Alle lieben Peter
flacheren Absätzen.
»Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Sachen!« entgegnete ich wütend.
Ihr Busen wuchs mir bedrohlich entgegen: »Ich bin im Tierschutzverein!«
»Ich auch.« Damit beugte ich mich nieder, lud mir achtundvierzig Pfund Springer-Cocker auf den Arm und wankte damit um die Ecke zum Wagen. Nach zwanzig Schritten taten mir die Arme so weh, daß sie ganz steif waren, und je steifer sie wurden, desto glitschiger wurde der Dicke. Wenn er nicht auf dem Arm bleiben wollte — und das wollte er nie —, konnte er seine Knochen auf mysteriöse Weise in Gallert verwandeln. Er war eine einzige seidenweiche, schlüpfrige Masse, die einem überall heraus- und herunterfloß.
Ich blieb pustend stehen: »Wenn du jetzt nicht artig bist, Lümmel!«
Er hatte die dicke Schnute ganz breit gequetscht auf der weißseidenen Zottelbrust und blickte mich mit scheinheiligem Vorwurf an: »Was willst du denn? Mache ich irgendwas?«
Die Knudelpfoten hingen ihm vorn herunter, und die langen goldenen Ohren flössen über meinen Arm. Da übermannte es mich, und ich knutschte ihn direkt auf die dicke Flappe: »Scheißkerl!«
Jemand tippte mich auf den Arm: »Sie — davon bekommen Sie Würmer!« Es war ein kleiner, dürrer Mann mit spitzer Nase und einem breitkrempigen Hut, der seine Ohren umbog.
»Das weiß ich«, sagte ich, »aber die brauche ich zum Angeln.«
Dem Mann fiel der Unterkiefer herunter. Ich packte mein Fellbündel wieder auf Schulterhöhe und wankte weiter. Gerade, als ich am Wagen ankam, floß mir der Dicke aus den völlig erstarrten Armen. Sobald ich die Wagentür öffnete, schoß Weffi wie ein Blitz heraus. Er stellte seine Belle an, daß mir sämtliche Gedanken entschwanden, und biß mich in die Schuhe. Dann sah er einen Rehpinscher im Schlepptau einer alten Dame mit Schirm. Der Rehpinscher hatte ein Halsband mit Glöckchen um und eine blaue Decke auf dem Rücken. Weffi roch ihm in die Schnauze, worauf der Rehpinscher stehenblieb, die Augen herausdrehte und zu zittern begann. Weffi beschnupperte erstaunt seine Decke, roch ihm am Gegenteil, das postgelb gefärbt war, und klemmte ihn sich dann entschlossen unter. Der Rehpinscher schrie wie am Spieß. Auch die Dame schrie: »Wirst du wohl...« Und damit schwang sie den Schirm. Weffi floh, von Panik erfaßt, wild in die Gegend, prallte gegen die Schienbeine eines Herrn, der seine Aktentasche fallen ließ, und raste dann auf den Damm. Ein Lieferwagen bremste mit quietschenden Reifen. Der Chauffeur gebrauchte eine große Anzahl volkstümlicher Ausdrücke. Ich raste hinterher, Weffi floh in meine Arme, er zitterte, der Chauffeur schimpfte noch lauter, Leute sammelten sich an.
»Wir leben sonst auf dem Lande«, sagte ich ziemlich lahm.
»Da gehörst du auch hin, Depp, blöder!« erklärte abschließend der Chauffeur und fuhr weiter. Ich stopfte Weffi in den Wagen, wischte mir den Schweiß von der Stirn und schaute mich dann nach dem Rest meines Zoos um.
Das erste, was ich sah, war Cocki, der gerade an der Kartoffelkiste eines Gemüseladens das Bein hob. Während er es tat, fixierte er sehr interessiert eine Markttasche, die jemand neben der Kiste abgestellt hatte. Gerade als ich hinkam, war er mit der Kartoffelbewässerung fertig und steckte den Kopf in die Tasche. Ich hob ihn hoch, er knurrte. Da flog er schon aufs Wagenpolster. Das Polster sah aus! Als ich die Tür zuwarf, brüllte er wütend hinter mir her. Weffi — wie üblich völlig ahnungslos — kläffte sicherheitshalber mit. Wo war denn nun Peter?
Er saß zehn Meter weiter auf dem Bürgersteig und machte ein Würstchen. Dabei sah er wie gewöhnlich besonders jämmerlich aus. Während ich mich bückte, um ihn an die Leine zu legen, sagte ein wohlwollend aussehender dicker Herr: »Lassen Sie das nicht den Polizisten sehen.«
Ich zerrte die auf den Hinterbeinen rutschende Jammergestalt auf den Damm. Während die Prozedur dort weiterging, tauchte tatsächlich das Auge des Gesetzes auf. Es musterte streng den Vorgang, räusperte sich dann und sagte: »Das ist Verkehrsbehinderung!«
»Aber, wo soll er denn? Auf dem Bürgersteig darf er nicht, auf dem Damm ist’s Verkehrsbehinderung — wofür zahle ich eigentlich Hundesteuer?«
»Ziehen Sie ihn mehr an den Rand!«
Noch mal ziehen! Ich blickte auf das schwarze Fragezeichen, das mich seinerseits mit gequälten Augen ansah. Außerdem war es auch noch eine schwierige Sache, bei der ihm die dürftigen Hosen zitterten, während er am Kopfende angestrengt
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