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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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hoch: »Nanu? Christine, schlechte Laune heute?«
    »Sie hatte wohl gerade die Küche sauber«, meinte Ottilie hastig.
    »Deshalb braucht sie ihn nicht zu treten. Bisher hat sie ihn verwöhnt. Er kann doch nicht ahnen, daß es plötzlich anders ist.«
    »Du kennst doch die Frauen«, schaltete sich Max ein. »Außerdem hat es viel zu tun, das Mädel.«
    »Ja wirklich, sehr viel zu tun, das arme Mädel«, echote Ottilie. Sie blickte an mir vorbei und schnaufte durch die Nase. Ich folgte ihrem Blick und sah den Dicken, der es sich wie immer in dem Ledersessel mit den Stickkissen gemütlich gemacht hatte. Er lag da, majestätisch hingegossen, mehr denn je einem kleinen Löwen ähnlich, und ließ die Augen über den Tisch hin und her wandern. Dann blickte er mich an: »Sorge dafür, daß die Bande bald mit dem Kuchen ‘rüberkommt!«
    »Möchtest du dich nicht setzen? Cocki hat sich’s ja schon bequem gemacht«, sagte Ottilie. (Sonst pflegte sie sich mit knarrendem Fischbeingerüst vor dem Sessel niederzuknien und Cockis Seidentatzen zärtlich an ihr Doppelkinn zu legen.)
    »Stammgastmanieren«, sagte ich kurz. »Aber hört mal, Kinder, vielleicht kommen wir euch nicht recht? Dann sagt’s!«
    »Aber keineswegs«, meinte Max ohne jede Überzeugung.
    »Vielleicht habe ich dich gerade beim Mittagschlaf gestört?«
    »Ach wo, wo denkst du denn hin, lieber Hans, ich habe ja soviel zu tun!«
    »Ja, soviel zu tun!« echote Ottilie.
    »Hier, setz dich, lieber Hans«, sagte Max, »auf deinen gewohnten Platz! Der Kaffee kommt gleich, und Kuchen haben wir auch.«
    »Noch von gestern«, meinte Ottilie.
    Etwas plumpste auf die Erde, daß das Kristall auf dem Büfett klirrte. Cocki hatte was von Kuchen gehört. Wir produzierten einen solchen Unterhaltungskrampf, daß mir die Kinnbacken weh taten. (>Lieber Hans!< Sonst hatten wir den Old-boy-Ton unter uns kultiviert. Er pflegte mir auf die Schulter zu hauen: »Na, du alter Tintenkuli, du verrückter, kaufen sie dir noch immer deinen Schund ab?«, und ich pflegte darauf zu erwidern: »Na, noch nicht im Zuchthaus, alter Roßtäuscher?« >Lieber Hans!< Als ob ich die Krätze hätte oder fünfhundert Mark von ihnen gepumpt und um Prolongation bäte!)
    Endlich erschien Christine mit Kaffee und Kuchen. Ich faßte sie scharf ins Auge, und sie errötete. Wenigstens noch ein Mensch, der sich schämen konnte in diesem Laden. Der Kaffee schmeckte mir wie Abwaschwasser und der Kuchen wie Galle. Ach, Cocki, was tue ich nicht für dich! Er richtete sich gerade an Max hoch, kratzte in altbewährtem Vertrauen sein Hosenbein und leckte sich erwartungsvoll die Katerborsten.
    »Nein, das geht aber nicht, Cocki!« sagte Max, packte die Tatzen und warf sie weg. Ja — er warf sie weg, wie man einen Schmutz wegwirft. Cocki saß einen Augenblick verdutzt auf dem Hinterteil. Dann trat ein ganz seltsamer Ausdruck in seine Augen, die er unverwandt auf Max geheftet hielt. Ich kann diesen Ausdruck nicht beschreiben, aber er war so, daß ich hoch über mir die Räder der himmlischen Registrierkasse klicken und eine große Minussumme auf Maxens Konto buchen hörte.
    »Wir haben dauernd an euch denken müssen«, sagte Ottilie schnell. Offenbar hatte sie Angst, es ganz mit mir zu verderben — falls doch noch mal ein Propagandaartikel für ihren Wasserzwerg nötig war. Und mit so was hatten wir unter unserer Linde bei einem alten Rotwein gesessen und über Buddha und das Atomzeitalter gesprochen! —
    »Besonders wegen der Hündchen!« hörte ich ganz von fern Ottilies Stimme. Mit einem Ruck war ich wieder bei mir. Wegen der Hündchen. Vielleicht hatte ich mich doch getäuscht! Man redet sich so leicht in Wut und Enttäuschung hinein, wenn man nicht in Form ist.
    »Ja, und besonders wegen Cocki!« sagte Max. »Die beiden anderen sind ja leicht unterzubringen, aber unser lieber Schwerenöter hier...« Er streichelte den Kopf des Löwen, der sich an meinen Stuhl gepreßt hatte. Der Dicke sah ihn erstaunt an und kniff dann neckisch ein Auge gegen ihn zu. In mir löste es sich. Gott sei Dank, da hatte ich mir also alles eingebildet. Meine verdammte Phantasie, Arm in Arm mit dem mütterlichen Pessimismus, war wieder mal mit mir durchgegangen.
    »Ja«, sagte ich, »Cocki ist das Problem. Aber ihr wißt ja, wie goldig er ist, wenn man Humor hat und ihn versteht.«
    »Eben — eben«, sagte Max abwesend und suchte in seinen Taschen. »Wo habe ich denn das hingelegt, Ottilie, du hast doch den Schreibtisch sauber

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