz zu Ende hinunter und setzte mich dann hin. Cocki war mir unwillig gefolgt und hatte mehrmals zwischen der geschlossenen Tür und mir hin und her geblickt: »Haben wir nicht was vergessen? Ein gewisses Stück Kuchen zum Beispiel?«
    Jetzt stand er auf der Stufe über mir. Ich zog seinen Kopf an mein Gesicht: Hundepension! Mein Löwe! Sachverständige Behandlung! Wie behandelt man Seidenlöwen mit Diktatorenherzen sachverständig? Indem man ihnen das Löwenherz bricht? Kommt nicht in Frage!
    Es kam jemand die Treppe herauf. Ich stand schnell auf. Mein Rücken schmerzte, und meine Knie waren weich.

6

    Als ich mit Cocki wieder vor der Haustür stand, war mir übel. Es war, so stellte ich durch Selbstanalyse fest, Menschenekel und — noch mehr — Angst vor der Zukunft. Bisher war ich immer gerade noch so weggekommen. Wenn eine Sache nicht mehr zog, stellte sich stets rechtzeitig die nächste ein und trug mich ein Stück weiter.
    Ein Ruck brachte mich zur Besinnung. Cocki, des Angeleintseins völlig ungewohnt, betrachtete mich als lästiges Anhängsel, das man mit Brachialgewalt zu all den aufregend riechenden Plätzen ringsum schleppen mußte. Da war zum Beispiel gleich dieser Stein am nächsten Hauseingang. —
    »Komm, Dicker«, sagte ich, »wir müssen weiter, die beiden anderen warten im Wagen auf uns.«
    Er sah nicht mal auf. Die massive Nase an den Steinpfosten geklebt, blieb er in einem Riechen.
    »Hör zu«, sagte ich, »wir wollen in unser Haus, in unsere Höhle! Herrchen will in seine Höhle! Auch wenn sie leer ist und wir sie nur noch eine Nacht haben!«
    Er kratzte mit der Tatze am Stein, was mich mit Hoffnung erfüllte. Gewöhnlich war dies das vorletzte Stadium der Zeremonie. Tatsächlich hob er auch das Bein, um das Genossene zu quittieren. Dann aber fing er mit dem Gerieche von vorn an.
    »Also jetzt ist Schluß!« erklärte ich und zerrte an der Leine. Er stemmte sich dagegen, drehte den Kopf mit einem Ruck aus dem Halsband und roch weiter. Ich legte ihm das Halsband wieder an, diesmal zwei Löcher enger. Dann warf ich mich ins Geschirr wie ein Wolgaschiffer. Als er merkte, daß er den Kopf nicht herausbekam, schmiß er sich hin und ließ sich wie ein ungezogenes Kind über das Pflaster schleifen.
    »Sie! Das ist Tierquälerei!« sagte eine Stimme neben mir. Es war eine entschlossen aussehende Dame mit gewaltigem Busen, flachem Hut und noch

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